Entscheidungsstichwort (Thema)
Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Ausschreibung von Arzneimittelrabattverträgen
Orientierungssatz
1. Im Vergabenachprüfungsverfahren zur Rechtmäßigkeit der Ausschreibung von Arzneimittelrabattverträgen ist ausschließlich zu prüfen, ob der Auftraggeber die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten hat. Die Verletzung kartellrechtlicher Vorschriften ist dabei nicht zu prüfen.
2. Der Abschluss von Rahmenvereinbarungen mit nur einem Unternehmen führt nicht zur Schaffung einer marktbeherrschenden Stellung dieses Unternehmens auf den jeweils sachlich und räumlich relevanten Märkten.
3. Die Krankenkassen sind nicht verpflichtet, den Abschluss von Rahmenverträgen mit mehr als nur einem pharmazeutischen Unternehmen vorzusehen.
4. Es besteht von vornherein keine Verpflichtung zur Loslimitierung. Die Anknüpfung der Ausschreibung an die Lauer-Taxe zu einem in der Vergangenheit liegenden Stichtag stellt keinen Verstoß gegen die Vorschriften des Vergaberechts dar.
5. Wenn sämtliche Zuschlagskriterien, einschließlich deren Gewichtung spätestens in den Verdingungsunterlagen benannt sind, kann nicht mit Erfolg gerügt werden, die Ermittlung der Wirtschaftlichkeit der Angebote sei in einem intransparenten Verfahren durchgeführt worden.
Tenor
Der Antrag der Beschwerdeführerin, die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde gegen den Beschluss der 3. Vergabekammer des Bundes vom 24.02.2009 (3 VK-203/08) über den 09.04.2009 hinaus bis zu einer Entscheidung über die sofortige Beschwerde zu verlängern, wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (AS) - ein pharmazeutisches Unternehmen, das sich in erster Linie mit dem Vertrieb von Generikaprodukten befasst - wendet sich in der Hauptsache gegen aus ihrer Sicht bestehende Vergabefehler im Rahmen einer Arzneimittelrabattausschreibung.
Die Antragsgegnerinnen und Beschwerdegegnerinnen (AG) haben den Abschluss von Rabattvereinbarungen gemäß § 130a Abs. 8 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in einem EU-weit bekannt gemachten offenen Verfahren (Bekanntmachungsnummer 2008/S 154-20 79 65) für eine Vertragslaufzeit von zwei Jahren ausgeschrieben. Gegenstand der wirkstoffbezogenen Ausschreibung sind nicht patentgeschützte Arzneimittel (Generika) in (zunächst) 64 Fachlosen (Wirkstoffe) und 5 Gebietslosen (Angebotsfrist: 03.11.2008). Das Gebietslos 1 umfasst die AOK Bayern mit etwa 4,1 Millionen Versicherten, das Gebietslos 2 die AOK Rheinland-Hamburg und AOK Westfalen-Lippe (ca. 5 Millionen Versicherte), das Gebietslos 3 die AOK Hessen und AOK Plus (ca. 4,3 Millionen Versicherte), das Gebietslos 4 die AOK Baden-Württemberg, AOK Rheinland-Pfalz sowie AOK Saarland (ca. 5 Millionen Versicherte) und das Gebietslos 5 die AOK Berlin, AOK Brandenburg, AOK Bremen/Bremerhaven, AOK Mecklenburg-Vorpommern, AOK Niedersachsen, AOK Sachsen-Anhalt und AOK Schleswig-Holstein mit ca. 5,6 Millionen Versicherten.
Gegenstand der Ausschreibung waren zunächst die folgenden 64 Wirkstoffe:
|
Alendronsäure |
Levodopa + Benserazid |
Alfuzosin |
Levodopa + Carbidopa |
Allopurinol |
Lisinopril |
Amiodaron |
Lisinopril + HCT |
Amisulprid |
Melperon |
Amlodipin |
Metformin |
Azathioprin |
Metoclopramid |
Bisoprolol |
Metoprolol |
Bisoprolol + Hydrochlorothiazid (HCT) |
Metoprolol + HCT |
Captopril |
Mirtazapin |
Captopril + HCT |
Molsidomin |
Carvedilol |
Moxonidin |
Cefaclor |
Nifedipin |
Cefuroxim |
Nitrendipin |
Ciprofloxacin |
Olanzapin |
Citalopram |
Omeprazol, |
Clarithromycin |
Paroxetin |
Diclofenac |
Ramipril |
Doxazosin |
Ramipril + HCT |
Doxepin |
Ranitidin |
Enalapril |
Risperidon |
Enalapril + HCT |
Roxithromycin |
Felodipin |
Sertralin |
Finasterid |
Simvastatin |
Furosemid |
Spironolacton |
Gabapentin |
Sumatriptan |
Glimepirid |
Tamsulosin |
HCT |
Terazosin |
Ibuprofen |
Torasemid |
Isosorbiddinitrat |
Tramadol |
Isosorbidmononitrat |
Trimipramin |
Itraconazol |
Verapamil |
Im Hinblick auf den Wirkstoff Olanzapin ist die Ausschreibung zwischenzeitlich aufgehoben worden, nachdem der Bundesgerichtshof (BGH) das für diesen Wirkstoff bestehende Patent wieder hergestellt hat und jeglicher Vertrieb von generischem Olanzapin in der Bundesrepublik daraufhin eingestellt werden musste ( Urteil vom 16.12.2008-X ZR 89/07 ).
Nach den Verdingungsunterlagen hatte jeder Bieter pro angebotenem Fachlos (Wirkstoff) und je Gebietslos einen Rabatt-ApU für alle Pharmazentralnummern (PZN) anzubieten, die er für den angebotenen Wirkstoff nach der “Lauer-Taxe„ am 01. August 2008 (im Laufe des Ausschreibungsverfahrens geändert auf den 01.09.2008 durch Bekanntmachung vom 10.09.2008 - Abl. EG 2008/S 175-232638 - sog. Stichtag) im Sortiment hat. Die “Lauer-Taxe„, auch ABDA-Artikelstamm oder große deutsche Spezialitätentaxe genannt, wird in einem 14-tägigen Rhythmus aktualisiert und enthält die Daten aller bei der Informationsstelle für Arzneimittelspezialitäten GmbH (IFA) gemeldeten, in Deutschland zugelassenen Fertigarzneimittel unter Angabe der Arzneimittelbezeichnung, des Arzneimittelherstellers, des Wirkstoffs, der Wirkstoffmenge, der Darreichungsform und der Packungsgröße. Die jedem Fertigarzneimitt...