Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenfreiheit im sozialgerichtlichen Verfahren. Statusstreit
Leitsatz (redaktionell)
Zum Kreis der Versicherten i.S.v. § 183 SGG gehören auch Kläger, die ihre vom Versicherungsträger behauptete Versicherteneigenschaft im Ergebnis erfolgreich bestreiten.
Normenkette
SGG § 183 Sätze 1, 3, § 197a Abs. 1 S. 1
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 12. Oktober 2006 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Kläger und Beschwerdeführer wandte sich im Klageverfahren vor dem SG Düsseldorf dagegen, dass die Beklagte durch Bescheid festgestellt hatte, dass er als Geschäftsführer der N GmbH in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis stand und deshalb der Sozialversicherungspflicht in der Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlag. Das Verfahren wurde durch Anerkenntnis beendet, mit dem die Beklagte die streitgegenständlichen Bescheide aufhob.
Der Klägerbevollmächtigte hat beantragt, den Streitwert in Höhe von 7.913,40 EUR festzusetzen. Mit Beschluss vom 12.10.2006 hat das SG Düsseldorf diesen Antrag abgelehnt. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass es für die Zuordnung eines Klägers zum Kreis der Privilegierten gem. § 183 SGG nicht auf den Ausgang des Klageverfahrens ankomme, sondern auf die Umstände zum Zeitpunkt der Klageerhebung. Zu diesem Zeitpunkt habe der Kläger als Versicherter angesehen werden müssen. Gegen den am 26.10.2006 zugestellten Beschluss hat die Klägervertreterin am 23.11.2006 Beschwerde an das Landessozialgericht in Essen erhoben, der das SG nicht abgeholfen hat.
II.
Die gemäß § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgemäß eingelegte Beschwerde der Beklagten ist zulässig, jedoch nicht begründet. Das Sozialgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass § 183 SGG zur Anwendung kommt und nicht § 197a SGG.
Nach § 197a Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 SGG werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG) erhoben, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Nach § 183 Satz 1 SGG ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit kostenfrei für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, Behinderte oder deren Sonderrechtsnachfolger, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind (Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, B. v. 4.5.2007, L 3 B 8/07 U, juris).
Es trifft zwar zu, dass der Kläger nach dem Ergebnis des erstinstanzlichen Verfahrens rückschauend betrachtet aufgrund seiner Tätigkeit für die N GmbH nicht versicherungspflichtig war. Damit war der Kläger und Beschwerdeführer kosten- und gebührenrechtlich aber nicht von vornherein durchgehend aus dem Kreis der Versicherten ausgeschlossen. Denn dazu gehören neben denjenigen, deren Versicherteneigenschaft durch bestandskräftigen Bescheid festgestellt worden ist, bis zur Beendigung eines Streits über diesen Status auch solche Personen, die gegen den eine Versicherungspflicht feststellenden Bescheid (überdies ohne aufschiebende Wirkung, § 86a Abs 2 Nr 1 SGG) Widerspruch einlegen und ggf Klage erheben (vgl dazu Meyer-Ladewig/Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG Komm, 8. Aufl, § 183 RdNr 5). Eine solche Zugehörigkeit ordnet § 183 Satz 3 SGG ausdrücklich für Personen an, denen ein Versicherungsträger ihre Versicherteneigenschaft bestreitet: Den in Satz 1 genannten "Versicherten" werden solche Personen gleichgestellt, die es im Falle des Obsiegens wären. Das Gesetz behandelt damit auch diejenigen als Versicherte, die es nach dem - künftigen - Ergebnis des Rechtsstreits niemals gewesen sind. Für den - hier vorliegenden - umgekehrten Fall eines Klägers, der seine vom Versicherungsträger behauptete Versicherteneigenschaft (im Ergebnis erfolgreich) bestritten hat, gilt nichts anderes (so BSG U. 5.10.2006, B 10 LW 5/05 R, juris für die gleiche Rechtslage im Widerspruchsverfahren).
Die Regelung des § 183 Satz 3 SGG geht sinngemäß davon aus, dass Versicherter jedermann ist, dessen Versicherteneigenschaft ein Versicherungsträger (wenn auch noch nicht bestandskräftig) festgestellt hat. Mit diesem Inhalt ist § 183 SGG Ausdruck des allgemeinen Gedankens, dass über die Zugehörigkeit zu einem der in Satz 3 genannten Personenkreise nicht erst das Ergebnis des Streits über den Status als Versicherter entscheidet, sondern für die Zwecke des Kosten- und Gebührenrechts die konkret umstrittene Eigenschaft als "Versicherter", unabhängig davon, ob der jeweilige Kläger diesen Status erstrebt oder sich gegen eine entsprechende Feststellung wendet.
Dieses Ergebnis entspricht der Rechtsprechung der Landessozialgerichte (vgl. LSG Hamburg, Beschluss vom 28.06.2005 - L 3 B 138/05 R - ASR 2005, 133 und - ihm folgend - Sächsisches LSG, Beschlüsse vom 22.11.2005 - L 2 B 206 U und L 2 B 207/05 U-LW - juris) und auch dem Schrifttum (vgl. Klatt/Radke-Schwenzer, in: Plagemann (Hrsg.), Münchener Anwaltshandbuch Sozialrecht, 2. Aufl. 2005, ...