Entscheidungsstichwort (Thema)

Grenzen des Amtsermittlungsgrundsatzes des Gerichts bei der Überprüfung der sachlich-rechnerischen Richtigkeit des Vergütungsanspruchs des Krankenhausträgers. Verjährungsfrist. Ordnungsgemäße Abrechnung. Angabe zum Grund der stationären Aufnahme

 

Orientierungssatz

1. Die Krankenkasse ist verpflichtet, dem Krankenhausträger die gesetzlichen Entgelte zu zahlen, wenn Krankenhaus-Behandlung stattgefunden hat und die Versorgung des Versicherten im Krankenhaus i. S. von § 39 SGB 5 erforderlich gewesen ist.

2. Bei der Frage, ob ein die vollstationäre Behandlung rechtfertigender Grund gegeben ist, handelt es sich um einen Aspekt der sachlich-rechnerischen Richtigkeit.

3. Der Krankenhausträger ist verpflichtet, der Krankenkasse die Behandlungsdokumentation zur Verfügung zu stellen zur Prüfung, ob die Krankenhaus-Behandlung ausschließlich vollstationär durchführbar war und die Abrechnung sachlich-rechnerisch zutreffend ist.

4. Weigert sich der Krankenhausträger, dem Gericht nähere Angaben hierzu trotz Aufforderung zu machen, so stellt die Unterlassung weiterer Ermittlungen keinen Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz dar.

 

Normenkette

SGB V § 39 Abs. 1 S. 2, § 109 Abs. 4 S. 3, § 275 Abs. 1c S. 2, § 301

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 20.02.2017; Aktenzeichen B 1 KR 91/16 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.03.2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits im Berufungsverfahren.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.973,66 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I.

Streitig zwischen den Beteiligten ist die Zahlung einer Vergütung für vollstationäre Krankenhausbehandlung.

Die bei der Beklagten gegen das Risiko Krankheit versicherte V befand sich in der Zeit vom 16.09.2009 bis 18.09.2009 in dem zur stationären Versorgung von Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zugelassenen Krankenhaus der Klägerin. Die Beklagte teilte der Klägerin unter dem 18.09.2009 u.a. mit: "

Wir uebernehmen die Kosten fuer die medizinisch notwendige Dauer der Behandlung unseres Versicherten unter Beruecksichtigung der Grundsaetze des Vertrages nach 115 b des Fünften Sozialgesetzbuches ( ...)

".

Unter dem 22.09.2009 berechnete die Klägerin der Beklagten einen Betrag von 1.973,66 EUR und brachte die die DRG J24D (Eingriffe an der Mamma außer bei bösartigen Neubildungen) in Ansatz. Ferner verschlüsselte die Klägerin den OPS 5-870.1:R. Anlage 1, Abschnitt 1 (ambulant durchführbare Operationen und sonstige stationsersetzende Eingriffe gemäß § 115 b SGB V aus Anhang 2 zu Kapitel 31 des EBM) des Vertrages nach § 115b Abs. 1 SGB V (im Folgenden: AOP-Vertrag) stuft diese Prozedur in die Kategorie 1 ein. Diese umfasst Leistungen, die in der Regel ambulant erbracht werden können. In dem Aufnahmedatensatz hatte die Klägerin keine Angaben zum "Grund der Aufnahme" (§ 301 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB V) gemacht.

Die Beklagte lehnte die Begleichung der Rechnung ab und teilte (durch das Krankenhaus Kompetenz Centrum - KKC) mit, dass die Klägerin ausschließlich Leistungen nach § 115b Abs. 1 Satz 2 SGB V erbracht habe. Diese seien in der Regel ambulant durchzuführen. Umstände, die für eine vollstationäre Krankenhausbehandlung sprächen, müssten begründet werden. Es werde daher um Mitteilung dokumentierter Tatbestände gebeten (Schreiben vom 24.09.2009). Gleichzeitig beauftragte die Beklagte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK), der mit Schreiben vom 25.09.2009 eine Prüfung nach § 275 Abs. 1 Nr.1 SGB V anzeigte und u.a. mitteilte, es werde noch beurteilt, ob und ggf. welche Prüfungsunterlagen noch benötigt würden (Eingang bei der Klägerin am 29.09.2009). In einer Stellungnahme vom 26.06.2010 vertrat eine bei der Beklagten tätige beratende Ärztin die Auffassung, dass eine Notwendigkeit zur Einschaltung des MDK nicht bestehe. Der MDK hat im Folgenden keine Prüfung durchgeführt.

Am 25.03.2010 hat die Klägerin bei dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben und geltend gemacht: Eine Verpflichtung zur Datenübermittlung sei nicht erkennbar. Erst recht bestehe keine Verpflichtung zur Übersendung eines Kurzberichts. Ein ordnungsgemäßer Prüfauftrag sei nicht innerhalb der 6-Wochen-Frist des § 275 Abs. 1c Satz 2 SGB V erteilt worden, wobei diese Vorschrift auch für ambulant durchführbare Operationen gelte.

Die Klägerin hat schriftsätzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie für die stationäre Behandlung der Patientin G. L. (Aufn.-Nr.: 000) im Zeitraum vom 16.09. - 18.09.2009 einen Betrag in Höhe von 1.973,66 EUR nebst Zinsen in Höhe von 2 % über dem Basiszinssatz seit dem 08.10.2009 zu zahlen.

Die Beklagte hat schriftlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erwidert: Bei der durchgeführten - im OPS 5-870.1 (partielle [brusterhaltende] Exzision der Mamma und Destruktion von Mammagewebe ohne axiliäre Lymphadenektomie: Konusexzision) abgebildeten Prozedur - handele es sich gemäß Abschnitt 1 der Anlage 1 zum...

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