Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung eines Richters wegen der Besorgnis der Befangenheit
Orientierungssatz
1. Das Ablehnungsverfahren gegen einen Richter nach § 60 SGG dient nicht der Überprüfung möglicher richterlicher Vorgehensweisen auf etwaige Rechts- oder Verfahrensfehler. Die Rüge solcher Verstöße kann allenfalls dann die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigen, wenn Gründe dargetan werden, die dafür sprechen, dass das mögliche Fehlverhalten auf einer unsachlichen Einstellung des Richters gegenüber dem ablehnenden Beteiligten oder auf Willkür beruht.
2. Der abgelehnte Richter äußert sich gemäß § 44 Abs. 3 ZPO dienstlich über den Ablehnungsgrund. Der Umfang der dienstlichen Äußerung steht in dessen Ermessen. Steht der für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch erhebliche Sachverhalt unstreitig fest, so bedarf es keiner im Einzelnen begründeten dienstlichen Äußerung.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 13.06.2012 wird zurückgewiesen.
Gründe
Die statthafte (s. dazu u.v.a. Beschluss des Senats vom 24.09.2012 - L 11 U 416/12 B -) Beschwerde ist nicht begründet, denn das Sozialgericht (SG) Dortmund hat das gegen Richterin am Sozialgericht N gerichtete Befangenheitsgesuch zu Recht zurückgewiesen. Der Senat nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses vom 13.06.2012 (§ 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)) und führt ergänzend aus:
Soweit die Antragstellerin (AS) mit ihrer Beschwerde geltend macht,
1. der angefochtene Beschluss beruhe auf einer entscheidungserheblichen Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör,
2. die abgelehnte Richterin fördere das Hauptsacheverfahren S 43 SB 13/09 seit längerer Zeit nicht,
3. sie unterlasse eine objektive Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten,
4. der abgelehnten Richterin seien diverse Verfahrensfehler entstanden (wie etwa die mangelnde Versendung der gerichtlichen Schreiben mit einem "qualifizierten" Zugangsnachweis, unnötige Anforderung von Befundberichten, unzulässige Hinweisschreiben, Verstoß gegen die Wartepflicht durch eine Wiedervorlageverfügung nach Eingang des Ablehnungsgesuchs),
5. die abgelehnte Richterin habe gegen die Wartepflicht verstoßen und lediglich
6. eine inhaltsleere dienstliche Stellungnahme abgegeben
vermag dies ihrer Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.
Zu 1.
Der angefochtene Beschluss, gegen den keine Anhörungsrüge erhoben wurde, beruht - wie die nachfolgenden Ausführungen belegen - nicht auf einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör. Unabhängig davon besteht Anlass darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Verpflichtung, den Vortrag von Beteiligten zu erwägen, das Gericht nicht gehalten ist, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen zu befassen; es muss nur auf das für das Verfahren wesentliche und nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserhebliche Vorbringen eingehen (Beschluss des Senats vom 21.02.2011 - L 11 SF 272/10 AB SG - unter Hinwies auf BVerfGE 69, 141; 79, 51 und 96, 205). Je umfangreicher das Vorbringen ausfällt (hier wurde das Ablehnungsgesuch auf 46 eng beschriebenen Seiten begründet), desto stärker besteht die Notwendigkeit im Rahmen der Entscheidungsbegründung nur die wesentlichen Fragen abzuhandeln und auf die ausdrückliche Auseinandersetzung mit weniger wichtigen oder gar abwegigen Fragen zu verzichten (Beschluss des Senats vom 21.02.2011 - L 11 SF 272/10 AB SG - unter Hinwies auf Schulze-Fielitz in Dreier, GG, Art. 103 Rdn. 61 m.w.N.). Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist der angefochtene Beschluss nicht zu beanstanden.
Zu 2.
Eine lange Verfahrensdauer begründet grundsätzlich keine Besorgnis der Befangenheit. Zwar darf der besonnene Rechtssuchende an der Unparteilichkeit und objektiven Einstellung des Richters dann die Befangenheit begründete Zweifel haben, wenn sich der Verfahrensablauf über lange Zeit eindeutig als eine Kette von Verzögerungen bis hin zur Untätigkeit darstellt und keine Gründe ersichtlich sind, die diesen Ablauf als vertretbar erscheinen lassen könnten (u.v.a. Beschlüsse des Senats vom 20.11.2008 - L 11 AR 70/08 AB - und vom 13.04.2010 - L 11 SF 49/10 AB - mit jeweils weiteren Nachweisen). Eine solche Fallgestaltung liegt hier allerdings nicht vor.
Nach Eingang der Klage am 07.01.2009 hat die seinerzeit zuständige Richterin am 08.01.2009 eine Klageerwiderung angefordert und nach deren Eingang am 10.02.2009 unter dem 03.04.2009 einen ersten rechtlichen Hinweis erteilt, auf den die AS nach Erinnerung durch das SG mit am 13.05.2009 und 25.06.2009 beim SG eingegangenen Schreiben reagiert hat, welches an die Beklagte zur Kenntnis und Stellungnahme unter dem 26.06.2009 weitergeleitet wurde. Die Beklagte hat nach mehrfacher Erinnerung des SG vom 13.08.2009, 15.09.2009 und 27.10.2009 am 14.12.2009 mit Schreiben vom 08.12.2009 Stellung genommen. Unter dem 15.12.2009 hat das SG der Klägerin einen zweiten rechtlichen Hinweis erteilt. An die erbetene Stellungnahme wurde die Klägerin me...