Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. kieferorthopädische Behandlung. Erwachsener. Leistungsausschluss nach § 28 Abs 2 S 6 SGB 5
Orientierungssatz
Der gesetzliche Leistungsausschluss nach § 28 Abs 2 S 6 SGB 5 gilt unabhängig von den Gründen, die im konkreten Fall zu einer Behandlungsnotwendigkeit im Erwachsenenalter geführt haben.
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung einer kieferorthopädischen Behandlung.
Die 1969 geborene Klägerin war bis 31.12.2000 Mitglied der Barmer Ersatzkasse (BEK), seit dem 01.01.2001 ist sie Mitglied der Beklagten.
Die Klägerin hatte im Oktober 2000 bei der BEK u.a. um Überprüfung der Möglichkeit einer Bewilligung einer kieferorthopädischen Behandlung gebeten, wobei sie darauf hingewiesen hatte, eine begonnene kieferorthopädische Behandlung sei im Alter von 13 Jahren wegen der "Straftat eines Lehrers im schulischen Bereich" abgebrochen worden. Die BEK hatte der Klägerin daraufhin mit Schreiben vom 03.11.2000 mitgeteilt, eine kieferorthopädische Behandlung von Erwachsenen sehe das Gesetz nicht vor. Daraufhin hatte die Klägerin in einer am 01.03.2001 wegen mehrerer Ansprüche erhobenen Klage u.a. die Gewährung einer kieferorthopädischen Behandlung beantragt. Nach Erlass eines Widerspruchsbescheides (vom 10.12.2001) und der Mitteilung der Beklagten, dass die Mitgliedschaft der Klägerin am 31.12.2000 geendet habe, wies das Gericht die Klägerin darauf hin, dass die Zuständigkeit der BEK für künftige Leistungen nicht mehr gegeben sei.
Die Klägerin beantragte daraufhin am 27.02.2002 bei der Beklagten die Gewährung einer kieferorthopädischen Behandlung. Auf Aufforderung der Beklagten übersandte sie einen privatärztlichen Heil- und Kostenplan von Prof. Dr. D (Direktor der Poliklinik für Kieferorthopädie - ... Universität D -) vom 12.06.2002. Der Plan sieht nur kieferorthopädische Behandlungsmaßnahmen vor, ergänzend heisst es in dem Plan, gegebenenfalls sei eine chirurgische unterstützende Behandlung notwendig. Auf Nachfrage der Beklagten bestätigte der Arzt, eine kieferchirurgische Behandlung sei nicht von vornherein geplant.
Mit Bescheid vom 24.06.2002 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da nach der Mitteilung der Kieferklinik keine Ausnahmeindikation für eine Behandlung nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorliege. Ihren Widerspruch begründete die Klägerin wie zuvor im Klageverfahren gegen die BEK damit, die kieferorthopädische Behandlung sei Teil der Rehabilitation für die im Kinder- und Jugendalter erlittenen Schädigungen. Der Grund für die kieferorthopädische Behandlung im Erwachsenenalter sei darin zu sehen, dass es im Rahmen "therapeutischer Versuche" im Kindheits- und Jugendalter zu einer "wiederholten Zerstörung der Persönlichkeit" und einer "verhinderten Persönlichkeitsentwicklung" gekommen sei. Ferner sei eine im Jugendalter begonnene kieferorthopädische Behandlung wegen der Auswirkungen der Straftat eines Klassenlehrers abgebrochen worden und habe im Jugendalter nicht wieder aufgenommen werden können. Als junge Erwachsene sei sie dann durch eine Zahnärztin fehlbehandelt worden, die sie mit angesichts der Zahnfehlstellung völlig kontraindizierten Zahnkronen versorgt habe. Ferner wies die Klägerin auf die aus der Zahnfehlstellung folgende seelische Belastung hin, die sie in besonderem Maße treffe. Mit Widerspruchsbescheid vom 01.08.2002 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Die Klägerin hat gegen die Beklagte am 05.08.2002 Klage erhoben, die gegen die BEK erhobene Klage hat sie am 14.11.2002 zurückgenommen. Sie hat den im Verfahren gegen die BEK gemachten Vortrag zum Gegenstand des Verfahrens gegen die Beklagte gemacht und betont, die Pflicht zur Kostenübernahme ergebe sich aus dem Gesichtspunkt der Aufopferung, um den im Rahmen früherer therapeutischer Versuche verursachten Schaden auszugleichen.
Mit Urteil vom 23.05.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es hat einen Leistungsanspruch der Klägerin verneint, weil ein Ausnahmefall, für den das Gesetz eine kieferorthopädische Behandlung ausnahmsweise auch bei Erwachsenen vorsehe, nicht vorliege.
Gegen das ihr am 02.06.2003 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 26.06.2003 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie erneut vor: Da im Kindesalter eine von der gesetzlichen Krankenversicherung finanzierte "experimentelle" Behandlung durchgeführt worden sei, die darauf angelegt gewesen sei, ihre körperliche und seelische Integrität und Leistungsfähigkeit dauerhaft zu zerstören, müsse die Krankenkasse auch für sämtliche behandlungsbedingt, bewusst und billigend in Kauf genommenen Folgeschäden uneingeschränkt geradestehen. Ferner sei "der" Krankenkasse vorzuwerfen, dass sie sie über die mit der Fehlstellung der Zähne einhergehende Gefahrenlage und die zu erwartenden Folgeschäden nicht aufgeklärt habe. Zudem sei die weitere Schadensentwicklung durch den Einsatz kontraindizierter Zahnkronen gezielt gefördert worden, wobei diese...