Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollstreckung einer einstweiligen Anordnung
Orientierungssatz
1. Alle gerichtlichen Entscheidungen stellen nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 SGG Vollstreckungstitel dar, wenn sie keine aufschiebende Wirkung haben. Danach sind auch einstweilige Anordnungen nach § 86 b Abs. 2 SGG Vollstreckungstitel.
2. Nach § 199 Abs. 2 SGG kann die Vollstreckung durch einstweilige Anordnung ausgesetzt werden. Bei dieser Ermessensentscheidung hat eine Interessenabwägung zu erfolgen. Die Einstellung der Vollstreckung erfolgt, wenn der Vollstreckungsschuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil erleiden würde und ein überwiegendes Interesse des Gläubigers nicht entgegensteht.
3. Ist Gegenstand der Leistung eine ambulante Blutwäschebehandlung zur Absenkung des Lipoproteinwertes bei bestehender koronarer Mehrgefäßerkrankung und sind die Erfolgsaussichten der Behandlung nicht überschaubar, so sind die betroffenen Interessen des Versicherten unter Berücksichtigung ihrer Bedeutung und Dringlichkeit sowie der Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer etwaigen späteren Rückgängigmachung des Anspruchs abzuwägen. Ist umstritten, ob eine Progredienz der Erkrankung droht, so sind wegen der lebensbedrohlichen Auswirkungen die finanziellen Interessen der Krankenkasse nachrangig.
Tenor
Der Antrag, die Vollstreckung der einstweiligen Anordnung des Sozialgerichts Duisburg (S 7 KR 626/11) auszusetzen, hilfsweise, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in vom Gericht festzusetzender Höhe auszusetzen, wird mit der Maßgabe abgelehnt, dass der Antragsteller binnen einer Frist von sechs Wochen ab Zugang dieses Beschlusses Klage in der Hauptsache erhebt. Unterbleibt dies, wird die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 EUR durch selbstschuldnerische Bürgschaft ausgesetzt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Kostenübernahme für eine ambulante Blutwäschebehandlung (LDL-Apherese) zur Absenkung des Lipoprotein (Lp) (a) Wertes durch die Antragsgegnerin, bei der er gesetzlich krankenversichert ist.
Der am 00.00.1972 geborene Antragsteller leidet an Hypercholesterinämie und einer dadurch bedingten mittelgradigen koronaren Mehrgefäßerkrankung mit Zustand nach Dilation und Stent-lmplantation des RIVA-Gefäßes bei ursprünglich 90%-iger Stenose sowie an einer linksventrikulären Fehlfunktion mit funktioneller Herzleistungsstörung und arterieller Hypertonie. Im Rahmen einer stationären Behandlung im K Klinikum O, bei der eine Herzkathederuntersuchung und die Stent-lmplantation durchgeführt wurde, wurde eine starke Lp (a)-Erhöhung von bis zu 131,6 mg/dl (Normwert ( 30 mg/dl) festgestellt (vgl. Herzkatheterbericht vom 20.05.2011 und Arztbericht des K Klinikums O vom 20.05.2011) festgestellt. Bei einer Progredienz der Erkrankung müsse mangels einer effektiven medikamentösen Therapie mittelfristig eine Lipidapherese in Betracht gezogen werden. Die Einholung eines lipidologischen Gutachtens wurde empfohlen. In ihrer lipidologischen Stellungnahme vom 01.06.2011 empfahl Dr. K eine medikamentöse Behandlung mit Tredaptive®, durch die eine Lp (a)-Reduktion möglicherweise zu erwarten sei, die jedoch bei der Ausgangslage nicht so stark sein werde, wie es zur Prophylaxe der weiteren Progredienz der nachgewiesenen koronarsklerotischen Veränderungen notwendig sei. Unter Berücksichtigung des noch jugendlichen Alters des Antragstellers und der "Risikosituation, die durch ein erhöhtes Lp (a) hervorgerufen werde, sei eine Lipidapherese zur Senkung der Werte dringend angezeigt.
Die Anwendung des Medikaments Tredaptive® führte zwar zu einer Senkung des Lp (a)-Wertes auf 89 mg/dl, musste jedoch am 12.07.2011 abgesetzt werden, da es zu allergischen Reaktionen ("massiver Juckreiz") bei dem Antragsteller gekommen war (vgl. ärztliches Attest vom 02.09.2011).
Unter Vorlage der Stellungnahmen von Dr. K sowie des o.a. Arztberichtes des K Klinikums O vom 18.05. und 20.05.2011 beantragte der Antragsteller im Juni 2011 bei der Antragsgegnerin die Kostenübernahme einer LDL-Eliminationsbehandlung. Die Antragsgegnerin holte daraufhin eine Stellungnahme der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein vom 02.08.2011 ein, die mitteilte, die Mitglieder der "Beratungskommission LDL-Apherese" stimmten nach Durchsicht der Antragsunterlagen der Antragstellerin der LDL-Eleminationsbehandlung nicht zu. Die vorgelegten Unterlagen wiesen nicht ausreichend die Progression der Erkrankung nach, sodass eine Indikation nicht bestehe. Auf Grundlage dieser medizinischen Einschätzung lehnte die Antragsgegnerin den Antrag am 08.08.2011 ab. Der Antragsteller erhob hiergegen unter dem 06.09.2011 Widerspruch und wies darauf hin, dass trotz fortlaufender ärztlicher Behandlung sein Lp (a)-Wert lediglich auf 89 mg/dl habe abgesenkt werden können. Damit sei eine Behandlungsindikation gegeben, da diese nach § 3 Abs. 3.1 der Richtlinien Methoden vertragsärztliche Versorgung des Gemeinsamen Bundesausschu...