Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss von Unfallversicherungsschutz bei Unterbrechung der versicherten betrieblichen Tätigkeit. Arbeitsunfall. Innerer Zusammenhang. Spaziergang in der Arbeitspause. Besondere betriebliche Belastung. Gesetzliche Unfallversicherung. Dienstreise. sachlicher Zusammenhang. Handlungstendenz. Unterbrechung der versicherten betrieblichen Tätigkeit. Spaziergang in der Mittagspause
Orientierungssatz
Ein Spaziergang während einer Arbeitspause steht nur dann unter Versicherungsschutz, wenn der Versicherte aufgrund besonderer Belastungen durch die bisher verrichtete betriebliche Tätigkeit zur Durchführung des Spaziergangs veranlasst war, sich zu erholen und seine Arbeitsfähigkeit für die nachfolgende betriebliche Tätigkeit wiederherzustellen oder zu erhalten. Insoweit besteht eine Parallele etwa zur Aufnahme von Nahrung während der Arbeitspause.
Normenkette
SGB VII § 8 Abs. 1
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 24.04.2013 wird zurückgewiesen.
Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin (Kl) am 22.01.2008 einen Arbeitsunfall erlitten hat.
Die Kl absolvierte am Unfalltag eine mehrtägige berufliche Fortbildungsmaßnahme "Kenntnisvermittlung Englisch in Wirtschaft und Verwaltung" auf Einladung der Agentur für Arbeit im Handwerkszentrum in J. Während der Fortbildung bestand Unfallversicherungsschutz in der Verbandszuständigkeit der Beklagten (Bekl).
Am zweiten Schulungstag, dem 22.01.2008, stürzte die Kl gegen 12.30 Uhr in einer Grünanlage und zog sich hierbei eine handgelenksnahe Speichenfraktur rechts zu.
Ärztlich sind folgende Angaben der Kl zum Unfallhergang festgehalten: - bei Durchgangsarzt (D-Arzt) Dr. L am 22.01.2008: "In der Mittagspause (nicht BGlich versicherte Tätigkeit) auf einem Weg ausgerutscht und gefallen";
- bei D-Arzt Dr. E am 24.01.2008: "Sturz auf dem Weg in die Mittagspause in ein Café im Haus";
- im Klinikum P am 25.01.2008: "Wollte die im Haus befindliche Cafeteria aufsuchen, stürzte auf dem Weg dorthin".
Zum Unfallhergang schriftlich befragt, gab die Kl selbst am 16.05.2008 an, sie habe in der Mittagspause das Betriebsgelände verlassen, um frische Luft zu atmen. Der Unfallanzeige der Akademie V vom 19.02.2008 ist zu entnehmen, sie sei nach der Mittagspause auf dem Rückweg zum Seminarraum auf feuchtem Grund ausgerutscht.
Die Unfallkasse des Bundes und - nach Abgabe zuständigkeitshalber ab 09.05.2008 - sodann die Bekl führten die Heilbehandlung durch, ohne zunächst über das Vorliegen eines Arbeitsunfalls zu entscheiden. Unter dem 07.07.2009 beantragte die Kl bei bleibenden Funktionsstörungen und Schmerzen im rechten Handgelenk die Feststellung eines Grades der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE). Die Bekl schrieb nach medizinischen Ermittlungen die Kl am 23.08.2011 an, "bei der abschließenden Bearbeitung" sei aufgefallen, dass zu den Umständen des Sturzes der Kl unterschiedliche Informationen vorlägen. Die Kl erwiderte durch ihre Bevollmächtigten, sie habe in der Mittagspause die Seminarstätte mit der Zeugin L verlassen, um in der in der Nachbarschaft befindlichen Parkanlage ein wenig Luft zu schnappen. Auf dem Rückweg zum Seminarraum sei dann der Unfall passiert, so wie sie es auch angegeben habe.
Die Bekl beschied daraufhin die Kl, dass es sich bei dem Ereignis vom 22.01.2008 nicht um einen Arbeitsunfall gehandelt habe (Bescheid vom 12.10.2011). Ein Spaziergang in der Pause sei keine versicherte Tätigkeit.
Ihren Widerspruch vom 14.11.2011 begründete die Kl damit, dass der Aufenthalt außerhalb des Schulungsraums zur Fortsetzung der Betriebstätigkeit notwendig gewesen sei. In der Mittagspause habe der Schulungsraum verlassen werden müssen. In dem im Handwerkszentrum befindlichen öffentlichen Café sei damals noch geraucht worden, was bei ihr zu Kopfschmerzen führe. Zur Erhaltung ihrer Konzentrations- und Leistungsfähigkeit habe sie deshalb das Schulungsgebäude verlassen müssen.
Nach Zurückweisung ihres Widerspruchs durch Bescheid vom 15.02.2012 hat die Kl am 01.03.2012 Klage zum Sozialgericht Münster (SG) erhoben. Sie hat vorgetragen, das ihr übersandte Informationsblatt habe keine Mitteilung darüber enthalten, dass der Unfallversicherungsschutz für diese Maßnahme lückenhaft sein kann. Da es für sie unerwartet gewesen sei, dass in dem Café geraucht wurde, sei das Verlassen des Schulungszentrums "wegen plötzlicher, unvorhersehbarer Umstände" im Sinne der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 26.06.2011 (B 2 U 30/00 R) notwendig geworden, um ihre Leistungsfähigkeit zu erhalten.
Die Kl hat erstinstanzlich beantragt,
den Bescheid vom 12.10.2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.02.2012 aufzuheben und festzustellen, dass es sich bei dem Ereignis vom 22.01.2008 um einen Arbeitsunfall gehandelt hat.
Die Bekl hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 24.04.20...