Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung der aufschiebenden Wirkung gegen einen Betriebsprüfungsbescheid des Rentenversicherungsträgers
Orientierungssatz
1. Bei Beitragsbescheiden der Versicherungsträger wird das Vollzugsrisiko nach § 86 a Abs. 2 Nr. 1 SGG grundsätzlich auf den Adressaten verlagert. Deshalb können nur solche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides ein überwiegendes Aufschubinteresse begründen, die einen Erfolg des Rechtsbehelfs überwiegend wahrscheinlich erscheinen lassen.
2. Ist bei einer beruflichen Tätigkeit ein unternehmerisches Risiko, dem unternehmerische Chancen gegenüberstehen, nicht ersichtlich und erfolgen die geleisteten Zahlungen nur mit geringen Abweichungen regelmäßig monatlich, so ist davon auszugehen, dass die geleistete Tätigkeit nicht auftragsbezogen nach Aufwand erfolgte. Bei der im einstweiligen Rechtsschutz gebotenen summarischen Betrachtungsweise ist in einem solchen Fall von einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis auszugehen.
3. Die mit der Vollziehung eines Beitragsbescheides für den Antragsteller verbundenen wirtschaftlichen Konsequenzen führen nicht zur Annahme einer unbilligen Härte. Eine solche ist nur dann denkbar, wenn es dem Antragsteller gelingt, darzustellen, dass das Beitreiben der Forderung die Insolvenz seines Geschäftsbetriebes und damit den Entzug seiner Geschäftsgrundlage zur Folge hätte, die Durchsetzbarkeit der Forderung bei einem Abwarten der Hauptsache aber nicht weiter gefährdet wäre als zurzeit.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 14.3.2011 geändert. Der Antrag des Antragstellers, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs vom 1.10.2010 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.9.2010 anzuordnen, wird abgelehnt. Der Antragsteller trägt die Kosten des gesamten Verfahrens. Der Streitwert wird, auch für das Beschwerdeverfahren, auf 21.533,67 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs vom 1.10.2010 gegen den Betriebsprüfungsbescheid der Antragsgegnerin vom 20.09.2010 gem. § 86 b Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Der Antragsteller betreibt als Bilanzbuchhalter ein Kontierungsbüro in X. Er lebt nach seinen Angaben mit seiner Lebensgefährtin F N seit 1999 in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, aus welcher zwei Kinder, der am 00.00.2001 geborene Sohn O N und der am 00.00.2004 geborene Sohn N N, hervorgegangen sind. In der Zeit vom 1.1.2003 bis zum 30.9.2009 stellte die Lebensgefährtin des Antragstellers diesem regelmäßig monatliche Rechnungen i.H.v. 1.000,00 EUR netto zzgl. Umsatzsteuer für Bürodienstleistungen aus. Die Honorare wurden bei dem Buchhaltungsbüro H auf dem Konto "000, Fremdleistungen" verbucht. Seit dem Monat Februar 2005 wurde die Lebensgefährtin des Antragsteller daneben im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses als Bürokraft mit einem Bruttogehalt von 410,00 EUR monatlich geführt und von dem Antragsteller angemeldet. Die Gehälter wurden bei dem Buchhaltungsbüro H auf dem Konto "000, Gehälter" verbucht.
Mit Schreiben vom 5.1.2009 teilte das Finanzamt X den buchhalterischen Sachverhalt der Antragsgegnerin mit. Zudem führte es aus, dem Lohnordner für die Lebensgefährtin des Antragstellers habe die Kopie einer schriftlichen Anfrage der Antragsgegnerin beigelegen, auf welcher der Antragsteller die Frage nach freien Mitarbeitern und Honorarkräften mit "nein" beantwortet habe.
Mit Anhörungsschreiben vom 12.5.2010 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, dass beabsichtigt sei, aufgrund einer am 29.3.2010 durchgeführten Betriebsprüfung für die Zeit vom 01.01.2003 bis 31.12.2009 Nachforderungen zur Sozialversicherung i.H.v. 86.134,41 EUR zu erheben. In dieser Nachforderung seien Säumniszuschläge i.H.v. 27.043,00 EUR enthalten. Die Antragsgegnerin gehe davon aus, dass es sich bei der Tätigkeit der Lebensgefährtin des Antragstellers in der Zeit vom 1.1.2003 bis zum 30.9.2009 um eine abhängige Beschäftigung gehandelt habe, auf deren Entgelt in vollem Umfang Sozialversicherungsbeiträge zu leisten seien. Dem Entgelt seien auch die auf dem Konto 000 Fremdleistungen gebuchten Beträge zuzurechnen. Die Beitragsforderung sei überdies nicht verjährt, da die Beiträge mit bedingtem Vorsatz vorenthalten worden seien. Dies ergebe sich daraus, dass der Antragsteller im Fragebogen der Deutschen Rentenversicherung eine falsche Aussage zu den vorhandenen Beschäftigungsverhältnissen gemacht habe.
Auf die Anhörung der Antragsgegnerin verwahrte der Antragsteller sich mit Schriftsatz vom 11.9.2010 dagegen, vorsätzlich "irgendwelche Sozialversicherungsbeiträge vorenthalten" zu haben. Seine Lebensgefährtin habe (lediglich) in einem Umfang von weniger als zwei Arbeitsstunden täglich die anfallenden Schreibarbeiten ausgeführt. Für ihn habe es keinen Unterschied gemacht, ob er die diesbezüglichen Diktatbänder zu einem externen Schreibbüro gebe oder aber durch seine Lebensgefährtin f...