Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss der Beschwerde bei Versagung von Prozesskostenhilfe wegen Verneinung der persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen

 

Orientierungssatz

1. Mit der Einführung der Vorschrift des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG hat der Gesetzgeber eine Entlastung der Landessozialgerichte bezweckt und die Beschwerdemöglichkeit bei PKH-Entscheidungen nur noch vorgesehen, wenn das Sozialgericht die Erfolgsaussichten in der Hauptsache verneint hat.

2. An einer solchen Entscheidung über die Erfolgsaussichten in der Hauptsache fehlt es, wenn das Sozialgericht allein wegen Nichtglaubhaftmachung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Anwendung der Vorschrift des § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO den PKH-Antrag abgelehnt hat.

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 28.10.2011 wird als unzulässig verworfen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

Die Antragstellerin hat im Wege der einstweiligen Anordnung die Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch des Sozialgesetzbuches - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) begehrt.

Das angerufene Sozialgericht Köln hat mit Beschluss vom 28.10.2011 Prozesskostenhilfe mangels Nachweises der wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin abgelehnt. Hiergegen hat die Antragstellerin am 17.11.2011 Beschwerde eingelegt und Prozesskostenhilfe auch für das Beschwerdeverfahren beantragt.

Die Beschwerde gegen die Versagung der Prozesskostenhilfe ist unzulässig.

Nach § 172 Abs. 3 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der ab dem 01.04.2008 geltenden Fassung des Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26.03.2008 (BGBl. I, 444) ist die Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozesskostenhilfe ausgeschlossen, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Prozesskostenhilfe verneint hat. Auch die Ablehnung der Prozesskostenhilfe nach § 73a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 118 Abs. 2 S. 4 Zivilprozessordnung (ZPO) unterfällt dieser Regelung (vgl. Beschl. des Senats v. 26.03.2010 - L 19 B 398/09 AS; Beschl. des Senats v. 04.02.2009 - L 19 B 28/09 AS; LSG NW Beschl. v. 09.12.2008 - L 6 B 34/08 SB; LSG NW Beschl. v. 17.09.2008 - L 20 B 113/08 AS; LSG Sachsen Beschl. v. 06.08.2009 - L 3 AS 375/09 B; LSG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 24.03.2009 - L 5 B 2025/08 AS; LSG Baden-Württemberg Beschl. v. 13.01.2009 - L 11 KR 5759/08 PKH-B; a.A. LSG Berlin-Brandenburg Beschl. v. 21.08.2008 - L 3 B 548/08 U PKH). Mit der Einführung der Bestimmung des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG hat der Gesetzgeber eine Entlastung der Landessozialgerichte bezweckt und die Beschwerdemöglichkeit bei Prozesskostenhilfeentscheidungen nur noch vorgesehen, wenn das Sozialgericht die Erfolgsaussichten in der Hauptsache verneint hat (BT-Drucks. 16/7716, S. 22 zu Nr. 29 Buchst. B Nr. 2). An einer solchen Entscheidung über die Erfolgsaussichten in der Hauptasche fehlt es jedoch, wenn das Sozialgericht allein wegen Nichtglaubhaftmachung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse in Anwendung der Bestimmung des § 118 Abs. 2 S. 4 ZPO den Antrag ablehnt.

Nach der Begründung des angefochtenen Beschlusses hat das Sozialgericht Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil die Antragstellerin weder zum Zeitpunkt der Erledigung des Antrags auf Erlass der einstweiligen Anordnung noch zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag eine vollständige Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse dem Gericht vorgelegt hat. Damit hat das Sozialgericht aber keine Prüfung der Erfolgsaussicht nach § 114 ZPO vorgenommen, sondern den Antrag wegen Nichtglaubhaftmachung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - fehlende Vorlage einer vollständigen Erklärung nach § 117 Abs. 2 ZPO - abgelehnt.

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Antragstellerin nun im Beschwerdeverfahren unter Verweis auf § 127 Abs. 2 ZPO ausführt, die sofortige Beschwerde sei statthaft, so ist diese für das sozialgerichtliche Verfahren nicht maßgeblich. Es gilt die Vorschrift des § 172 Abs. 3 Nr. 2 SGG als lex specialis.

Die Nichterstattungsfähigkeit der Kosten des Beschwerdeverfahrens folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 127 Abs. 4 ZPO.

Nach alledem liegen auch die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 ZPO) im Beschwerdeverfahren nicht vor.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI2939630

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