rechtskräftig
Verfahrensgang
SG Dortmund (Entscheidung vom 23.10.2003; Aktenzeichen S 40 KR 270/03 ER) |
Tenor
Auf die Beschwerden des Antragstellers werden die Beschlüsse des Sozialgerichts Dortmund vom 23.10.2003 geändert. Dem Antragsteller wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin C, L, bewilligt. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antragsteller ab September 2003 von den Kosten für häusliche Krankenpflege im Umfang von 14 Stunden täglich freizustellen bzw. ihm in diesem Umfang nach ärztlicher Verordnung bis zur erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache häusliche Krankenpflege zu gewähren. Der weitergehende Antrag des Antragstellers wird abgelehnt. Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller 90 % der Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
Gründe
I.
Der im April 2000 geborene Antragsteller (Ast.) ist familienversichertes Mitglied der Antragsgegnerin (Ag.), er lebt mit seinen Eltern und einem 1995 geborenen Geschwisterkind in einem gemeinsamen Haushalt. Wegen einer angeborenen neuromuskulären Erkrankung besteht eine respiratorische Insuffizienz mit der Notwendigkeit einer maschinellen Langzeitbeatmung (derzeit im Umfang von mindestens 16 Stunden). Er erhält seit Januar 2002 Leistungen aus der Pflegeversicherung nach der Pflegestufe III.
Nach der Entlassung des Ast. aus der Kinderklinik der Städtischen Kliniken E bewilligte die Ag. auf der Grundlage eines Gutachtens des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) von Dr. S (Ärztin für Kinder- und Jugendmedizin) vom 04.04.2001 häusliche Krankenpflege im Umfang von 12 Stunden täglich. Aufgrund ärztlicher Verordnung vom 28.09.2001 und eines weiteren Gutachtens von Dr. S vom 09.11.2001 wurde nach einer Aktennotiz vom 29.11.2001 häusliche Krankenpflege im Umfang von 14 Stunden täglich ab 01.10.2001 genehmigt. In der Genehmigung vom 30.07.2002 für das Quartal 01.07. bis 30.09.2002 wurde der Ast. darauf hingewiesen, die Genehmigung gelte nur so lange, als der MDK nicht aufgrund einer neuen Beurteilung zu einer geringeren Stundenzahl komme.
Auf die Folgeverordnung der behandelnden Kinderärzte Dres. T/I vom 10.01.2003 für das I. Quartal 2003 im Umfang von 14 Stunden täglich holte die Ag. ein weiteres Gutachten des MDK ein, das Dr. S unter dem 05.03.2003 erstattete. Sie führte aus, die bereits im letzten Gutachten beschriebene Situation (Tracheostoma, maschinelle Beatmung, PEG-Sonde, Kontrakturen, Hüftluxation) bestehe nach wie vor. Die Spontanatmung habe sich verbessert, fallweise sei eine Atmung über die künstliche Nase für sechs bis acht Stunden möglich, jedoch mit Unterbrechungen von unterschiedlicher Dauer zwischen vier Stunden und 10 Minuten; die Notwendigkeit der Umstellung auf die maschinelle Beatmung sei nicht vorhersehbar. Eine Beobachtung sei daher über 24 Stunden geboten. Gleichzeitig führte sie unter Aufzählung einzelner der in der Anlage zu den "Richtlinien über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und Abs. 7 SGB V" (vom 16.02.2000 (BAnz Nr. 91 vom 13.05.2000)) genannten Maßnahmen aus, es resultiere - bis auf die Phasen der 16-stündigen Beatmung und der spezifischen Krankenbeobachtung - ein Gesamthilfebedarf für die Behandlungspflege von 133 Minuten. Grundsätzlich sei die Mutter in der Lage, sämtliche anfallenden pflegerischen Tätigkeiten durchzuführen, allein durch den Pflegedienst zu erbringen seien die Wartung der Geräte sowie deren Funktionsprüfung sowie ein Trachealkanülenwechsel.
Mit Bescheid vom 17.06.2003 bewilligte die Beklagte ab 01.07.2003 häusliche Krankenpflege nur im Umfang von maximal sechs Stunden täglich. Auf den Widerspruchspruch des Ast. gewährte sie die Leistungen im bisherigen Umfang wegen der von ihr angenommenen aufschiebenden Wirkung des Widerspruches während der Dauer des Widerspruchsverfahrens. Sie holte im Widerspruchsverfahren eine Stellungnahme von Dr. S vom 11.07.2003 ein, die darin ausführte, der Umfang der erforderlichen Behandlungspflege betrage dem Grunde nach 16 Stunden (krankenspezifische Beobachtung bei maschineller Beatmung). In dieser Phase werde zusätzlich eine Behandlungspflege von 133 Minuten erbracht. Der Ast. machte geltend, die Voraussetzungen für eine Rücknahme des seinerzeit die Behandlungspflege bewilligenden Bescheides lägen nicht vor. Er sei weiterhin und unverändert auf Behandlungspflege rund um die Uhr angewiesen, denn er dürfe auch nicht zwei Minuten ohne optische und akustische Überwachung durch eine mit der Intensivpflege vertrauten Pflegeperson sein. Es könne jederzeit zu lebensbedrohlichen Notfällen kommen. Der Charakter als Behandlungspflege gehe insoweit nicht dadurch verloren, dass in dieser Zeit andere Verrichtungen wie etwa Krankengymnastik oder Grundpflege erbracht würden. Die Mutter könne die Behandlungspflege nicht in einem weiteren Umfang übernehmen, im Gegenteil sei davon auszugehen, dass sie durch die bisherige Pflege und die übrigen Verpflichtungen wie Haushalt und Versorgung de...