Entscheidungsstichwort (Thema)
Gründungszuschuss. Prüfung der Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung. Reichweite der Amtsermittlungspflicht nach § 103 S 1 SGG bei substanzlosem ärztlichen Attest
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung im Rahmen von § 93 SGB III kommt es auf den Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung an.
2. Zur Reichweite der Amtsermittlungspflichten des Gerichts aus § 103 S. 1 SGG bei substanzlosem ärztlichen Attest.
Orientierungssatz
1. Bei seiner Entscheidung über die Bewilligung eines Gründungszuschusses nach § 93 SGB 3 ist der Arbeitsagentur Entschließungsermessen eingeräumt.
2. Eine Ermessensreduzierung auf Null kommt nur dann in betracht, wenn aufgrund der Abwägung aller relevanten Gesichtspunkte lediglich eine einzige Entscheidung ermessensgerecht wäre. Maßgeblich ist insoweit der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung.
3. Die Bewilligung eines Gründungszuschusses für eine selbständig auszuübende Tätigkeit kommt nur dann in Betracht, wenn für den Antragsteller zur Beseitigung seiner Arbeitslosigkeit versicherungspflichtige Beschäftigungen vollständig ausgeschlossen sind.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 05.04.2018 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
1. Die am 27.04.2018 eingegangene Beschwerde gegen den am 11.04.2018 zugestellten Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 05.04.2018, die sich gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren richtet, ist zulässig, aber unbegründet. Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, der Klägerin für die klageweise Geltendmachung eines Gründungszuschusses gemäß § 93 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) Prozesskostenhilfe zu gewähren. Nach § 73a Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetztes (SGG) i.V.m. §§ 114 ff. Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Hinreichende Erfolgsaussicht ist dann gegeben, wenn nach summarischer Prüfung eine gewisse Möglichkeit des Obsiegens - auch im Sinne eines Teilerfolges - besteht (Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 73a Rn. 7 ff. m.w.N.). Das ist wiederum der Fall, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers auf Grund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung ausgeht (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14.02.2017 - 1 BvR 2507/16 - juris Rn. 14 f.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.11.2008 - L 25 B 411/08 AS PKH - juris Rn. 5).
Zutreffend hat das Sozialgericht die hinreichenden Erfolgsaussichten der Klage verneint. Der Bescheid der Beklagten vom 28.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.01.2018 beschwert die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, da er nicht rechtswidrig ist. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung eines Gründungszuschusses nach § 93 SGB III bzw. auf eine ermessensfehlerfreie Neubescheidung.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die durch Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beenden, können nach § 93 Abs. 1 SGB III zur Sicherung des Lebensunterhalts und zur sozialen Sicherung in der Zeit nach der Existenzgründung einen Gründungszuschuss erhalten.
Ein Gründungszuschuss kann gemäß § 93 Abs. 2 S. 1 SGB III geleistet werden, wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer 1.bis zur Aufnahme der selbständigen Tätigkeit einen Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, dessen Dauer bei Aufnahme der selbständigen Tätigkeit noch mindestens 150 Tage beträgt und nicht allein auf § 147 Absatz 3 beruht, 2.der Agentur für Arbeit die Tragfähigkeit der Existenzgründung nachweist und 3.ihre oder seine Kenntnisse und Fähigkeiten zur Ausübung der selbständigen Tätigkeit darlegt.
Nach § 93 Abs. 1 u. 2 S. 1 SGB III ist der Agentur für Arbeit bei der Entscheidung über die Gewährung des Gründungszuschusses ein Ermessen in Form eines Entschließungsermessens eingeräumt (BSG, Beschluss vom 17.08.2012 - B 11 AL 40/12 B - juris Rn. 5; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15.11.2017 - L 18 AL 158/16 - juris Rn. 20; Winkler, in: Gagel, SGB III, 69.EL, § 93 Rn. 63; Schmidt, in: BeckOK-SGB III, 48.Ed., § 93 Rn. 12). Die Beklagte kann mithin auch bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen grundsätzlich die Gewährung des Zuschusses ablehnen (Urteil des Senats vom 17.10.2013 - L 9 AL 150/12 - juris Rn. 35; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05.10.2016 - L 18 AL 50/15 - juris Rn. 17).
Weder liegt nach summarischer Prüfung (zur Beschränkung auf eine summarische Prüfung vgl. BSG, Beschluss vom 18.01.2018 - B 14 AS ...