Entscheidungsstichwort (Thema)

Prozesskostenhilfe. Anlass. Vorverfahren. Sperrzeit. Bescheid. Begleitschreiben. Verfahrensgebühr. Beschwerde. Kostenentscheidung. Beschwerde gegen Kostengrundentscheidung des Sozialgerichts

 

Leitsatz (amtlich)

Mit Inkrafttreten des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) bedarf es auch einer Entscheidung über die Kosten der Beschwerde gegen Kostengrundentscheidungen des SGG gemäß § 193 Abs 1 S 3 SGG.

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Hat die Partei bis zum Abschluss des Vorverfahrens keine Erklärung über die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt, scheidet die Bewilligung von Prozesskostenhilfe aus.

2. Über die Kosten einer Beschwerde gegen eine Entscheidung des Sozialgerichts nach § 193 Abs. 1 S. 3 SGG ist eine gerichtliche Entscheidung erforderlich.

 

Orientierungssatz

1. Erledigt sich der Rechtsstreit anders als durch Urteil, so ist bei der Entscheidung über die Kosten nach § 193 Abs 1 S 3 SGG sowohl der vermutliche Verfahrensausgang als auch der Umstand, wer zur Klageerhebung Anlass gegeben hat, zu berücksichtigen. Dazu zählen auch die notwendigen Kosten im Vorverfahren.

2. Hat die Behörde aus der für die Auslegung des Bescheides maßgeblichen Sicht des Adressaten Anlass für die Einlegung des Widerspruchs gegeben, weil anderenfalls die Bestandskraft eines möglicherweise belastenden Verwaltungsaktes drohte, so sind ihr durch Beschluss die notwendigen Kosten des Widerspruchsverfahrens aufzuerlegen.

3. Die Beschwerde gegen eine Kostengrundentscheidung des Sozialgerichts in Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, löst einen selbständigen Gebührentatbestand aus. Daher bedarf es einer gerichtlichen Entscheidung, zu welchem Anteil diese Gebühr von den Beteiligten zu tragen ist.

 

Normenkette

SGG § 73a Abs. 1, §§ 95, 193 Abs. 1 S. 3; ZPO § 117 Abs. 2 S. 1, § 127 Abs. 4; RVG §§ 3, 15 Abs. 2 S. 2, § 16 Nr. 12, § 18 Nr. 5

 

Tenor

Auf die Beschwerden des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.08.2007 geändert. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen werden die Beschwerden zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger 2/5 der Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

 

Gründe

Auf den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Arbeitslosengeld teilte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 04.04.2007 mit, dass über den Antrag noch nicht abschließend wegen der Prüfung einer Sperrzeit im Zeitraum vom 27.03. bis 18.06.2007 entschieden werden könne. Mit Bescheid vom selben Tag entschied sie über den Anspruch wie folgt: 27.03.2007 bis 18.06.2007 keine Leistungen wegen Sperrzeit von zwölf Wochen bei Abbruch einer Maßnahme nach § 144 (1) S. 2 Nr. 5 SGB III (27.03.2007 bis 18.06.2007) und vom 19.06.2007 bis 24.03.2008 tägliche Leistungen in Höhe von 59,06 Euro. Der Bescheid enthielt unter anderem die Hinweise, dass für die Zeit ohne Leistungen vom 27.03. bis 18.06.2007 noch gesonderte Nachricht ergehe und in der Zeit vom 27.03.2007 bis 18.06.2007 der Anspruch um 84 Tage gemindert werde.

Der Kläger legte Widerspruch ein und machte geltend, er habe keine Maßnahme abgebrochen und seine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber gerichtlich angefochten. Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 17.04.2007 darauf hin, dass der Widerspruch unzulässig sei, weil über den Eintritt einer Sperrzeit noch nicht entschieden worden sei, wie sich aus dem parallel zum Bewilligungsbescheid verschickten Schreiben vom 04.04.2007 ergebe. Sie bat um Mitteilung, ob der Widerspruch noch aufrechterhalten werde. Nachdem der Kläger dies im Hinblick auf die Ausführungen im Bewilligungsbescheid bejaht hatte, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2007 als unbegründet zurück, weil vor abschließender Prüfung des Eintritts einer Sperrzeit über den weiteren Leistungsanspruch des Klägers noch nicht entschieden werden könne. Die dagegen vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf verbunden mit dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhobene Klage hat der Kläger in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte durch Bescheid vom 11.06.2007 lediglich noch das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeldes wegen des Bezuges von Arbeitsentgelt bis zum 01.06.2007 festgestellt hatte.

Mit Beschlüssen vom 10.08.2007 hat das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Erstattung außergerichtlicher Kosten abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, schon der Bewilligungsbescheid vom 04.04.2007 habe einen Hinweis darauf enthalten, dass über die Erbringung der Leistungen nur vorläufig entschieden sei. Für den Kläger sei daher ohne Weiteres erkennbar gewesen, dass eine Klageerhebung zur Wahrung seiner Rechte nicht erforderlich gewesen sei. Dass die Beklagte zunächst Leistungen erst nach Ablauf einer möglichen Sperrzeit erbracht habe, sei nicht zu beanstanden, weil hierfür im Hinblick auf das schwebende arbeitsgerichtliche Verfahren hinreichende Gründe vorgelegen hätten. Die Bewilligung von Prozesskostenhilf...

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