Entscheidungsstichwort (Thema)
Tatsächlicher Anspruch auf Gewährung von Arbeitslosengeld als Voraussetzung für die Gewährung eines Gründungszuschusses
Orientierungssatz
1. Der Anspruch auf Gewährung eines Gründungszuschusses setzt nach § 57 SGB 3 u. a. die Beendigung bestehender Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit voraus. Hierzu ist erforderlich, dass der Betreffende im Zeitpunkt der Arbeitslosmeldung bereit ist, eine zumutbare Beschäftigung aufzunehmen. Bei der subjektiven Verfügbarkeit handelt es sich um eine Tatsache, die hypothetischen Betrachtungen nicht zugänglich ist.
2. Notwendige Bedingung für einen Anspruch auf Gründungszuschuss ist, dass der Anspruch auf Entgeltersatzleistung zumindest für einen Tag dem Grunde nach entstanden ist und auch nicht ruht. Das bedeutet, dass die Entgeltersatzleistung für mindestens einen Tag vor der Aufnahme der selbständigen Tätigkeit tatsächlich zu zahlen ist.
3. Ziel der Vorschrift des § 57 SGB 3 ist die Beendigung von Arbeitslosigkeit durch Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit. Die bewusste Beendigung einer abhängigen Beschäftigung und die erkennbare künstliche Begründung von zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit entspricht nicht dem gesetzgeberischen Willen zur Gewährung eines Gründungszuschusses.
4. Tatsächliche Gegebenheiten können nicht mit Hilfe eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aus der Welt geschafft werden.
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 30.08.2013 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Gewährung eines Gründungszuschusses.
Die am 00.00.1977 geborene Klägerin war ab dem 07.11.2005 als angestellte Rechtsanwältin bei der Rechtsanwaltssozietät Dr. F & Partner beschäftigt. Am 20.09.2010 meldete sich die Klägerin bei der Beklagten arbeitsuchend. Mit Datum vom 28.09.2010 wurde ein (mündlicher) Antrag auf Gründungszuschuss bei der Beklagten erfasst. Die Klägerin schloss mit Unterschriften vom 19. und 22.10.2010 einen Aufhebungsvertrag mit ihrem bisherigen Arbeitgeber. Unter Ziffer 1 heißt es, Arbeitnehmerin und Arbeitgeber seien sich darüber einig, dass das Arbeitsverhältnis zur Vermeidung einer betriebsbedingten Beendigungskündigung mit Ablauf des 31.10.2010 sein Ende finden werde. Nach Abschluss des Aufhebungsvertrages wurde die Klägerin von ihrem bisherigen Arbeitgeber freigestellt.
Die Klägerin meldete sich am 25.10.2010 bei der Beklagten zum 01.11.2010 arbeitslos. Am 26.10.2010 schloss die Klägerin mit zwei weiteren Personen, ihrem Vater sowie ihrem jetzigen Prozessbevollmächtigten, einen Partnerschaftsvertrag im Sinne des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes. Gemäß § 2 des Vertrages ist Gegenstand der Partnerschaft die gemeinschaftliche Berufsausübung der Partner als Rechtsanwälte. Gemäß § 3 Abs. 1 des Partnerschaftsvertrages ist die Klägerin mit 30 Prozent an der Partnerschaft beteiligt. Jeder Partner ist gemäß § 3 Abs. 2 des Partnerschaftsvertrages verpflichtet, der Partnerschaft seine volle Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen. Gemäß § 11 Abs. 1 des Partnerschaftsvertrages beginnt die Partnerschaft zum 02.11.2010, spätestens mit ihrer Eintragung in das Partnerschaftsregister. Gemäß § 11 Abs. 2 des Partnerschaftsvertrages ist jeder Partner berechtigt, die Partnerschaft mit einer Jahresfrist zum Geschäftsjahresschluss zu kündigen. Unter dem 26.10.2010 meldeten die Klägerin und ihre Partner die Partnerschaftsgesellschaft zur Eintragung in das Partnerschaftsregister bei dem Amtsgericht F an.
Am 28.10.2010 ging bei der Beklagten das ausgefüllte Formular zum Antrag auf Arbeitslosengeld ein. Darin verneinte die Klägerin die Angabe zur Ausübung einer Nebenbeschäftigung / -tätigkeit als Selbstständige. Auf Blatt 3 des Formulars findet sich die handschriftliche Ergänzung "ab 02.11. Selbstständigkeit" mit Unterschrift der Klägerin.
Mit Bescheid vom 28.10.2010 stellte die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe für die Zeit vom 01.11.2010 bis zum 23.01.2011 wegen der Lösung des Beschäftigungsverhältnisses bei dem bisherigen Arbeitgeber fest, sowie die Minderung des Anspruchs um 90 Tage. Zudem führte die Beklagte aus, auch nach Ablauf der Sperrzeit würden keine Leistungen gezahlt, weil die Klägerin ab dem 02.11.2010 selbstständig sei. Mit Bescheid vom 02.11.2010 hob die Beklagte "die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 02.11.2010" wegen der Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit auf. Dass zuvor ein Bescheid über die Bewilligung von Arbeitslosengeld ergangen ist, ist weder vorgetragen noch nach Aktenlage ersichtlich. Die Bescheide wurden bestandskräftig. Der Klägerin erhielt mithin für keinen Tag Arbeitslosengeld ausgezahlt.
Am 28.10.2010 ging bei der Beklagten zudem der von der Klägerin ausgefüllte Antrag auf Gewährung eines Gründungszuschusses zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit ein...