Entscheidungsstichwort (Thema)

Verfassungsmäßigkeit des Regelbedarfs im SGB 2

 

Orientierungssatz

1. Nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Dies setzt Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit der maßgeblichen Rechtssache voraus. Ein Individualinteresse genügt hierzu nicht.

2. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn zur Auslegung vergleichbarer Regelungen schon höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichend Anhaltspunkte dafür geben, wie die konkret aufgeworfene Frage zu beantworten ist.

3. Das BVerfG hat festgestellt, dass die Vorschriften über die Höhe des Regelbedarfs sowie deren Fortschreibung nach § 20 Abs. 5 SGB 2 verfassungsgemäß sind (BVerfG Beschluss vom 23. 7. 2014, 1 BvL 10/12).

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 28.12.2017 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Kläger begehrt für den Zeitraum von Februar 2016 bis Mai 2016 einen Regelbedarf für Alleinstehende iHv 491 EUR monatlich anstatt des von der Beklagten gewährten Betrages iHv 404 EUR monatlich. Der Gesetzgeber habe es versäumt, den Regelbedarf unter Berücksichtigung der am 10.09.2015 veröffentlichen Ergebnisse der EVS 2013 zu ermitteln. Bei der Anhebung um 5 EUR zum 01.01.2016 handele es sich um eine reine Fortschreibung des Regelsatzes aus 2015, die einem Mischindex aus Preissteigerungen und Entwicklung der Mindestlöhne folge. Der Regelbedarf sei, wie sich aus der Expertise des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Gesamtverband e.V. aus Dezember 2015 ergebe, erst bei einem Betrag iHv 491 EUR bedarfsdeckend.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Gerichtsbescheid vom 28.12.2017 abgewiesen. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Gegen diese am 18.01.2018 zugestellte Entscheidung richtet sich die am 02.02.2018 erhobene Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, mit der er sein Vorbringen wiederholt und ergänzend darauf hinweist, das BVerfG habe im Beschluss vom 23.07.2014 (1 BvL 10/12 u.a.) betont, dass die Regelsätze nur "derzeit noch mit dem Grundgesetz vereinbar seien". Ferner habe das BVerfG den Gesetzgeber verpflichtet, die Entwicklung der Strompreise zu beachten und gegebenenfalls den Stromkostenanteil in den Regelsätzen zu erhöhen. Diesbezüglich sei der Gesetzgeber seit Juli 2014 untätig gewesen. Von 2005 bis 2018 seien die Strompreise um 51% gestiegen.

II.

Die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) ist statthaft, weil die Berufung zulassungsbedürftig ist. Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der ausdrücklichen Zulassung, wenn - wie hier - der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt und keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dies ist vorliegend der Fall, da der Kläger für die Zeit von Februar 2016 bis Mai 2016 weitere 348 EUR geltend macht.

Die auch im Übrigen statthafte Beschwerde ist unbegründet.

Nach § 144 Abs. 2 SGG ist eine Berufung zuzulassen, wenn

1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Keiner dieser Zulassungsgründe liegt vor.

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sich eine Rechtsfrage stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und deren Klärung auch durch das Berufungsgericht zu erwarten ist (Klärungsfähigkeit; Leitherer in Meyer/Ladewig, SGG, 12. Auflage 2017 § 160 Rn. 6, § 144 Rn. 28). Ein Individualinteresse genügt nicht (Beschluss des Senats vom 13.12. 2016 - L 7 AS 2048/15 NZB).

Die von den Klägern mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Rechtsfrage, ob der Regelbedarf für einen Alleinstehenden ab Januar 2016 iHv 404 EUR noch den Anforderungen des BVerfG in dem Beschluss vom 23.07.2014 genügt, ist nicht klärungsbedürftig. An der Klärungsbedürftigkeit der Rechtsfrage fehlt es, wenn zur Auslegung vergleichbarer Regelungen schon höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte dafür geben, wie die konkret aufgeworfene Frage zu beantworten ist (Beschluss des Senats vom 13.12.2016 - L 7 AS 2048/15 NZB).

Die Beklagte hat die (im streitigen Zeitraum geltenden) Vorgaben zur Bewilligung des Regelbedarfs (§§ 20 Abs.1, Abs. 2 Satz 1, Abs. 5 SGB II, 28a, 40 SGB XII, 1, 2 Regelbedarfstufenfortschreibungsverordnung 2016 - RBSFV 2016) eingehalten. Eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssach...

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