Entscheidungsstichwort (Thema)

Krankenversicherung. Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5. keine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall trotz des Bezugs laufender Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Krankenhilfe oder Übernahme der Krankenbehandlung durch die Krankenkasse gegen Kostenerstattung. keine Rückwirkung auf den Beginn des Antragsmonats entsprechend § 44 Abs 1 S 2 SGB 12. Kenntnisgrundsatz

 

Orientierungssatz

1. Eine die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5 ausschließende anderweitige Absicherung im Krankheitsfall liegt vor, wenn sie dem Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Demnach gewähren Ansprüche auf Krankenhilfe eine anderweitige Absicherung im Krankheitsfall (vgl BSG vom 27.1.2010 - B 12 KR 2/09 R = SozR 4-2500 § 5 Nr 10).

2. Der rückwirkende Bezug von Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung ab Beginn des Antragsmonats gem § 44 Abs 1 S 2 SGB 12 führt nicht zu einer rückwirkenden Absicherung im Krankheitsfall, denn für die Krankenhilfe nach § 48 SGB 12 gilt der sog Kenntnisgrundsatz des § 18 SGB 12 und auch die Anmeldung bei der Krankenkasse wirkt auf den Zeitpunkt der Kenntniserlangung, also regelmäßig den der Antragstellung beim Sozialhilfeträger, zurück.

3. Die Versicherungspflicht nach § 5 Abs 1 Nr 13 SGB 5 ist dann nicht nach § 5 Abs 8a S 2 SGB 5 ausgeschlossen, wenn eine Absicherung im Krankheitsfall - sei es nach § 48 SGB 12, sei es nach § 264 Abs 2 SGB 5 - trotz des Bezuges von Leistungen etwa der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nicht gegeben ist.

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin werden die Beschlüsse des Sozialgerichts Köln vom 23.12.2010 sowie vom 15.02.2011 abgeändert. Die Beigeladene wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller bis zur bestandskräftigen Entscheidung über eine Pflichtversicherung ab dem 01.09.2010 als Versicherten gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V zu führen und ihm Leistungen der Krankenversicherung zu gewähren.

Die Beigeladene trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen. Dem Antragsteller wird für die Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt L aus W gewährt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Gewährung von Krankenhilfe.

Der am 00.00.1944 geborene und unter diversen behandlungsbedürftigen Erkrankungen leidende Antragsteller war vom 18.11.2005 bis zum 30.11.2006 aufgrund des Bezuges von Arbeitslosengeld II pflichtversichert bei der beigeladenen Krankenkasse. Vom 22.05.2006 bis zum 31.08.2010 war der Antragsteller inhaftiert. Seit dem 01.09.2009 bezieht er von der Deutschen Rentenversicherung Bund eine Regelaltersrente in Höhe von 694,23 EUR.

Am 06.09.2010 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin Grundsicherungsleistungen nach dem 4. Kapitel des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch - Sozialhilfe (SGB XII). Zuvor hatte er bei der Beigeladenen einen Antrag auf Durchführung der Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) gestellt.

Mit Bescheid vom 26.10.2010 bewilligte die Antragsgegnerin dem Antragsteller beginnend mit dem 01.09.2010 (bis August 2011) Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII in Höhe von monatlich 28,30 EUR.

Die Beigeladene lehnte den Antrag des Antragstellers auf Mitgliedschaft mit Bescheid vom 28.10.2010 mit der Begründung ab, Empfänger laufender Leistungen nach dem 4. Kapitel des SGB XII unterlägen nicht der Versicherungspflicht. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller Widerspruch.

Mit Bescheid vom 01.12.2010 wurde der Antrag des Antragstellers auf Hilfe bei Krankheit nach § 48 SGB XII bzw. die Anmeldung zur Übernahme der Krankenbehandlung bei einer gesetzlichen Krankenkasse im Rahmen des § 264 SGB V durch die Antragsgegnerin abgelehnt. Zur Begründung führte die Antragsgegnerin aus, der Antragsteller sei seit dem 01.09.2010 gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V pflichtversichert.

Der Antragsteller hat am 03.12.2010 beim Sozialgericht (SG) Köln einstweiligen Rechtsschutz "zur Sicherstellung des Krankenversicherungsschutzes" beantragt.

Wegen des auf die Beigeladene bezogenen Antrags hat das SG das Verfahren abgetrennt. Das abgetrennte Verfahren ist beim SG unter dem Aktenzeichen S 34 KR 1413/10 ER anhängig gewesen.

Der Antragsteller hat zur Begründung seines Antrages ausgeführt, er sei wegen einer Krebserkrankung zwingend und dringend auf ärztliche Behandlung und die Einnahme ärztlich verordneter Medikamente angewiesen. Er hat die Auffassung vertreten, die Antragsgegnerin sei - jedenfalls vorläufig - einstandspflichtig.

Die Antragsgegnerin hat hingegen die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V seien gegeben. Mit Verlassen der Justizvollzugsanstalt am 31.08.2010 habe der Antragsteller nicht mehr dem anderweitigen Krankenschutz durch den Anstaltsträg...

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