Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Erfüllung der Anwartschaftszeit. sonstiger Versicherungspflichtiger. Bezug einer Rente wegen voller Erwerbsminderung. tatsächliche Rentenzahlung. Stammrecht allein nicht ausreichend. keine Korrektur der nachteiligen Festlegung des Leistungsfalls
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ist nur dann im Sinne von § 26 Abs 2 Nr 3 SGB 3 "bezogen", wenn Rente tatsächlich ausgezahlt wird. In Fällen des § 101 Abs 1 SGB 6 reicht das Entstehen des Rentenstammrechts nicht aus, solange es noch nicht zu einer Rentenzahlung gekommen ist.
2. Soweit sich in der Gesetzlichen Rentenversicherung im Einzelfall Spielräume für eine einvernehmliche Festlegung des Leistungsfalles der vollen Erwerbsminderung auf einen bestimmten Zeitpunkt ergeben, mögen die an diesem Rechtsverhältnis Beteiligten (dh der Träger der Gesetzlichen Rentenversicherung und der Versicherte) etwaige Nachteile, die sich aus einer konkreten Festlegung in anderen Bereichen der Sozialversicherung ergeben können, mit in ihre Überlegungen einbeziehen. Keineswegs allerdings besteht Veranlassung, möglicherweise unerwünschte Folgen autonomer Entscheidungen in Rentenverfahren über eine weder vom Wortlaut noch vom Sinngehalt des § 26 Abs 2 Nr 3 SGB 3 gedeckte Auslegung nachschaffend im Bereich des Arbeitsförderungsrechts zu umgehen bzw zu korrigieren.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13.11.2013 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Der Kläger begehrt die Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Arbeitslosengeld ab dem 01.09.2012.
Der 1957 geborene Kläger war von 1980 bis 2008 als technischer Angestellter versicherungspflichtig beschäftigt. Vom 05.12.2006 bis zur Aussteuerung am 22.04.2008 bezog er wegen Arbeitsunfähigkeit Krankengeld vom Träger der Gesetzlichen Krankenversicherung. Anschließend bewilligte ihm die Beklagte auf seine Arbeitslosmeldung vom 31.03.2008 Arbeitslosengeld ab dem 23.04.2008 für 450 Tage. Das Arbeitslosengeld wurde ihm (mit Unterbrechungen) bis zur Anspruchserschöpfung am 23.09.2009 ausgezahlt.
Bereits im Dezember 2007 hatte der Kläger bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (DRV) Rente wegen Erwerbsminderung beantragt, jedoch zunächst erfolglos (Bescheid vom 16.05.2008, Widerspruchsbescheid vom 06.04.2009). Das nachfolgende Klageverfahren (SG Gelsenkirchen S 7 KN 121/09) endete nach medizinischen Ermittlungen durch einen Vergleich vom 10.09.2010 mit folgendem Inhalt: "Die Beklagte ist bereit, beim Kläger ab September 2009 einen Zustand von voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 31.08.2012 anzunehmen und ihm die Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren sowie 2/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu tragen." In Ausführung dieses Vergleiches bewilligte die DRV dem Kläger mit Bescheid vom 24.09.2010 Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit beginnend am 01.04.2010 bis zum 31.08.2012. Bei der Festsetzung des Rentenbeginns ging die DRV davon aus, dass die Anspruchsvoraussetzungen für die Rente wegen voller Erwerbsminderung ab dem 15.09.2009 erfüllt waren. Der Bescheid wurde mit Ablauf der Widerspruchsfrist bestandskräftig. In dem Zeitraum vom 24.09.2009 bis zum 31.03.2010 bezog der Kläger keine Sozialleistungen.
Bei einer persönlichen Vorsprache am 08.11.2010 informierte der Kläger die Beklagte über den mit der DRV geschlossenen Vergleich. Ergänzend teilte er mit, er wolle den Ausführungsbescheid aber anfechten lassen. Er fühle sich falsch beraten, weil er die Rente tatsächlich erst ab März 2010 ausgezahlt bekomme (vgl. § 101 Abs. 1 SGB VI). Der Mitarbeiter der Beklagten teilte ihm mit, eine "Information/Vertretung in rentenrechtlichen Fragen" sei nicht möglich.
Mit Blick auf den Ablauf der Zeitrente meldete sich der Kläger am 20.07.2012 mit Wirkung zum 01.09.2012 erneut bei der Beklagten arbeitslos. Er wies drauf hin, Anfang 2012 bei der DRV die Verlängerung der Rente beantragt zu haben, jedoch ohne Erfolg (Bescheid vom 13.07.2012).
Sein dagegen eingelegter Widerspruch war ebenfalls erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 04.10.2012). Das deshalb geführte weitere Klageverfahren gegen die DRV (Sozialgericht Gelsenkirchen S 7 KN 756/12) endete am 10.01.2014 wiederum mit einem gerichtlichen Vergleich, in dem sich die DRV bereit erklärte, bei dem Kläger ab dem 31.12.2012 einen Zustand von voller Erwerbsminderung auf Zeit bis zum 31.01.2016 anzunehmen und ihm dementsprechend Leistungen nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Zwischenzeitlich lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 20.07.2012 ab (Bescheid vom 06.08.2012). Der am 23.04.2008 erworbene Anspruch auf Arbeitslosengeld sei erschöpft; seither sei der Kläger weniger als zwölf Monate versicherungspflichtig gewesen und habe daher keine neue Anwartschaftszeit erfüllt.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er ge...