Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässigkeit einer Untätigkeitsklage bei fehlendem Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes

 

Orientierungssatz

1. Die Untätigkeitsklage nach § 88 SGG setzt zu ihrer Zulässigkeit einen nachweisbar gestellten Antrag auf Erlass eines Verwaltungsaktes voraus. Leistungen des SGB 2 werden nach § 37 SGB 2 nur auf Antrag erbracht. Liegt ein Antrag überhaupt nicht vor, so ist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen. § 37 SGB 2 normiert keine gesetzliche Frist.

2. Einer nochmaligen Entscheidung über Leistungen des SGB 2 über denselben Bewilligungszeitraum steht eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung entgegen.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 01.12.2016; Aktenzeichen B 14 AS 378/16 B)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 04.05.2016 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin beansprucht vom Beklagten Leistungen nach dem SGB II ab 01.01.2005.

Die 1948 geborene Klägerin bezog von 2009 bis 2011 vom Beklagten Grundsicherung. Am 31.12.2010 hat sie Untätigkeitsklage erhoben und die Bescheidung eines am 30.12.2004 beim Arbeitsamt I gestellten Antrags auf Bewilligung von Grundsicherung begehrt. Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 26.04.2011 abgewiesen und das Landessozialgericht die Berufung mit Urteil vom 09.05.2012 zurückgewiesen (S 4 AS 2917/10 - L 12 AS 1029/11). Die Voraussetzungen des § 88 SGG seien nicht nachgewiesen. Es liege kein Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes, dh ein Antrag auf Gewährung von Grundsicherung vom 27.12.2004 für die Zeit ab Januar 2005 vor. Nachfragen des Beklagten bei der Bundesagentur für Arbeit (Agentur für Arbeit I und I) hätten den Vortrag der Klägerin nicht bestätigt. Es liege somit kein Antrag vor, über den der Beklagte ohne zureichenden Grund nicht entschieden habe. Eine Wiedereinsetzung in der vorigen Stand scheide aus, da § 37 SGB II keine gesetzliche Frist normiere. Die hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat das BSG mit Beschluss vom 26.07.2012 als unzulässig verworfen (B 4 AS 148/12 B).

Am 08.06.2015 hat die Klägerin abermals Untätigkeitsklage erhoben. Sie verfolgt ihr Begehren, ab Januar 2005 Leistungen nach dem SGB II zu erhalten, weiter. Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 04.05.2016 abgewiesen. Einer nochmaligen Entscheidung über den Anspruch auf Grundsicherung ab Januar 2004 stehe die Rechtskraft des Gerichtsbescheids vom 26.04.2011 iSd § 141 Abs. 1 Nr. 1 iVm § 105 Abs. 1 S. 3, Abs. 3 SGG entgegen, da dieselben Beteiligten nochmals über denselben Streitgegenstand streiten, die Berufung vom Landessozialgericht Nordrhein Westfalen zurückgewiesen und die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig verworfen worden waren. Zudem seien Wiederaufnahmegründe nach §§ 179 f. SGG iVm §§ 578 ff. ZPO weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 28.05.2016 zugestellte Urteil am 27.06.2016 Berufung eingelegt.

Die Klägerin hat von der ihr oder von einer durch Vollmacht autorisierten Person eingeräumten Möglichkeit, in den Räumen des Beklagten Akteneinsicht in die Gerichts- und Verwaltungsakten sowie in die beigezogenen Akten S 4 AS 85/09, S 4 AS 1546/10 und S 4 AS 2917/10 zu nehmen, keinen Gebrauch gemacht. Der Senat hat die Klägerin mit Schreiben vom 08.08.2016 darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG beabsichtigt ist und eine Frist zur Stellungnahme bis zum 29.08.2016 gesetzt. Die Klägerin hat am 22.08.2016 mitgeteilt, diese Frist nicht einhalten zu können und um Verlängerung bis zum 10.09.2016 gebeten. Diese Fristverlängerung hat der Senat der Klägerin gewährt. Eine Stellungnahme der Klägerin ist nicht erfolgt. Der Beklagte ist ebenso über die beabsichtigte Entscheidung nach § 153 Abs. 4 SGG in Kenntnis gesetzt worden.

II.

Der Senat konnte die Berufung gemäß § 153 Abs. 4 SGG durch Beschluss zurückweisen, weil er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Die Beteiligten sind dazu schriftlich angehört worden.

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Wegen der näheren Begründung nimmt der Senat auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug (§ 153 Abs. 2 und 4 SGG), denen er sich nach eigener Prüfung anschließt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI10448968

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