Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen einer Bewilligung von Leistungen für die Mietkaution als Darlehen durch den Grundsicherungsträger
Orientierungssatz
1. Ein die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung ablehnender Bescheid steht einem jederzeit möglichen Neuantrag, gerichtet auf Leistungen für zukünftige Zeiträume, nicht entgegen. Derartige Leistungen können dann im Wege des einstweiligen Rechtschutzes verfolgt werden, sofern ein Rechtschutzbedürfnis zu bejahen ist.
2. Nach § 22 Abs. 6 S. 1 HS. 2 SGB 2 können Aufwendungen für die Mietkaution bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Der Anspruch steht nur dem Antragsteller zu, der die Mietkaution entrichtet hat. Das Kopfteilprinzip ist auf Leistungen für eine Mietkaution nicht anzuwenden. Vom Kopfteilprinzip ist abzuweichen, wenn eine andere Aufteilung angezeigt ist.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsteller zu 1) und zu 2) wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 19.03.2020 geändert. Der Antragsgegner wird verpflichtet, der Antragstellerin zu 2) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von März 2020 bis Juni 2020 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu zahlen. Der Antragsgegner wird verpflichtet, dem Antragsteller zu 1) Leistungen für die Mietkaution iHv 1500 EUR als Darlehen zu zahlen. Der Antragsgegner hat die Kosten der Antragsteller zu 1) und 2) zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragstellerin zu 2) begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung des Antragsgegners, ihr Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II auszuzahlen. Der Antragsteller zu 1) begehrt die Auszahlung einer Mietkaution.
Der am 00.00.1976 geborene Antragsteller zu 1) ist tunesischer Staatsbürger. Er ist der Vater des am 00.00.2014 geborenen Antragstellers zu 3), der die tunesische und die bulgarische Staatsbürgerschaft besitzt. Der Antragsteller zu 3) lebte vorübergehend in einer Pflegefamilie. Der Aufenthalt seiner leiblichen Mutter, der die elterliche Sorge durch Beschluss des Amtsgerichts E vom 11.12.2019 entzogen wurde, ist unbekannt. Der Antragsteller zu 1) ist seit dem 08.11.2019 mit der am 00.00.1988 geborenen Antragstellerin zu 2) und Beschwerdeführerin verheiratet, die tunesische Staatsbürgerin ist.
Der Antragsteller zu 1) verfügte bis zum 12.01.2020 über eine Fiktionsbescheinigung nach § 81 Abs. 4 AufenthG, die auf einer Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG beruhte (eigenständiges Aufenthaltsrecht des Ehegatten). Seit dem 13.01.2020 ist er Inhaber eines Aufenthaltstitels nach § 31 AufenthG. Er ist Inhaber eines Schwerbehindertenausweises mit einem Grad der Behinderung von 80 und den Merkzeichen "G" und "aG".
Die Antragstellerin zu 2) studierte bis zum 29.02.2020 an der FOM Hochschule und war bis zum 31.03.2020 Inhaberin einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16 Abs. 1 AufenthG (Aufenthalt zum Zweck der Ausbildung). Sie beantragte im Dezember 2019 bei der Stadt E (Amt für Migration und Integration) eine andere Aufenthaltserlaubnis und erhielt einen "Termin zur Erledigung einer aufenthaltsrechtlichen Angelegenheit" am 11.08.2020.
Der Antragsteller zu 3) ist seit dem 13.01.2020 Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis nach § 33 AufenthG (Aufenthaltstitel für im Bundesgebiet geborene Kinder).
Der Antragsteller zu 1) wohnte bis zum 15.01.2020 in einer 20 m2 großen Wohnung in E und bezog Leistungen vom Jobcenter E. Am 14.11.2019 mietete er für die Zeit ab dem 01.01.2020 gemeinsam mit der Antragstellerin zu 2) die derzeit bewohnte Erdgeschosswohnung in K an. Hierfür ist eine Gesamtmiete iHv 780 EUR zu zahlen. Die Antragsteller zu 1) und 2) verpflichteten sich zur Stellung einer Kaution iHv 1500 EUR. Die Kaution entrichtete der Antragsteller zu 1) in Höhe von 1100 EUR mithilfe eines Darlehens eines Freundes.
Am 19.12.2019 beantragten die Antragsteller bei dem Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und zogen nach K, wo sie sich am 03.01.2020 anmeldeten. Am 02.01.2020 reichten die Antragsteller zu 1) und 2) die Antragsunterlagen ein und erklärten, die Antragstellerin zu 2) studiere an einer privaten Hochschule in L, lebe von finanziellen Zuwendungen ihrer Familie und befinde sich in einem Urlaubssemester. Sie habe sich als Pflegeperson für die Antragsteller zu 1) und 3) eintragen lassen und ihren Ausbildungsvertrag gekündigt. Der Antragsteller zu 3) werde in den gemeinsamen Haushalt zurückkehren. Bei ihm sei der Pflegegrad 3 anerkannt. Am 09.01.2020 haben die Antragsteller zu 1) und 2) erneut vorgesprochen und erklärt, der Antragsteller zu 1) sei in den Jahren 2003 bis 2006 mit einer deutschen Staatsbürgerin verheiratet gewesen und die Antragstellerin zu 2) erhalte seit ihrer Eheschließung keine finanziellen Zuwendungen mehr. Am 16.01.2020 legte die Antragstellerin zu 2) die Immatrikulationsbescheinigung der FOM Hochschule für das Wintersemester 2017/18 und die Kündigungsbestätigung mit Wirkung zum 29.02.2020 vor.
Am 17.01.2020 ...