Entscheidungsstichwort (Thema)
Abänderung des Streitwerts in der Berufungsinstanz von Amts wegen
Orientierungssatz
1. Nach § 63 Abs. 3 S. 1 GKG kann die im erstinstanzlichen Verfahren erfolgte Festsetzung des Streitwerts dann vom Rechtsmittelgericht von Amts wegen geändert werden, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
2. Erweist sich die Streitwertfestsetzung des Sozialgerichts als fehlerhaft, so eröffnet § 63 Abs. 3 S. 1 GKG die Befugnis zu deren Korrektur unabhängig von den Erfolgsaussichten einer anhängigen Streitwertbeschwerde.
3. Eine unbedingte, nicht lediglich hilfsweise erklärte Aufrechnung stellt keinen anderen Streitgegenstand dar und wirkt sich damit nicht streitwerterhöhend aus. Gestritten wird in einem solchen Fall im Rahmen der Klage nicht über die unbestrittene Klageforderung, sondern allein über das Geltendmachenkönnen dieser Forderung unter Berücksichtigung der aufgerechneten Gegenforderung.
Tenor
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 31.03.2016 wird als unzulässig verworfen. Die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 31.03.2016 wird abgeändert. Der Streitwert für den Rechtsstreit S 15 KR 244/13 Sozialgericht Aachen wird auf 658,11 EUR festgesetzt.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beklagte wendet sich gegen die Festsetzung des Streitwerts auf 1.316,22 EUR durch das Sozialgericht (SG) Aachen.
Mit am 30.07.2013 erhobener Klage hat der Kläger einen Vergütungsanspruch "für die in dem Zahlungsavis vom 28.01.2010 aufgeführten Behandlungsfälle" i.H.v. 658,11 EUR zzgl. Zinsen geltend gemacht. Die Beklagte habe gegen die sich daraus ergebende Forderung i.H. des strittigen Betrags mit einem Erstattungsanspruch aus der Behandlung des bei der Beklagten Versicherten B. mit der Begründung aufgerechnet, dass die Abrechnung des Klägers im Fall B. und die von der Beklagten hierauf geleistete Zahlung dementsprechend zu hoch ausgefallen seien. Zur Begründung seiner Klage hat sich der Kläger auf das nach seiner Auffassung aus § 15 Abs. 4 Satz 2 des Landesvertrages resultierende Aufrechnungsverbot gestützt. Dieses erlaube die Aufrechnung nur bei Beanstandungen rechnerischer Art, der Rücknahme einer Kostenzusage oder im Fall einer auf unzutreffenden Angaben des Krankenhauses basierenden Abrechnung. Keiner dieser Fälle formeller Unrichtigkeit liege hier vor.
Die Beklagte hat den Klageanspruch anerkannt, die streitigen 658,11 EUR zzgl. Zinsen an den Kläger angewiesen und zugleich auf denselben Betrag nebst Zinsen gerichtete Widerklage erhoben. Der Kläger habe in dieser Höhe im Fall B. zu hoch abgerechnet, die darauf geleistete Zahlung i.H.v. 658,11 EUR sei zu erstatten.
Der Kläger hat den Rechtsstreit hinsichtlich der mit seiner Klage geltend gemachten Hauptforderung für erledigt erklärt und sich gegen den mit Widerklage geltend gemachten Anspruch inhaltlich gewehrt. Nach Beweisaufnahme u.a. über die Notwendigkeit der stationären Behandlung des B. hat der Kläger den mit der Widerklage geltend gemachten Anspruch anerkannt; die Beklagte hat das Anerkenntnis angenommen.
Das SG hat den Streitwert endgültig und insgesamt auf 1.316,22 EUR festgesetzt (Beschluss vom 31.03.2016). Der Beschluss ist der Beklagten am 12.04.2016 zugestellt worden. Hiergegen hat sie am 03.05.2016 Beschwerde erhoben und sich gegen die Festsetzung des Streitwerts auf den doppelten Betrag der Klageforderung gewandt. Die mit Klage und Widerklage geltend gemachten Ansprüche seien nicht zusammenzurechnen, da sie den denselben Gegenstand beträfen.
II.
1. Die Zuständigkeit des Senats ergibt sich aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der vorliegenden Angelegenheit (§ 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. 66 Abs. 6 Satz 2 Gerichtskostengesetz (GKG)).
2. Die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung des SG ist nicht statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstands, wie der Kläger zu Recht ausführt, 200,00 EUR nicht übersteigt (§ 68 Abs. 1 Satz 1 GKG) und das SG die Beschwerde auch nicht zugelassen hat (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 2 GKG). Der Wert der Beschwerde der Beklagten ergibt sich aus der Differenz zwischen den von ihr bei den jeweiligen Streitwerten zu tragenden Kosten. Diese Differenz liegt deutlich unter 200,00 EUR. Bei einem Streitwert von 658,11 EUR ergeben sich 45,00 EUR Gerichtskosten (Gebühr nach Nr. 7111 des Kostenverzeichnisses zu § 3 Abs. 2 GKG, da der Rechtsstreit durch Anerkenntnis bzw. Erledigung endete), bei einem Streitwert von 1.316,22 EUR fallen 65,00 EUR Gerichtskosten an. Die Gebühren für den Bevollmächtigten des Klägers belaufen sich auf 217,18 EUR bzw. 336,18 EUR; die letztgenannten Gebühren hat der Kläger zutreffend berechnet, während er im ersten Fall eine um eine Stufe zu geringe Gebühr in Ansatz gebracht zu haben scheint. Die Differenz beläuft sich somit auf lediglich 139,00 EUR (401,18 EUR (65,00 EUR + 336,18 EUR) - 262,...