Entscheidungsstichwort (Thema)
Höhe der Entschädigung eines Verfahrensbeteiligten für dessen Untersuchung bei einem Gutachter
Orientierungssatz
1. Nach § 191 SGG werden einem Prozessbeteiligten, der zu einer Untersuchung bei einem Sachverständigen erscheint, bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet.
2. Ein Entschädigungsanspruch des Untersuchten für ein nach § 109 SGG erstelltes Gutachten setzt einen Beschluss des Gerichts voraus, dass die Kosten der Begutachtung durch die Landeskasse zu übernehmen sind.
3. Nach § 20 JVEG beträgt die nach § 19 Abs. 2 S. 3 JVEG auf 10 Stunden pro Tag beschränkte Entschädigung für Zeitversäumnis grundsätzlich 3,50 € je Stunde.
Tenor
Die Entschädigung der Antragstellerin für die Wahrnehmung der Untersuchungstermine bei Professor Dr. L in München vom 31.01.2018 bis zum 02.02.2018 und vom 03.06.2018 bis zum 09.06.2018 wird auf 371,65 Euro festgesetzt.
Diese Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Über die von der Antragstellerin beantragte richterliche Festsetzung ihrer Entschädigung für die Wahrnehmung der Untersuchungstermine bei Professor Dr. L im Universitätsklinikum München vom 31.01.2018 bis zum 02.02.2018 und vom 03.06.2018 bis zum 09.06.2018 entscheidet der Senat in der Besetzung durch den Vorsitzenden und Berichterstatter als Einzelrichter (§ 4 Abs. 7 Satz 1 1. HS JVEG). Eine Übertragung auf den Senat kommt nicht in Betracht, weil weder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist noch die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 4 Abs. 7 Satz 2 JVEG).
Nach § 191 1. HS SGG werden einem Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen angeordnet worden ist, auf Antrag bare Auslagen und Zeitverlust wie einem Zeugen vergütet. Diese Vorschrift gilt auch, wenn ein Prozessbeteiligter zu einer Untersuchung durch einen Sachverständigen aufgrund dessen Einladung, der eine gerichtliche Anordnung zugrunde liegt, erscheint (vgl. Hessisches Landessozialgericht, Beschl. v. 23.06.2009 - L 2 SF 54/08 -, juris Rn. 11; Thüringer LSG, Beschl. v. 26.08.2011 - L 6 SF 84/11 -, juris Rn. 14; H. Lange, in: jurisPK-SGG, § 191 Rn. 13 m.w.N.). Zeugen erhalten nach § 19 Abs. 1 Satz 1 JVEG als Entschädigung Fahrtkostenersatz (§ 5 JVEG), Entschädigung für Aufwand (§ 6 JVEG), Entschädigung für sonstige Aufwendungen (§ 7 JVEG), Entschädigung für Zeitversäumnis (§ 20 JVEG), Entschädigung für Nachteile bei der Haushaltsführung (§ 21 JVEG) sowie Entschädigung für Verdienstausfall (§ 22 JVEG). Soweit die Entschädigung nach Stunden zu bemessen ist, wird sie nach § 19 Abs. 2 JVEG für die gesamte Zeit der Heranziehung einschließlich notwendiger Reise- und Wartezeiten, jedoch nicht mehr als zehn Stunden je Tag gewährt (Satz 1); die letzte bereits begonnene Stunde wird voll gerechnet (Satz 2).
In Anwendung dieser Vorschriften steht der Antragstellerin für die Untersuchungstermine vom 31.01.2018 bis zum 02.02.2018 und vom 03.06.2018 bis zum 09.06.2018 im Universitätsklinikum München ein Entschädigungsanspruch i.H.v. 371,65 Euro zu.
1. Die Antragstellerin hat den Entschädigungsanspruch mit ihrem am 27.05.2021 beim Senat eingegangenen Schriftsatz nach Maßgabe von § 2 Abs. 1 Satz 1 JVEG fristgerecht geltend gemacht. Zwar beginnt die entsprechende Frist bei einer von Amts wegen veranlassten Begutachtung nach § 106 SGG schon mit Beendigung der Zuziehung, d. h. mit der Entlassung durch den Sachverständigen (vergleiche insoweit LSG Baden-Württemberg, Beschl. v. 31.07.2012 - L 12 KO 01.06.2008/12 -, juris Rn. 10 m.w.N.). Dies gilt jedoch nicht bei einer Begutachtung nach § 109 SGG, da der bzw. die zu Begutachtende nach dieser Vorschrift die Kosten der Begutachtung grundsätzlich selbst zu tragen hat. Ein Entschädigungsanspruch gemäß § 191 1. HS SGG kommt in diesen Fällen nur und erst dann in Betracht, wenn und soweit das Gericht gemäß § 109 Satz 2 2. Teilsatz SGG beschließt, dass die Kosten der Begutachtung auf die Landeskasse zu übernehmen sind. Eine solche Entscheidung hat der Senat durch Beschluss vom 10.05.2021, der dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin am 20.05.2021 zugestellt worden ist, getroffen. Die Frist des § 22 Abs. 1 Satz 1 JVEG hat dementsprechend erst am 20.05.2021 begonnen (vgl. insoweit auch Thüringer LSG, Beschl. v. 26.08.2011 - L 6 SF 84/11 -, juris Rn. 18; H. Lange, in: jurisPK-SGG, § 191 Rn. 21).
2. Die Antragstellerin hat zunächst Anspruch auf Fahrtkostenersatz gemäß § 5 JVEG i.H.v. 174,10 Euro.
a) Der Antragstellerin steht gemäß § 5 Abs. 1 JVEG der Ersatz der insoweit geltend gemachten Kosten für zwei Hin- und Rückfahrten von Köln Hauptbahnhof bis München Hauptbahnhof i.H.v. 173,60 Euro zu. Für die Fahrten in der zweiten Wagenklasse hat die Klägerin insoweit insgesamt 154,60 Euro (44,80 Euro für eine Hin- und Rückfahrkarte bezogen auf den ersten Aufenthalt vom 31.01.2018 bis zum 02.02.2018, 89,90 Euro für die Hinfahrt nach München am 03.06.2018 und 19,90 Euro für die Rückfahrt nach Köln am 09.0...