Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungsanbieter von mobilen extrakorporalen Stoßwellentherapiesystemen. Akteneinsicht. Vorgänge bezüglich Überprüfung der extrakorporalen Stoßwellentherapie
Orientierungssatz
Zum Anspruch eines Leistungsanbieters von mobilen extrakorporalen Stoßwellentherapiesystemen im Wege der einstweiligen Anordnung auf Gewährung von Akteneinsicht gegenüber dem Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen bezüglich aller Vorgänge, die im Zusammenhang mit der Überprüfung der Extrakorporalen Stoßwellentherapie (ESWT) als Behandlungsmethode in der gesetzlichen Krankenversicherung stehen.
Tatbestand
Die Antragstellerin begehrt von dem Antragsgegner im Wege der Einstweiligen Anordnung die Gewährung von Akteneinsicht bezüglich aller Vorgänge, die im Zusammenhang mit der Überprüfung der Extrakorporalen Stoßwellentherapie (ESWT) als Behandlungsmethode in der gesetzlichen Krankenversicherung stehen.
Die Antragstellerin vermietet u.a. mobile extrakorporale Stoßwellentherapiesysteme (ESWT) für den Einsatz im orthopädischen Bereich. Sie betreut auf diese Weise rund 165 orthopädische Praxen in Deutschland. Dabei umfaßt ihre Serviceleistung den Transport der Maschinen, deren Einsatzbereitschaft vor Ort und die Unterstützung des behandelnden Arztes durch einen erfahrenen Medizintechniker. Die Behandlung mit der ESWT erfolgt im wesentlichen bei den Indikationen Tendinosis calcarea, Pseudoarthrose, Tennisellenbogen und Fersensporn. Nach ihren Angaben ist für den Zeitraum 1998-2002 unter Berücksichtigung von ESWT-Umsätzen mit Betriebsumsätzen von 80.000.000 DM und einem Gewinn von 3.295.000 DM zu rechnen, wobei ohne ESWT-Umsätze sich lediglich ein Betriebsumsatz von 46.710.000 DM ergeben werde, der zu einem Verlust von 3.142.000 DM führen würde. Die Kosten wurden gemäß § 13 Abs. 3 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches (SGB V) durch die gesetzlichen Krankenkassen nach Angaben der Antragstellerin im Einzelfall erstattet, soweit die Patienten "austherapiert" waren.
Der Antragsgegner beschloß am 24.04.1998 auf der Grundlage der Richtlinien über die Einführung neuer Untersuchung- und Behandlungsmethoden und über die Überprüfung erbrachter vertragsärztlicher Leistungen (NUB-Richtlinien), die ESWT bei orthopädischen, chirurgischen und schmerztherapeutischen Indikationen in die Anlage B der Richtlinien aufzunehmen. Nach der Pressemitteilung vom 30.04.1998 sei der Bundesausschuß nach eingehender Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, daß der Nutzen, die medizinische Notwendigkeit und die Wirtschaftlichkeit dieser Behandlungsmethode weder vollständig noch teilweise belegt sind. Der Beschluß wurde im Bundesanzeiger vom 25.07.1998 (Nr. 136, S. 10507) veröffentlicht.
Nach der Beschlußfassung des Antragsgegners begehrte die Antragstellerin mit Schreiben vom 30.06.1998 Akteneinsicht bezüglich des Zustandekommens und der Entscheidung des Antragsgegners im Zusammenhang mit der ESWT. Dieser Antrag wurde mit Schreiben vom 15.07.1998 unter Hinweis auf § 8 der Geschäftsordnung des Antragsgegners abgelehnt. Danach sei die Beratung und die Beschlußfassung des Antragsgegners nicht öffentlich und die Arbeitsunterlagen seien vertraulich zu behandeln. Ferner wies der Antragsgegner darauf hin, daß die Antragstellerin nicht unmittelbar Betroffene sei und auch aus diesem Grunde ein Recht auf Akteneinsicht nicht bestehe.
Die Antragstellerin hat am 07.08.1998 ihr Akteneinsichtbegehren mit dem Antrag auf Erlaß einer Einstweiligen Anordnung weiter verfolgt. Dazu hat sie vorgetragen: Die Einordnung der ESWT in die Anlage B führe zu einem vollständigen Wegfall der bisher in der gesetzlichen Krankenversicherung erzielten Umsätze. Daraus ergebe sich ein erheblicher Umsatzrückgang, der nach Aufzehrung des Eigenkapitals zur Zahlungsunfähigkeit der Antragstellerin am 31.12.1999 führen werde. Es bestehe auch zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner ein Rechtsverhältnis. Soweit dies vom Bundessozialgericht und dem erkennenden Senat bisher verneint worden sei, so sei dieser Rechtsauffassung durch das 2. GKV-Neuordnungsgesetz (2. GKV-NOG) die Grundlage entzogen worden. Durch die Änderung von § 92 SGB V sei der Antragsgegner verpflichtet worden, den Organisationen der Leistungserbringer Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; damit sei den Heilmittelerbringern ein informelles Initiativrecht eingeräumt worden. Eine Grundrechtsbetroffenheit sei deshalb zu bejahen; insoweit sei auf die Ausführungen des 3. Senates des BSG im Vorlagebeschluß vom 14.06.1995 (NZS 1995 S. 502) zu verweisen. Aus § 8 der Geschäftsordnung des Antragsgegners könne keine Geheimhaltungspflicht begründet werden. Denn es fehle einerseits an einer gesetzlichen Grundlage und andererseits bestehe kein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung. Der Anspruch auf Akteneinsicht ergebe sich vielmehr aus § 25 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) bzw. aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG), da effektiver Rechtsschutz ohne die Gewährung von Akteneinsicht nicht zu erlangen sei.
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