Leitsatz (amtlich)
Prozesskostenhilfe bei einem Streit um Übernahme weiterer Bestattungskosten (hier Grabstein)?
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.07.2016 geändert. Der Klägerin wird für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Düsseldorf ab dem 27.07.2015 Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt X beigeordnet.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe und Beiordnung des Rechtsanwaltes X im Beschwerdeverfahren wird als unzulässig verworfen.
Gründe
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde der Klägerin vom 25.07.2016 gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 20.07.2016 ist begründet.
Das Sozialgericht hat es zu Unrecht abgelehnt, der Klägerin für das Klageverfahren gegen den Bescheid der Beklagten vom 08.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.07.2015 Prozesskostenhilfe zu bewilligen.
I. Gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - (SGG) i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung - (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist dann gegeben, wenn - bei summarischer Prüfung - eine gewisse Möglichkeit des Obsiegens in der Hauptsache - auch im Sinne eines Teilerfolges - besteht (vgl. Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. (2014), § 73a Rn. 7 ff., m.w.N.).
Die vorgenannten Voraussetzungen liegen vor. Denn zumindest ein Teilerfolg ist nach Durchführung noch erforderlicher, weiterer Ermittlungen nicht auszuschließen.
1. § 74 SGB XII bestimmt, dass die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernommen werden, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen.
Verpflichteter ist derjenige, den die Kostentragungspflicht rechtlich notwendig im Verhältnis zu Dritten endgültig und damit vorrangig trifft (vgl. Bundesverwaltungsgericht [BVerwG], Urteil vom 13.03.2003 - 5 C 2.02 -, juris Rn. 12). Das ist der Fall, wenn er hierzu erbrechtlich (§ 1968 BGB), unterhaltsrechtlich (§ 1615 BGB) oder nach dem Bestattungsgesetz NRW verpflichtet ist. Die Verpflichtung i. S. v. § 74 SGB XII ergibt sich hier bereits aus der Erbenstellung. Zu Recht ist das Sozialgericht davon ausgegangen, dass die Klägerin eine anteilige Kostentragungspflicht als Erbin ihres Ehemanns entsprechend ihrem Erbteil nach § 1968 BGB trifft. Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ergibt sich unter Annahme einer Zugewinngemeinschaft beider Ehegatten, dass sich das gesetzliche Erbrecht der überlebenden Ehefrau von einem Viertel um ein weiteres Viertel erhöht hat (§ 1931 Abs. 1, 3 i. V. m. § 1371 BGB). Die Tochter und der Sohn haben als gesetzliche Erben erster Ordnung jeweils Anspruch auf ein Viertel des Nachlasses (§ 1924 Abs. 1, 4 BGB). Sollte der Sohn tatsächlich, wie er unter dem 04.11.2013 erklärt hat, nicht Erbe geworden sein, beliefe sich der Erbteil der Tochter auf die Hälfte des Erbes. Von daher kommt vom Grundsatz her nur eine dem Erbteil entsprechende anteilige Kostenübernahme, also hier nur ein Anspruch der Klägerin als Ehefrau neben den beiden Kindern bzw. der Tochter auf die Hälfte der Kosten der Bestattung bzw. des hier nur im Streit stehenden Grabsteines i. H. v. 697,50 Euro, in Betracht, so dass die Forderung von 795,00 Euro teilweise übersetzt ist.
Weiterer Aufklärung bedarf, ob und inwieweit die Tochter der Klägerin den - nicht aktenkundigen - Werkvertrag mit der Fa. Grabsteine K abgeschlossen hat. Ausweislich der von dort erteilten Rechnung scheint nur sie zur Tragung dieser Kosten verpflichtet (gewesen) zu sein. Aber auch in diesem Fall kann sie anteilig - entsprechend dem Erbteil ihrer Mutter und ihres Bruders - von diesen Ausgleich verlangen. Denn die Pflicht zur Kostentragung gemäß § 1968 BGB trifft die Erbengemeinschaft als Ganzes, so dass im Innenverhältnis Ausgleichsansprüche gegen Miterben nach § 426 BGB durchzusetzen sind. Die anderen Erben können wiederum selbst Anträge nach § 74 SGB XII stellen, wenn sie sich nicht für leistungsfähig halten. Dies haben die Klägerin und ihr Sohn hier getan.
Allerdings ist jeder Miterbe nur Verpflichteter im Sinne von § 74 SGB XII, wenn und soweit er Forderungen nach § 1968 BGB ausgesetzt ist (s. hierzu etwa Senat, Urteil vom 30.10.2008 - L 9 SO 22/07 -, juris Rn. 27; OVG NRW, Urteil vom 30.10.1997 - 8 A 3515/95 -, juris, zur Vorgängernorm § 15 Bundessozialhilfegesetz - BSHG -).
Mithin ist zu klären, ob und inwieweit sich die Klägerin überhaupt (noch) einem Anspruch des Bestattungsinstitutes aufgrund - von ihr behaupteter - wirksamer Vertretung durch die Tochter oder einem Anspruch ihrer Tochter auf anteilige Erstattung der Bestattungskosten auf der Grundlage erb- oder sonstiger...