Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Bedarfsgemeinschaft. Hilfebedürftigkeit. nicht leibliches Kind. eheähnliche Gemeinschaft
Orientierungssatz
1. Die Regelung des § 9 Abs 2 S 2 SGB 2 begründet keine Einstandspflicht des mit dem Kind nicht verwandten Partners in der eheähnlichen Gemeinschaft.
2. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der Vorschrift des § 9 Abs 2 S 3 SGB 3. Die Regelung enthält lediglich eine Verteilungsregelung des Einkommensüberschusses in entsprechenden Fallkonstellationen.
3. Der Senat hat keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst b SGB 2.
4. Zum Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft iS von § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst b SGB 2.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 5. April 2005 geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller vom 31.01.2005 wird angeordnet, soweit die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II für den Antragsteller zu 4) betroffen sind. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Antragsgegnerin trägt 1/5 der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.
Gründe
Die Antragsteller (Ast) zu 1) bis 5) begehren im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 24.01.2005.
Die im Jahre 1976 geborene Ast zu 1) ist Mutter der bei ihr unter der gleichen Adresse lebenden Ast zu 2) bis 5). Leiblicher Vater der Ast zu 2), 3) und 5), die in den Jahren 1995, 1997 und 2002 geboren und - im Falle der Ast zu 2) und 3) - die Sprachenschule besuchen, ist der im Jahre 1970 geborene T. D. Vater des Ast zu 4) (geb. 1999) ist B M, dessen Geburtsdatum und Anschrift nach Angaben der Ast zu 1) ihr nicht bekannt sind. Bis zum Ende des Jahres 2004 erhielten die Ast laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG.
Am 15.10.2004 beantragten die Ast bei der Ag die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Als unterhaltspflichtige Angehörige außerhalb der Haushaltsgemeinschaft gab die Ast zu 1) T. D., ihre Mutter K. X. (wohnhaft: L. ., E.) sowie ihren Vater (wohnhaft: Am T. ., N.) an. Sie führte aus, sie beziehe Kindergeld in Höhe von 642,00 Euro. Die Ag bewilligte den Ast zu 1) bis 5) für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.04.2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II einschließlich der Leistungen für Unterkunft und Heizung i.H.v. insgesamt 1509,83 Euro monatlich (Bescheid vom 13.12.2004).
Nach einem Vermerk der Ag vom 17.01.2004 teilte PK C. von der Polizeiinspektion Süd mit, dass T. D. seit vier Jahren mit der Ast zu 1) in eheähnlicher Gemeinschaft in der D.-Straße . lebe. Als Wohnort angegeben sei für ihn die Adresse L. . (bei X.), wo er sich aber eindeutig nicht aufhalte. Es gebe bei der Polizei Zeugenaussagen (u.a. wegen Betrügereien, Schlägereien und Ruhestörungen), die besagten, dass Herr D. seit vier Jahren bei den Ast wohne und dort im Jahre 2001 mit eingezogen sei.
Nach einem Besuch des Außendienstes (Herr S.) aufgrund einer Anzeige von Hausmitbewohnern am 21.01.2005 hob die Ag mit Bescheid vom 24.01.2005 die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts mit Wirkung vom 01.01.2005 in vollem Umfang mit der Begründung auf, die Hilfebedürftigkeit der Ast zu 1) sei wegen des Zusammenlebens mit Herrn D in eheähnlicher Gemeinschaft entfallen. Die bereits für die Zeit vom 01.01.2005 bis 28.02.2005 geleisteten Zahlungen würden zurückgefordert und seien gemäß § 50 SGB X zu erstatten.
Mit ihrem Widerspruch vom 31.01.2005 machte die Ast geltend, sie lebe nicht mit Herrn D. zusammen. Er sei auch noch nie bei ihr gemeldet gewesen. Er besuche seine Kinder regelmäßig. Da sie kein Auto besitze, habe er sie gelegentlich zum Einkaufen oder zum Arzt gefahren. Wenn sie in Behandlung sei, passe er auf ihre Kinder auf. Als der Ast zu 3) am 11.01.2005 einen schweren Unfall erlitten habe, sei er öfter als sonst gekommen, weil sie den Jungen nicht allein die Treppen habe heruntertragen können.
Am 01.03.2005 haben die Ast zu 1) bis 5) einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf gestellt und ausgeführt, die Auffassung der Ag, die Ast zu 1) lebe mit Herrn T. D. in eheähnlicher Gemeinschaft, sei unzutreffend. Dieser halte sich lediglich mehrfach in der Woche bei ihr auf, um seine Kinder zu sehen.
Das SG hat mit Beschluss vom 05.04.2005 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Ast vom 31.01.2005 gegen den Bescheid der Ag vom 24.01.2005 angeordnet und ausgeführt, die Voraussetzungen für die Aufhebung des Bewilligungsbescheides vom 13.12.2004 nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz - (SGB X) lägen nicht vor, weil nach dem Vortrag der Ag die angebliche "eheähnliche Lebensgemeinschaft" der Ast zu 1) mit Herrn D. schon...