Entscheidungsstichwort (Thema)

Kinderzuschlag zum Kindergeld

 

Orientierungssatz

Die Anspruchsvoraussetzung des § 6a Abs. 1 Nr. 3 BKGG für den Kinderzuschlag zum Kindergeld, dass durch dessen Bezug Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB 2 vermieden wird, kann auch beim Bezug von Wohngeld - und mit diesem zusammen - erfüllt werden, da in diesem Zusammenhang die beiden Leistungen sich nicht ausschließen und das Wohngeld bei der Prüfung der Vermeidung der Bedürftigkeit zu berücksichtigen ist, weil es ebenfalls zur Sicherung des Lebensunterhalts zur Verfügung steht.

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 22.01.2008 geändert. Dem Kläger wird unter Beiordnung von Rechtsanwältin I Prozesskostenhilfe ab dem 07.01.2008 bewilligt.

 

Gründe

Die Beklagte lehnte mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 09.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.10.2007 die Bewilligung von Kinderzuschlag ab August 2007 ab, weil der Kläger und seine Ehefrau, die Eltern von fünf Kindern sind, nach ihrem anrechenbaren Einkommen die erforderliche Mindesteinkommensgrenze nicht erreichten.

Der Kläger hat am 03.12.2007 Klage erhoben, mit der er geltend gemacht hat, der Berechnung müsse sein Nettoeinkommen zugrunde gelegt werden.

Mit Beschluss vom 22.01.2008 hat das Sozialgericht (SG) Münster die Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt, weil die Gewährung des Kinderzuschlags die Hilfebedürftigkeit der Familie nicht vermeiden könne.

Die dagegen gerichtete Beschwerde, der das SG nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 29.01.2008), ist zulässig und begründet.

Die Klage bietet hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 73a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO). Für den Zeitraum ab August 2007 bis Oktober 2007 einschließlich, auf den sich die Ablehnungsentscheidung beschränkt, nachdem die Beklagte ab November 2007 Kinderzuschlag bewilligt hat (Bescheid vom 21.12.2007), kann der Anspruch auf Kinderzuschlag erfüllt sein.

Nach § 6a Abs. 1 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) erhalten Personen nach diesem Gesetz für die in ihrem Haushalt lebenden Kinder, die noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, einen Kinderzuschlag, wenn sie für diese Kinder nach diesem Gesetz oder nach dem X. Abschnitt des Einkommensteuergesetzes Anspruch auf Kindergeld oder Anspruch auf andere Leistungen im Sinne von § 4 haben (Nr. 1), sie mit Ausnahme des Wohngeldes über Einkommen oder Vermögen im Sinne der §§ 11, 12 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) mindestens in Höhe des nach Abs. 4 Satz 1 für sie maßgebenden Betrages und höchstens in Höhe der Summe aus diesem Betrag und dem Gesamtkinderzuschlag nach Abs. 2 verfügen (Nr. 2) und durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 SGB II vermieden wird (Nr. 3). Entgegen der Auffassung der Beklagten wird die Mindesteinkommensgrenze nach Nr. 2 durch das Einkommen des Klägers und seiner Ehefrau erreicht. Zutreffend hat die Beklagte allerdings entgegen der Ansicht des Klägers das anrechenbare Einkommen im Sinne des § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG berechnet. Diese Vorschrift stellt nicht auf das Nettoentgelt, sondern auf das Einkommen nach dem SGB II ab. Dies entspricht dem Gesetzeszweck. Der Kinderzuschlag soll vermeiden, dass allein aufgrund der Unterhaltsbelastung für ihre Kinder Eltern Arbeitslosengeld II und Sozialgeld in Anspruch nehmen müssen (vgl. BT Drs. 15/1516 S. 83; Felix, Kindergeldrecht, BKGG § 6a Rn 1). Maßgeblich muss daher die Einkommensberechnung im Sinne des SGB II sein, weil allein das Nettoeinkommen für die Bedürftigkeit nach dem SGB II nicht maßgeblich ist.

Das Einkommen des Klägers im Sinne des § 11 SGB II belief sich im Zeitraum von August bis Oktober 2007 auf 625,70 EUR. Von seinem Bruttolohn in Höhe von 1080,- EUR sind Steuern und Sozialabgaben (§ 11 Abs. 2 S. 1 Nrn. 1,2 SGB II) in Höhe von 186,30 EUR entsprechend der im Klageverfahren für die Berechnung der Prozesskostenhilfe vorgelegten Arbeitsbescheinigung, ein Freibetrag in Höhe von 100,- EUR (§ 11 Abs. 2 S. 2 SGB II) und ein zusätzlicher Freibetrag nach §§ 11 Abs. 2 S. 1 Nr. 6, 30 S. 2 SGB II in Höhe von 168,- EUR abzuziehen, so dass im Ergebnis 625,70 EUR verbleiben. Das Einkommen der Ehefrau betrug in den Monaten September/Oktober 2007 395,20 EUR, woraus sich ein Einkommen im Sinne des § 11 SGB II in Höhe von 236,16 EUR (395,20 abzüglich Freibeträge in Höhe von 159,04 EUR) errechnet. Ob dies auch für August 2007 Geltung hatte, kann im Prozesskostenhilfeverfahren dahinstehen, weil auch die teilweise Erfolgsaussicht bei einem einheitlichen Streitgegenstand uneingeschränkte Bewilligung der Prozesskostenhilfe rechtfertigt (vgl. Beschl. des Senats v. 11.12.2006 - L 19 B 111/06 AS -; LSG NW Beschl. v. 13.03.2008 - L 20 B 6/08 SO -).

Durch diese Einkünfte wird die Mindesteinkommensgrenze des § 6a Abs. 1 Nr. 2 BKGG überschritten. Diese errechnet sich allein nach § 6a Abs. 4 S. 1 BKGG und entgegen der Ansicht der Beklagten nicht unter Heranziehung von Satz 2 letzterer Vorschrift (vgl....

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?