Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerdewert. Ausschluss der Beschwerde. Berufung in der Hauptsache. Übergangsvorschrift. Zulassung der Beschwerde

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach dem ausdrücklichen Wortlaut des § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ist die Beschwerde gegen einen Beschluss im einstweiligen Rechtsschutzverfahren unstatthaft, wenn in der Hauptsache die Berufung aufgrund Unterschreitens der Berufungssumme in Höhe von 750 Euro unzulässig wäre.

 

Normenkette

SGG § 172 Abs. 3 Nr. 1, § 144 Abs. 1

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 08.04.2008 wird als unzulässig verworfen. Der Antragsgegner hat der Antragstellerin auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

Die Beschwerde des Antragsgegners ist nicht statthaft und damit unzulässig.

Gemäß § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG in der ab 01.04.2008 geltenden Fassung (Gesetz zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 - BGBl I 417), der ohne Übergangsvorschrift ab diesem Zeitpunkt in Kraft getreten ist, ist die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre. Da der Beschwerdewert insoweit unter dem maßgebenden Betrag von 750,- Euro (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a) n.F.) liegt, wäre die Berufung unzulässig, so dass die Entscheidung des Sozialgerichts nicht anfechtbar ist.

Die Zulassung der Beschwerde durch das Sozialgericht hat keine rechtliche Grundlage und ist ohne Wirkung. Das Sozialgerichtsgesetz in seiner ab 01.04.2008 geltenden Fassung sieht eine derartige Zulassung nicht vor. Im Gegenteil schließen Sinn, Zweck und Wortlaut von § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG eine dem ausdrücklichen Ausschluss der Beschwerde entgegen laufende Zulassung aus. Die Norm beabsichtigt in erster Linie im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Entlastung der Landessozialgerichte, die bei Zulassung der Beschwerde wieder unterlaufen würde. Ferner sollen die Rechtsschutzmöglichkeiten im einstweiligen Rechtsschutz in Verfahren, in denen in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig wäre, gegenüber den Rechtsschutzmöglichkeiten im Hauptverfahren nicht privilegiert werden (amtl. Begr., BR-DrS 820/07, S. 28 f.). Darüber hinaus verdeutlicht der Wortlaut der Norm, dass die Beschwerde nur dann noch zulässig sein soll, wenn in der Hauptsache die Berufung zulässig "wäre". Damit können lediglich Verfahren gemeint sein, in denen die Zulässigkeit kraft Gesetzes mangels eines der Ausschlussgründe des § 144 Abs. 1 SGG ohne weiteres gegeben ist. Ein anderes Verständnis, das die Möglichkeit der gerichtlichen Zulassung der Berufung umfasst, missachtet zwei Gesichtspunkte: Zum Einen folgt nicht jedem einstweiligen Verfahren ein Hauptsacheverfahren und zum Anderen ist rein hypothetisch, ob im Hauptsacheverfahren - u. damit zu einem viel späteren Zeitpunkt - noch eine Zulassungsbedürftigkeit besteht, überhaupt noch ein Zulassungsgrund zu rechtfertigen ist und das dann entscheidende Gericht überhaupt die Berufung zulässt.

Letztlich nimmt § 172 SGG auch nicht auf eine entsprechende Anwendung des § 144 SGG Bezug, so dass offensichtlich keine Beschwerdemöglichkeit gegeben ist und die Beschwerde unzulässig bleibt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2000814

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