Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten als anwartschaftsbegründende Zeiten zur Gewährung von Arbeitslosengeld
Leitsatz (amtlich)
Im Rahmen der Versicherungspflicht nach § 26 Abs. 2a SGB III kommt eine Berücksichtigung der nach Maßgabe des § 15 Abs. 2 BEEG verlängerten Elternzeit nicht in Betracht.
Orientierungssatz
1. Anspruch auf Arbeitslosengeld hat, wer innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren mindestens zwölf Monate in einem Pflichtversicherungsverhältnis gestanden hat.
2. Als anwartschaftsbegründende Zeit zählt u. a. nach § 26 Abs. 2a SGB 3 die Zeit der Kindererziehung. Danach bildet die Vollendung des 3. Lebensjahres des Kindes die zeitliche Grenze des Kindererziehungstatbestandes. Bei zwei sich überschneidenden Kindererziehungszeiten ist grundsätzlich von einer Versicherungspflicht für die gesamte Zeit von der Geburt des älteren bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres des jüngsten Kindes auszugehen (Anschluss BSG Urteil vom 29. 5. 2008, B 11a AL 64/06 R).
3. Die gesetzliche Regelung ist verfassungsgemäß.
Normenkette
SGB III § 26 Abs. 2a, § 143; BEEG § 15 Abs. 2; GG Art. 3 Abs. 1
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 02.12.2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Bewilligung von Arbeitslosengeld I (Alg).
Die am 00.00.1980 geborene Klägerin ist verheiratet und stand seit dem 01.03.2001 in einem Vollzeitarbeitsverhältnis als examinierte Altenpflegerin bei der Caritas (Caritasverband H e.V., H).
Am 24.01.2008 wurde ihr erstes Kind (H) geboren. Sie befand sich vom 02.12.2007 bis 20.03.2008 im Mutterschutz und im Anschluss hieran in Elternzeit. Am 29.10.2009 wurde ihr zweites Kind (D) geboren. Die Klägerin war deshalb vom 17.09.2009 bis 24.12.2009 erneut im Mutterschutz und im Anschluss hieran in der Elternzeit, welche ursprünglich zum 28.10.2012 enden sollte. Mit ihrer Arbeitgeberin vereinbarte die Klägerin sodann eine Verlängerung der Elternzeit nach § 15 Abs. 2 des Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetzes - (BEEG) bis zum 28.10.2013.
Mit Schreiben vom 24.10.2013 kündigte die Klägerin ihr Arbeitsverhältnis mit Wirkung zum 28.10.2013. Sie meldete sich bei der Beklagten mit Wirkung zum 07.11.2013 arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Alg.
Mit Bescheid vom 05.12.2013 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Klägerin sei in den letzten zwei Jahren vor dem 07.11.2013 weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen und habe deshalb die Anwartschaftszeit nicht erfüllt.
Hiergegen legte die Klägerin Widerspruch ein. Sie verwies auf die Möglichkeit des § 15 Abs. 2 BEEG, wonach bei Zustimmung des Arbeitgebers die Übertragung der Elternzeit von maximal einem Jahr - hier bis zum 28.10.2013 - möglich sei. Entsprechend habe sie sich verhalten. Insofern müsse auch der Zeitraum vom 28.10.2012 bis zum 28.10.2013 anwartschaftszeitbegründend sein.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.02.2014 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Anspruch auf Alg habe, wer innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren mindestens zwölf Monate in einem Versicherungspflichtverhältnis gestanden habe. Innerhalb der Rahmenfrist vom 07.11.2011 bis 06.11.2013 könnten lediglich 357 Tage gemäß § 26 Abs. 2a SGB III berücksichtigt werden. Der Zeitraum vom 29.10.2012 bis zum 28.10.2013 könne hingegen nicht anwartschaftszeitbegründend herangezogen werden. Denn gemäß § 26 Abs. 2a SGB III sei die Klägerin lediglich für den Zeitraum versicherungspflichtig, in dem sie ein Kind, das das dritte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erzogen habe. Vorliegend habe ihr jüngstes Kind am 29.10.2012 sein drittes Lebensjahr vollendet. Eine Berücksichtigung des sich anschließenden Zeitraumes scheide insoweit aus.
Hiergegen hat die Klägerin am 17.03.2014 Klage bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen erhoben. Da § 15 Abs. 2 BEEG die Möglichkeit vorsehe, die dreijährige Elternzeit zu verlängern, müsse dieser Zeitraum auch bei der Ermittlung der versicherungspflichtigen Zeiten zur Begründung einer Anwartschaft mit herangezogen werden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.12.2013 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.02.2014 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld I ab dem 07.11.2013 nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig.
Mit Urteil vom 02.12.2014 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:
Die zulässige Klage sei nicht begründet. Die Klägerin sei durch den angefochtenen Bescheid nicht beschwert, da er rechtmäßig sei. Sie habe keinen Anspruch auf Gewährung von Alg ab dem 07.11.2013.
§ 137 Abs. 1 SGB III bestimme, dass Anspruch auf Alg nur habe, wer u.a. die Anwartschaftszeit erfüllt, also innerhalb der zweijährigen Rahmenfrist ...