Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung von Leistungen der Grundsicherung wegen fehlender Mitwirkung des Hilfebedürftigen bei der Ermittlung des zu berücksichtigenden Einkommens
Orientierungssatz
1. Kommt derjenige, der eine Sozialleistung beantragt oder erhält, seinen Mitwirkungspflichten gemäß §§ 60 bis 62, 65 SGB 1 nicht nach, so kann der Leistungsträger die Leistung bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise nach § 66 Abs. 1 SGB 1 versagen oder entziehen, soweit die Voraussetzungen der Leistung nicht nachgewiesen sind.
2. Die Rechtsfolge einer fehlenden Mitwirkung steht nach § 66 Abs. 1 S. 1 SGB 1 im Ermessen der Behörde.
3. Kontoauszüge allein sind nicht ausreichend zur Ermittlung der zu berücksichtigenden Einnahmen eines selbständigen Hilfebedürftigen. Die Anforderung der Aufstellung der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben sowie der diesbezüglichen Nachweise dient dazu, dem Grundsicherungsträger eine ausreichende Grundlage für die Ermittlung der zu erwartenden Einkünfte zu geben.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 11.11.2015 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen einen Versagungsbescheid.
Der Kläger war als Energieberater (BAFA) und Effizienzhaus-Experte (dena) selbständig tätig. Für die Bewilligungszeiträume vom 01.09.2011 bis 29.02.2012 und vom 01.03.2012 bis 31.08.2012 wurden ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II vorläufig bewilligt. Die Leistungsbewilligung erfolgte vorläufig, weil der Kläger Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit erzielte, deren Höhe bei Antragstellung noch nicht feststand.
Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 17.07.2012 auf den Ablauf des Bewilligungszeitraums am 31.08.2012 hin. Er habe vor Ablauf des Bewilligungszeitraumes einen Weiterbewilligungsantrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II zu stellen. Von dem Kläger seien dabei u.a. die Anlage EKS für den Zeitraum vom 01.09.2012 bis zum 28.02.2013 sowie auch die abschließenden Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für den Zeitraum 01.09.2011 bis zum 29.02.2012 beizubringen. Die Angaben und Belege für den Zeitraum 01.09.2011 bis 29.02.2012 würden zur Feststellung und Beurteilung des laufenden Leistungsanspruchs benötigt.
Am 20.08.2012 beantragte der Kläger die Weiterbewilligung der Leistungen. Er fügte u.a. Angaben zum voraussichtlichen Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für die Zeit von September 2012 bis Februar 2013 bei. Daraus ergaben sich Betriebseinnahmen in Höhe von 1.600,00 EUR sowie Betriebsausgaben in Höhe von 990,00 EUR. Angaben zu dem Zeitraum 01.09.2011 bis 29.02.2012 machte der Kläger nicht.
Mit Schreiben vom 27.08.2012 hörte die Beklagte den Kläger zu einer beabsichtigten Versagung der Leistungen ab dem 01.09.2012 an. Für den Zeitraum 01.09.2011 bis 29.02.2012 seien die von ihm "gemachten Angaben" zu seinen Einnahmen und Ausgaben im Rahmen der selbständigen Tätigkeit "nicht in geeigneter Weise" belegt worden. Das öffentliche Interesse, feststellen zu können, in welcher Höhe die vorläufig gewährten Leistungen endgültig festzusetzen seien und ob ihm auch laufend Leistungen zustünden, sei höher zu bewerten als das Interesse des Klägers daran, die gemachten Angaben nicht in geeigneter Weise zu belegen. Die Beklagte räumte dem Kläger zur Einreichung der Unterlagen eine Frist bis zum 10.09.2012 ein. Ferner wies sie den Kläger darauf hin, dass sie für den Fall, dass der Kläger seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkomme, berechtigt sei, ohne weitere Ermittlungen die Leistungen bis zur Nachholung der Mitwirkung ganz oder teilweise zu versagen oder zu entziehen, soweit die Voraussetzungen des Leistungsanspruchs nicht nachgewiesen seien.
Der Kläger teilte mit Schreiben vom 30.08.2012 mit, eine Ablehnung oder Versagung von Leistungen aufgrund fehlender Angaben zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit für den Zeitraum 01.09.2011 bis 29.02.2012 sei aus seiner Sicht nicht zulässig. Es seien keine Umstände ersichtlich, die ein Absehen von einer vorläufigen Leistungsgewährung rechtfertigen würden. Der Einkommenssteuerbescheid 2011 liege vor. Aus diesem ergebe sich, dass er im Jahr 2011 keinerlei Einkommen erzielt habe. Auch die Auszüge des Privat- und Geschäftskontos von Januar 2012 und Februar 2012 hätten vorgelegen.
Mit Bescheid vom 12.09.2012 versagte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit ab dem 01.09.2012. Der Kläger sei aufgefordert worden, eine abschließende Erklärung zu seinem Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit für die Zeit vom 01.09.2011 bis 29.02.2012 einzureichen. Dieser Aufforderung sei er nicht nachgekommen. Zu der beabsichtigten Versagung sei er mit Schreiben vom 27.08.2012 angehört worden. Die geforderten Angaben würden zur abschließenden Berechnung der vorangegangenen Zeiträ...