Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang der zulässigen Übermittlung von Sozialdaten durch den Grundsicherungsträger bei der Auszahlung bewilligter Leistungen
Orientierungssatz
1. Für eine Klage auf künftige pünktliche Zahlung bewilligter Leistungen der Grundsicherung fehlt das zu deren Zulässigkeit erforderliche Rechtschutzbedürfnis. Als Vollstreckungstitel wäre ein entsprechendes Urteil weitgehend nutzlos. Verweigert der Leistungsträger die Auszahlung bewilligter Leistungen, so kommt der Hilfebedürftige am schnellsten durch den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zu seinem Recht.
2. Der Hilfebedürftige hat keinen Anspruch gegen den Grundsicherungsträger auf Unterlassung der BG-Nummer und der Benennung des Absenders "Bundesagentur für Arbeit" in den Überweisungen der bewilligten Leistungen auf dessen Konto. Eine unbefugte Übermittlung von Sozialdaten liegt nicht vor. Die Übermittlungsbefugnis ergibt sich aus den §§ 68 bis 77 SGB 10.
Normenkette
SGB II § 39 Nr. 1, § 41 Abs. 1 S. 4, § 44b Abs. 1 S. 2, § 52 Abs. 2; SGB X § 31 S. 1, § 35 Abs. 1 S. 1, § 37 Abs. 1, § 67 Abs. 9, § 67b Abs. 1 S. 1; SGB I § 53 Abs. 2; SGG § 86a Abs. 2 Nr. 4, § 142 Abs. 2 S. 3, § 202; ZPO §§ 259-260
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 18.11.2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
I.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Zahlung ursprünglich bewilligter Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) II, insbesondere deren pünktliche Auszahlung, die Unterlassung der Angabe der Bedarfsgemeinschaftsnummer und des Absenders bzw. der Herkunftsbezeichnung bei der Überweisung bewilligter SGB II Leistungen.
Der Kläger ist selbstständiger Rechtanwalt, der seit September 2009 Arbeitslosengeld II bezieht. In den Jahren 2008 und 2009 hatte er ausweislich seiner Einkommenssteuerbescheide negative Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit. Die ALG II Leistung wurde ihm durchgehend ohne Anrechnung von Einkommen gewährt.
Mit Bescheid vom 03.11.2010 bewilligte ihm die Rechtsvorgängerin der Beklagten für den Zeitraum vom 01.11.2010 bis 30.04.2011 vorläufig nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 a SGB II in der bis 31.03.2011 geltenden Fassung (a. F.) i. V. m. § 328 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB II ALG II Leistungen i. H. v. 670,78 Euro monatlich. Der Zahlbetrag setzte sich aus der Regelleistung i. H. v. 359,00 Euro, Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) i. H. v. 270,98 Euro und einem Zuschuss zur Rentenversicherung i. H. v. 40,80 Euro zusammen.
Die bewilligten Leistungen wurden ihm unter der Angabe seiner Bedarfsgemeinschaftsnummer (BG-Nummer) sowie dem Vermerk "Bundesagentur für Arbeit" auf sein Konto überwiesen. Der Kläger forderte den Beklagten auf, jede Kennzeichnung der Herkunft der Mittel zu unterlassen und verwies zur Begründung auf das Urteil des BVerwG vom 23.06.1994 - 5 C 16/92 -, BVerwG 96, 147 ff. Der Beklagte lehnte dies mit der Begründung ab, die Überweisung erfolge zentral über die Bundesagentur für Arbeit aufgrund des automatisierten Einsatzes eines Zahlungsprogramms.
Für März 2011 wurde dem Kläger am 15.03.2011 der Betrag von 629,98 Euro mit den bisherigen Angaben überwiesen. Auch für April 2011 überwies der Beklagte lediglich 629,89 Euro, am 05.04.2011 erfolgte jedoch eine weitere Zahlung von 10,00 Euro.
Am 11.04.2011 hat der Kläger Klage erhoben und die pünktliche Auszahlung der mit Bescheid vom 03.11.2010 bewilligten Beträge für März und April 2011 beantragt. Seiner Meinung nach handele es sich um eine allgemeine Leistungsklage. Er habe den Beklagten mehrfach auf seine Säumnis hingewiesen. Es bestehe die Besorgnis, dass sich der Beklagte auch künftig der rechtzeitigen Leistung entziehen werde, sodass die Voraussetzungen des § 259 der Zivilprozessordnung (ZPO) vorlägen. Zum anderen habe er die Verurteilung des Beklagten zur Unterlassung der Angeben der BG-Nummer sowie des Absenders "Bundesagentur für Arbeit" oder einer sonstigen Herkunftsbezeichnung der Mittel beantragt. Die Angabe der Herkunft von Bedarfsbeträgen nach dem SGB II verstoße gegen Bundesrecht. Ihm stehe deshalb ein Unterlassungsanspruch nach § 35 Abs. 1 S. 1 SGB I zu. Unter den Schutzbereich dieser Vorschrift fiele die Kennzeichnung dieser Herkunft der Mittel, weil daraus auf die persönlichen und/oder wirtschaftlichen Verhältnisse des Betroffenen geschlossen werden könne. Eine gesetzliche Übermittlungsbefugnis bestehe nicht. Der Beklagte sei nach § 44b Abs. 1 S. 2 SGB II als gemeinsame Einrichtung passiv legitimiert. Er weigere sich jedoch hartnäckig, die Vorgaben des Sozialdatenschutzes zu erfüllen, daraus ergebe sich auch eine Wiederholungsgefahr.
Der Kläger hat beantragt,
1. den Beklagten zu verurteilen, die mit Bescheid vom 03.11.2010 bewilligten Leistungen einschließlich des Zuschusses zur Rentenversicherung auch für die Monate März und April 2011 auszuzahlen.
2. den Beklagten zu verurteilen, auch in Zukunft bewilligte Leistung den gesetzlichen Vorsch...