Entscheidungsstichwort (Thema)

Voraussetzungen der Rechtmäßigkeit eines die Eingliederungsvereinbarung des Grundsicherungsträgers ersetzenden Eingliederungsverwaltungsaktes

 

Orientierungssatz

1. Für die Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsbescheides nach § 15 SGB 2 sind die für den öffentlich-rechtlichen Vertrag in § 55 Abs. 1 S. 2 SGB 10 formulierten Maßgaben entscheidend. Einem an den Hilfebedürftigen gerichteten Verlangen muss eine mit diesem in Zusammenhang stehende, angemessene und konkret bestimmte Gegenleistung der Behörde gegenüberstehen.

2. Es ist dem Antragsteller zumutbar, seine Bewerbungsbemühungen zu dokumentieren und dem Grundsicherungsträger vorzulegen.

3. Zulässig ist, die Förderungsmaßnahmen zunächst allgemein zu formulieren. Hinsichtlich der Übernahme von Bewerbungskosten als Leistungen aus dem Vermittlungsbudget hat der Leistungsträger ein Entschließungs- und Auswahlermessen und die Bedingungen für die Erstattung von Kosten zu regeln.

4. Die Rechtsfolgenbelehrung ist nicht ausschlaggebend für die Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsbescheides, sondern für eine spätere Sanktion.

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 16.11.2020 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen einen Eingliederungsbescheid des Antragsgegners.

Der Antragsteller bezieht vom Antragsgegner Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Er schloss mit dem Antragsgegner am 15.10.2019 eine bis "auf weiteres" gültige Eingliederungsvereinbarung, in der sich der Antragsteller maßgeblich dazu verpflichtete, abzuklären, inwieweit er unter Berücksichtigung des Gesundheitszustandes seiner Lebensgefährtin und der Erforderlichkeit seiner Mitwirkung bei der Erziehung seines einjährigen Kindes dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu Verfügung stehe. Die Eingliederungsvereinbarung sieht die Möglichkeit einer Kündigung bei einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse vor. In einem Beratungsgespräch am 05.10.2020 erklärte der Antragsteller gemäß einem vom Antragsgegner gefertigten Vermerk, er wolle sich als Onlinehändler selbständig machen und chinesische Produkte über die Plattform "Amazon" vertreiben. Wegen der Zeitverschiebung zwischen Deutschland und China könne er nachts arbeiten, so dass er tagsüber seine Lebensgefährtin bei der Betreuung der Kinder unterstützen könne. Welche Produkte er genau vertreiben wolle, könne er noch nicht sagen. Der Antragsgegner händigte dem Antragsteller eine Checkliste für Existenzgründer aus, die der Antragsteller bis zum 02.11.2020 wieder einreichen sollte. Der Antragsgegner teilte dem Antragsteller mit, es solle eine Vermittlung in eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung erfolgen, sofern die Checkliste bis zu dem genannten Datum nicht vorgelegt werde. Fördermöglichkeiten für die Existenzgründung könnten erst nach einer genaueren Darstellung der Tätigkeit aufgenommen werden. Der Antragsgegner kündigte die bisherige Eingliederungsvereinbarung und begründete dies mit der Erforderlichkeit einer neuen Vereinbarung. Der Antragsteller lehnte es ab, eine Eingliederungsvereinbarung ohne die Aufnahme von konkreten Fördermöglichkeiten für die selbständige Tätigkeit zu unterschreiben.

Noch am 05.10.2020 erließ der Antragsgegner einen Eingliederungsbescheid. Dieser gelte vom 05.10.2020 bis "auf Weiteres". Eine Eingliederungsvereinbarung mit dem Antragsteller sei nicht zustandegekommen. Ziel des Eingliederungsbescheides sei die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch den Antragsteller und sofern diese nicht zeitnah zustandekomme, die Aufnahme einer abhängigen Beschäftigung. Unter dem Punkt "Unterstützung durch das Jobcenter" bietet der Antragsgegner Beratungsgespräche an. Er verpflichtete sich zu einer Analyse der Existenzgründungsidee und zur Beratung bei der Umsetzung. Er sagte zu, den Antragsteller durch die Übernahme von angemessenen nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen und von angemessenen und nachgewiesenen Fahrtkosten zu Vorstellungsgesprächen zu unterstützen, soweit der Antragsteller diese zuvor beantragt hatte, und dem Antragsteller Vermittlungsvorschläge zu unterbreiten. Unter dem Punkt "Zur Integration in Arbeit" verpflichtete der Antragsgegner den Antragsteller unter anderem dazu, bis zum 02.11.2020 die ausgehändigte Checkliste zur Existenzgründung ausfüllen und beim Antragsgegner einzureichen und sich spätestens am dritten Tag nach Erhalt des Stellenangebots auf Vermittlungsvorschläge zu bewerben. Sofern er die Checkliste bis zu diesem Zeitpunkt nicht eingereicht oder eine Fristverlängerung beantragt habe, habe er sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stellen, monatlich acht Bewerbungsbemühungen um sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse zu unternehmen und dem Antragsgegner jeweils am zweiten Werktag des Folgemonats Nachweise hierüber vorzulegen. Eine Beschränkung auf schriftliche Bewerbungen enthielt die Verpflichtung ni...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge