Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzlicher Ausschluss der Bewilligung von Heimpflegekosten durch einstweiligen Rechtsschutz
Orientierungssatz
1. Bei der Bewilligung von Leistungen des Sozialhilfeträgers im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ist eine Glaubhaftmachung des erforderlichen Anordnungsgrundes erst dann zu bejahen, wenn es nach einer an den Umständen des Falles orientierten Interessenabwägung für den Betroffenen unzumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. In sog. Heimpflegefällen gilt ein Anordnungsgrund dann als glaubhaft gemacht, wenn aufgrund einer schon ausgesprochenen Kündigung des Heimplatzes wegen Zahlungsrückständen dessen Verlust ernstlich droht.
2. Eine Verpflichtung zur Erbringung vorläufiger Leistungen für die Zeit vor Einleitung des Eilrechtsschutzverfahrens ist nur ausnahmsweise unter besonderen Voraussetzungen zulässig.
3. Sind die laufenden Heimkosten auch zukünftig gedeckt, so kann regelmäßig die weitere Inanspruchnahme der Leistungen des Heimträgers für den betroffenen Pflegebedürftigen nicht als unzumutbar angesehen werden. Er kann seinerseits den Heimträger zulässigerweise auf das Ergebnis der abschließenden Klärung seines Leistungsanspruchs gegenüber dem Sozialhilfeträger verweisen. Dieser ist selbst für den Fall eines zwischenzeitlichen Versterbens des betroffenen Bewohners durch § 19 Abs. 6 SGB 12 geschützt.
4. Die bloße Ankündigung des Heimträgers, bei fehlendem Ausgleich des Zahlungsrückstandes Räumungsklage zu erheben, reicht infolgedessen zur Begründung eines Anordnungsgrundes nicht aus. Eine hinreichend konkrete Bedrohung des Heimplatzes ergibt sich daraus nicht.
Normenkette
SGG § 86b Abs. 2 S. 2; SGB XII § 19 Abs. 6, § 90; GG Art. 19 Abs. 4; WBVG § 12
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 12.09.2013 wird zurückgewiesen.
Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin in beiden Rechtszügen zur Hälfte.
Gründe
I.
Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Verpflichtung des Antragsgegners zur Übernahme ungedeckter Heimpflegekosten.
Die am 00.00.1934 geborene Antragstellerin ist seit 29.01.2013 zur vollstationären Pflege im Pflegeheim "Haus N" in L untergebracht. Vom Versorgungsamt wurde ihr ein Grad der Behinderung von 60 zuerkannt. Der Träger der Gesetzlichen Rentenversicherung zahlt der Antragstellerin abzüglich der Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung monatlich Alters- und Witwenrente i.H.v. insgesamt 670,86 EUR (Stand: 01.07.2013). Der Träger der Gesetzlichen Pflegeversicherung beteiligt sich an den Kosten der stationären Pflege mit Leistungen der Pflegestufe I nach Maßgabe der Vorschriften des Elften Buches Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung i.H.v. 1.023,00 EUR monatlich.
Die Antragstellerin war Eigentümerin eines mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks (C-Straße 00, C). Mit notariellem Vertrag vom 09.06.2008 übertrug sie dieses Grundstück auf ihre Tochter, wobei als Gegenleistung zu Gunsten der Antragstellerin ein lebenslängliches Wohnrecht, eine Versorgungs- und Pflegeverpflichtung der Tochter, die Pflicht zur Tragung der Beerdigungs- und Grabpflegekosten durch die Tochter sowie die Übernahme einer noch i.H.v. etwa 4.500,00 EUR valutierenden Grundschuld durch die Tochter vereinbart wurde. Mit notariellem Vertrag vom 15.09.2011 übertrug die Tochter der Antragstellerin wiederum das Grundstück zu einem Kaufpreis von 14.548,12 EUR an ihren Neffen, den Enkel der Antragstellerin. Ausweislich Ziff. V Nr. 2 dieses Vertrages war der Kaufgegenstand lastenfrei in Abteilung II des Grundbuchs zu übergeben. Ausweislich eines Auszuges des Grundbuchs von I wurde das in Abteilung II unter laufender Nr. 5 zu Gunsten der Antragstellerin eingetragene Altenteil am 08.11.2011 gelöscht.
Bereits am 14.01.2013 stellte die Antragstellerin bei dem Antragsgegner einen Antrag auf Übernahme der ungedeckten Heimpflegekosten. Diesen Antrag lehnte der Antragsgegner mit Bescheid vom 19.06.2013 ab, weil der Hilfegewährung verwertbares Vermögen oberhalb der Freigrenze i.H.v. 40.400,00 EUR entgegenstehe. Nach einer Stellungnahme des Gutachterausschusses für Grundstückswerte des Antragsgegners habe sich der Wert des Wohnrechts zum Zeitpunkt des Verzichts der Antragstellerin auf etwa 43.000,00 EUR belaufen. Sie könne die ungedeckten Heimpflegekosten (i.H.v. 987,82 EUR monatlich) damit selber tragen. Über den dagegen eingelegten Widerspruch der Antragstellerin wurde (nach Aktenlage) bislang von dem Antragsgegner noch nicht befunden.
Mit Schreiben vom 25.06.2013 kündigte das Pflegeheim den Heimvertrag zum 30.06.2013 fristlos, weil der Antragsgegner die offenen Heimkosten nicht decke. Außerdem nahm es am 27.06.2013 telefonisch Kontakt mit dem Ordnungsamt der Stadt L - Abteilung Obdachlosenwesen - auf. Mit weiterem an die Tochter der Antragstellerin gerichtetem Schreiben vom 24.07.2013 wiederholte das Pflegeheim nochmals seine Forderung au...