Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung der sofortigen Vollziehung der Genehmigung einer diabetologischen Schwerpunktpraxis
Orientierungssatz
1. Diabetologische Schwerpunktpraxen, die bis zum 30. 9. 2009 noch nicht genehmigt waren, können nur dann genehmigt werden, wenn u. a. noch keine ausreichende Versorgung sichergestellt ist. Die Begrenzung der teilnehmenden Praxen wird analog zum Verfahren nach den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Bedarfsplanung sowie die Maßstäbe zur Festlegung von Über- und Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung ermittelt.
2. Kriterien für die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Auswahlentscheidung sind die berufliche Eignung, das Approbationsalter und die Dauer der ärztlichen Tätigkeit.
3. Ordnet die Genehmigungsbehörde die sofortige Vollziehung der Genehmigung an, so ist das hieran bestehende besondere Interesse schriftlich zu begründen. Die Begründung, an die hohe Anforderungen zu stellen sind, muss erkennen lassen, aus welchen Gründen das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung im konkreten Fall das Interesse des Betroffenen überwiegt.
4. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung liegt u. a. dann im öffentlichen Interesse, wenn aufgrund der durch Widerspruch ausgelösten aufschiebenden Wirkung der Genehmigung die Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus in einem bestimmten Versorgungsbezirk nicht mehr gewährleistet wäre.
Tenor
Die Beschwerden die Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 18.09.2010 werden zurückgewiesen.
Antragsteller und Antragsgegnerin tragen die Verfahrenskosten einschließlich der erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen je zur Hälfte.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Teilnahme an der "Vereinbarung nach § 73a SGB V zur Optimierung der Versorgung von Typ 1- und Typ 2-Diabetikern im Rahmen strukturierter Behandlungsprogramme nach § 137 f SGB V" (im Folgenden: DSP-Vereinbarung).
Der 1968 geborene Beigeladene ist Facharzt für Allgemeinmedizin. Er verfügt seit dem 23.04.2001 über die ärztliche Qualifikation Diabetologe der Deutschen Diabetes-Gesellschaft (DDG). Er erfüllt ferner die Anforderungen an das Fortbildungszertifikat "Spezielle Diabetologie" (Bescheinigung der Ärztekammer Westfalen-Lippe vom 28.03.2002) und ist seit dem 19.11.2005 berechtigt, die Zusatzweiterbildung "Diabetologie" zu führen. Zusammen mit Dr. K, Facharzt für Allgemeinmedizin, Sportmedizin, Chirotherapie, und Dr. C, Facharzt für Innere Medizin, Spezielle Diabetologie, Sportmedizin, betreibt der Beigeladene seit 01.10.2003 eine zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Gemeinschaftspraxis in N, C-straße 00. Dr. C verfügt seit dem 01.04.2003 über die Anerkennung "Diabetologische Schwerpunktpraxis" (DSP) nach der "Vereinbarung nach § 73c SGB V zur Förderung der Qualität der ambulanten Versorgung von Patienten mit Diabetes mellitus durch Diabetologische Schwerpunktpraxen in Westfalen-Lippe".
Anträge des Beigeladenen auf Teilnahme an dieser Vereinbarung lehnte die Antragsgegnerin mehrfach ab, da der regionale Versorgungsbedarf durch die im Planungsbereich tätigen Diabetologen gedeckt sei (Bescheide vom 28.09.2006 bzw. 05.11.2007). Ungeachtet dessen erteilte sie ihm unter dem 25.04.2008 eine personenbezogene Abrechnungsgenehmigung.
Am 12.08.2009 beantragte der Beigeladene erneut die Anerkennung als DSP unter Hinweis darauf, dass sich möglicherweise durch Ausscheiden von Frau Dr. S, der bereits eine DSP genehmigt worden sei, eine Änderung in der Sitzverteilung der anerkannten Diabetologischen Schwerpunktpraxen ergebe. Mit Schreiben vom 02.10.2009 teilte die in N, G-weg 00, niedergelassene Fachärztin für Allgemeinmedizin, Diabetologie - Psychotherapie Dr. S der Antragsgegnerin mit, dass sie ihre Tätigkeit zum 31.12.2009 einstellen werde. Als Praxisnachfolger werde der Antragsteller ihre Patienten in denselben Räumlichkeiten wie bisher weiter betreuen.
Der 1966 geborene Antragsteller ist seit 12.03.2005 Facharzt für Innere Medizin. Seit 27.04.2006 besitzt er die ärztliche Qualifikation als Diabetologe DDG und ist berechtigt, seit 18.10.2008 die Schwerpunktbezeichnung Endokrinologie zu führen. Nach mehrjähriger Tätigkeit als Oberarzt im Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen übernahm er zum 01.01.2010 den Praxissitz von Frau Dr. S.
Mit am 21.10.2009 eingegangen Antrag vom 07.10.2009 beantragte der Antragsteller die Genehmigung zur Teilnahme an der DSP-Vereinbarung. In ihrer Sitzung am 10.11.2009 entschied sich die Qualitätssicherungskommission der Antragsgegnerin gegen die Erteilung der vom Antragsteller beantragten Genehmigung mit der Begründung "Kein Bedarf, Übertrag der Praxis nicht möglich". Zu dem Prüfpunkt der Teilnahmevoraussetzungen gemäß § 3 Abs. 4
"Der Antragsteller betreut mindestens 250 Diabetiker im Sinne der Ziffer Ziffer 1.2 der Anlage zur RSAV je Quartal, sowie mindestens 50 Typ-1-Diabetiker"
der DSP-Vereinbarung war kein Antwortkästchen angekreuzt, vielmehr w...