Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung der Pauschgebühr gegenüber der Kommune bei Streitsachen des Schwerbehindertenrechts
Leitsatz (amtlich)
1. Nach Auflösung der staatlichen Versorgungsverwaltung und Übertragung der Aufgaben des Schwerbehindertenrechts als Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung auf die Kreise und kreisfreien Städte durch das 2. Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 - Straffungsgesetz (GVBl NRW 2007, 482ff) werden auch für vor dem 1.1.2008 anhängig gewordene Verfahren Pauschgebühren nach § 184 SGG bei Erledigung der Streitsache nach dem 31.12.2007 fällig.
2. Auf eine Kostenfreiheit nach §§ 184 Abs 3 SGG, 2 Abs 1 GKG können kommunale Träger nicht berufen.
3. Für Streitverfahren nach dem Schwerbehindertenrecht kommt Gebührenfreiheit weder nach § 2 Abs 3 S 2 GKV iVm § 1 Abs 1 Nr 2 des Gerichtsgebührenbefreiungsgesetzes NRW in der ab 5.5.2005 geltenden Fassung (GVBl NRW 2005, 609) noch nach §§ 2 Abs 3 S 1 GKG, 64 Abs 3 S 2 SGB 10 in Betracht.
Orientierungssatz
1. Die Pauschgebühr des § 184 SGG wird fällig, sobald die Streitsache u. a. durch Vergleich erledigt ist. Findet vor Abschluss des Vergleichs durch die Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung im Schwerbehindertenrecht ein Beteiligtenwechsel vom beklagten Land zur Kommune statt, so ist die Kommune pauschgebührenpflichtig.
2. Die Kommune kann sich nicht auf die Gerichtskostenfreiheit nach § 2 Abs. 1 GKG berufen, weil sie nicht in diejenige des zuvor beklagten Landes eintritt.
Tenor
Die das Streitverfahren L 7 SB 129/06 betreffende Erinnerung gegen den Auszug aus dem Verzeichnis der Streitsachengebühren vom 28.02.2008 (L 432/02-1/08-62) wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Die Erinnerungsführerin wendet sich gegen die Festsetzung einer Pauschgebühr gem. § 184 Sozialgerichtsgesetz (SGG) für das Berufungsverfahren L 7 SB 129/06, in dem es um die Anerkennung des Klägers als Schwerbehinderter ging. Dieses Verfahren endete mit einem am 03.01.2008 durch den Kläger angenommenen Vergleichsvorschlag des Landes Nordrhein-Westfalen vom 26.11.2007. Mit Schreiben vom 14.01.2008 hat das Landessozialgericht die Beklagte darauf hingewiesen, dass sie infolge des mit dem 2. Gesetz zur Straffung der Behördenstruktur in Nordrhein-Westfalen vom 30.10.2007 - Straffungsgesetz - (Gesetzes- und Verordnungsblatt NW 2007, S. 482 ff.) geregelten Beteiligtenwechsels ab 01.01.2008 in die Beklagtenstellung eingetreten ist.
Gegen die Feststellung der Pauschgebühr in Höhe von 112,50 EUR (Auszug aus dem Verzeichnis der Streitsachengebühren vom 05.02.2008) richtet sich die am 13.02.2008 eingelegte Erinnerung.
Die Erinnerungsführerin macht geltend, sie sei nach dem o. g. Straffungsgesetz Rechtsnachfolgerin des beklagten Landes geworden, das nach § 184 Abs. 3 SGG i.V.m. § 2 Gerichtskostengesetz (GKG) von der Zahlung der Pauschgebühr nach § 184 Abs. 1 befreit gewesen sei. Als Rechtsnachfolgerin könne daher für die Stadt L als zuständiger kommunaler Träger - jedenfalls für die bislang anhängigen Klageverfahren, in denen das Land Nordrhein-Westfalen Beklagter gewesen sei - nichts anderes gelten. Als Rechtsnachfolgerin des vormals beklagten Landes Nordrhein-Westfalen sei sie ebenfalls von der Zahlung der Gerichtskosten befreit.
Der Erinnerungsgegner ist dagegen der Auffassung, die Beklagte sei - anders als das bisher beklagte Land Nordrhein-Westfalen - nicht gemäß § 184 Abs. 3 SGG i.V.m. §§ 2 Abs. 1 und Abs. 3 GKG von der Zahlung der Gebühr befreit.
II.
Die gemäß §§ 178, 189 Abs. 2 Satz 2 SGG statthafte Erinnerung ist zulässig. Sie ist insbesondere binnen eines Monats nach Mitteilung der vom Urkundsbeamten (UdG) getroffenen Feststellung der Gebührenschuld und damit fristgerecht eingelegt worden (vgl. § 189 Abs. 2 SGG).
Die Erinnerung ist jedoch unbegründet, weil die Festsetzung der Pauschgebühr sowohl dem Grunde nach als auch in Höhe von 112,50 EUR nicht zu beanstanden ist.
1. Die Pauschgebühr ist dem Grunde nach entstanden. Rechtsgrundlage für die Verpflichtung zur Zahlung der Pauschgebühr ist § 184 SGG. Sie entsteht danach, sobald die Streitsache rechtshängig geworden ist. Sie ist von den Beteiligten, die nicht zu den kostenrechtlich privilegierten Personen gehören (vgl § 183 SGG), unabhängig vom Ausgang des Verfahrens zu entrichten. Sie wird fällig, sobald die Streitsache u. a. durch Vergleich erledigt ist (§ 185 SGG), also hier mit Annahme des Vergleichsangebotes durch den Kläger am 03.01.2008.
Die Erinnerungsführerin ist nach Entstehen aber vor Fälligkeit des Anspruchs ab 01.01.2008 Beklagte dieses Rechtsstreites geworden. Denn das bis dahin beklagte Land Nordrhein-Westfalen ist im Bereich des Schwerbehindertenrechts (SGB IX) durch Artikel 1 Abschnitt I, §§ 1 und 2 des o. g. Straffungsgesetzes zum 01.01.2008 durch einen Beteiligtenwechsel kraft Gesetzes aus dem Verfahren ausgeschieden und durch die - hier örtlich zuständige - kreisfreie Stadt L ersetzt worden. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen die durch das o. g. Stra...