Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung von nachgezahltem Trennungsunterhalt auf Leistungen der Grundsicherung
Orientierungssatz
1. Nachgezahlter Trennungsunterhalt ist als zugeflossenes Einkommen nach § 11 SGB 2 auf bewilligte Leistungen des SGB 2 anzurechnen. Einkommen ist selbst dann zuerst zur Sicherung des Lebensunterhalts des Hilfebedürftigen einzusetzen, wenn es den Hilfebedürftigen dadurch außerstande setzt, bestehende vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen.
2. Nach dem dem SGB 2 zugrunde liegenden Grundsatz ist staatliche Fürsorge lediglich subsidiär und soll erst eingreifen, wenn der Hilfebedürftige ihm zur Verfügung stehende Mittel verbraucht hat.
3. Nachgezahlter Trennungsunterhalt ist entsprechend der Regelung des § 2 Abs. 4 AlgIIV ab dem Monat des Zuflusses bzw. ab dem Folgemonat, auf Monate aufgeteilt, zu berücksichtigen.
Normenkette
SGB II § 11 Abs. 1 S. 1, §§ 12, 13 Abs. 1, §§ 19, 9, 23 Abs. 1, § 31 Abs. 4, §§ 34, 39 Nr. 1; Alg II-VO § 2 Abs. 4; SGG § 86 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 4, § 86a Abs. 3 Nr. 4, § 142 Abs. 2 S. 3
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.02.2010 wird zurückgewiesen. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes über die Rechtmäßigkeit der Anrechnung von nachgezahltem Trennungsunterhalt auf Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der 1947 geborene Antragsteller bezieht von der Antragsgegnerin seit Mai 2008 laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Mit Bescheid vom 03.11.2009 bewilligte die Antragsgegnerin Leistungen für die Zeit vom 01.11.2009 bis 30.04.2010 in Höhe von monatlich 784,59 Euro (359,00 Euro Regelbedarf; 425,59 Euro Kosten der Unterkunft und Heizung). Anfang Dezember 2009 überwies die getrennt lebende Ehefrau des Antragstellers diesem aufgrund eines amtsgerichtlichen Urteils rückständigen Trennungsunterhalt in Höhe von 2.500 Euro. Mit Bescheid vom 11.12.2009 kürzte die Antragsgegnerin die Leistungen für den Zeitraum 01.01.2010 bis 30.04.2010 auf monatlich 367,93 Euro (Kosten für Unterkunft und Heizung). Zur Begründung führte sie aus, dass der zugeflossene einmalige Unterhaltsbetrag anteilig und verteilt auf einen angemessenen Zeitraum von 6 Monaten mit monatlich 416,66 Euro anzurechnen sei. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller am 17.12.2009 Widerspruch.
Am 08.01.2010 hat der Antragsteller beim Sozialgericht Düsseldorf (SG) den Antrag gestellt, im Wege der einstweiligen Anordnung die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 17.12.2009 gegen den Bescheid vom 11.12.2009 anzuordnen und ihm Prozesskostenhilfe (PKH) für das Eilverfahren zu gewähren. Er ist der Auffassung, dass die Unterhaltszahlung von 2.500 Euro durch seine getrennt lebende Ehefrau bei der Berechnung der ihm zustehenden Leistungen nicht kürzend berücksichtigt werden dürfe. Der Antragsgegnerin sei bereits durch das zivilgerichtliche Urteil gegen seine Ehefrau ein Betrag für den berücksichtigten Zeitraum zugesprochen worden. Darüber hinaus habe er sich am 05.05.2009 einen Betrag in Höhe von 2.400 Euro von Herrn TC geliehen. Diesen habe er vereinbarungsgemäß unmittelbar nach Erhalt der Überweisung seiner Ehefrau zurückgezahlt. Im Übrigen benötige er wegen verschiedener Erkrankungen lebensnotwendige Medikamente, deren Zuzahlung er nicht leisten könne.
Das SG hat den Eilantrag sowie den Antrag auf Gewährung von PKH mit Beschluss vom 10.02.2010 abgelehnt. Nach der im Eilverfahren allein gebotenen und möglichen summarischen Prüfung erweise sich der Bescheid vom 11.12.2009 als offensichtlich rechtmäßig. Es bestünden keine Bedenken gegen die Anrechnung der dem Antragsteller am 09.12.2009 gutgeschriebenen rückständigen Unterhaltszahlungen in Höhe von insgesamt 2.500 Euro. Hierbei handele es sich um Einkommen iSv § 11 Abs. 1 S. 1 SGB II, das die Antragsgegnerin unter Beachtung von § 11 SGB II i.V.m. § 2 Abs. 4 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II/Sozialgeld (Alg II-VO) zutreffend auf 6 Monate aufgeteilt und berücksichtigt habe.
Der Anrechnung stehe auch nicht die (von der Antragsgegnerin bestrittene) Schuldentilgung entgegen. Zum einen regele § 11 Abs. 2 SGB II abschließend, welche Positionen vom Einkommen in Abzug zu bringen seien, bevor es der Aufteilung unterfalle, zum anderen sei Einkommen zuförderst zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen. Dies gelte selbst dann, wenn sich der Leistungsempfänger dadurch außerstande setze, bestehende vertragliche Verpflichtungen zu erfüllen (BSG, Urteil vom 30.09.2008, B 4 AS 29/07).
Auch der Einwand des Antragstellers, die Antragsgegnerin werde bei Berücksichtigung der Unterhaltszahlung doppelt begünstigt, führe zu keiner anderen Entscheidung. Dem Antragsteller sei für den gesamten Zeitraum Juli 2008 bis April 2009 rückständiger...