Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit der Klage auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Restitutionsklage. Protokollfälschung. Nachweis. strafrechtliche Verurteilung
Orientierungssatz
Wird vom Kläger vorgetragen, dass entgegen der Protokollniederschrift von ihm kein Vergleich über die Beendigung des Verfahrens genehmigt worden und der Senat entgegen dem Protokoll lediglich mit 4 Richtern besetzt gewesen sei, so kann das Protokoll über die mündliche Verhandlung zwar als Urkunde iS von § 580 Nr 2 ZPO angesehen werden, die Wiederaufnahmeklage ist jedoch wegen Unzulässigkeit zu verwerfen, wenn nicht durch strafrechtliches Urteil nachgewiesen ist, dass das Protokoll gefälscht worden ist.
Nachgehend
Gründe
In dem Verfahren L 12 AL 40/98 ging es um die Frage, ob die Beklagte eine Umschulung des Klägers zum Steuerfachangestellten zu fördern hatte. Das Sozialgericht Köln hat dies mit Gerichtsbescheid vom 13.02.1998 verneint. Vor dem LSG NRW fand am 10.11.1999 eine mündliche Verhandlung statt. Im Protokoll der mündlichen Verhandlung sind als Anwesende aufgeführt:
"Vorsitzender: Vorsitzender Richter am Landessozialgericht Brand
Richter am Landessozialgericht V
Richter am Landessozialgericht G
Ehrenamtlicher Richter C
Ehrenamtlicher Richter B
Ohne Hinzuziehung eines Protokollführers
gemäß § 122 SGG, § 159 I ZPO"
Auf Seite 2 der Niederschrift ist folgendes protokolliert:
"1. Die Beklagte erklärt sich bereit, sofern der Kläger ihr einen konkreten Grund/Lehrgang zum Steuerfachangestellten benennt und belegt, daß der Träger/die Schule ihn bei Förderung durch das Arbeitsamt aufnehmen wird, dem Kläger schnellstmöglichst einen Bescheid zu erteilen, ob dieser Kurs nach den Vorschriften des SGB III gefördert werden kann. Sie wird die Förderung nicht deshalb verneinen, daß noch kein Vertrag zwischen Kläger und Träger vorliegt. Ferner ist die Beklagte bereit zu prüfen, ob im Bereich Steuerfachangestellte konkrete Kurse/Lehrgänge als Auftragsmaßnahmen durchgeführt werden und dem Kläger hierüber eine Mitteilung geben.
2. Der Kläger ist mit dieser Regelung einverstanden.
Darüber hinaus beantragt der Kläger bei der Beklagten eine Umschulung auch in andere für ihn geeignete Bereiche. Zu diesem Zweck wird er ein Beratungsgespräch beim Arbeitsamt W führen.
Laut diktiert und genehmigt."
Daraufhin ist der Rechtsstreit als "erledigt durch Vergleich" ausgetragen worden.
Mit Schriftsatz vom 01.12.1999 hat der Kläger zunächst eine Protokollberichtigung beantragt. Er hat vorgetragen, keinen Vergleich geschlossen zu haben, vielmehr habe der Vorsitzende nur seine Meinung zu Protokoll gegeben. Mit Beschluss vom 08.12.1999 ist der Antrag auf Protokollberichtigung zurückgewiesen worden, weil das Protokoll keine Unrichtigkeiten enthalte.
Mit Schriftsatz vom 10.07.2000 hat der Kläger die Feststellung beantragt, dass der Rechtsstreit nicht durch Vergleich vom 10.11.1999 beendet sei. Das Protokoll sei falsch, er habe keinem Vergleich zugestimmt, vielmehr habe er in der mündlichen Verhandlung das Gegenteil kundgetan. In der Sitzung vom 10.11.1999 hätten im Übrigen nur 4 Richter teilgenommen. Der im Protokoll aufgeführte ehrenamtliche Richter B sei nicht anwesend gewesen.
Der Senat hat hierzu die im Protokoll aufgeführten Personen (einschließlich der Verwaltungsoberrätin H) um Stellungnahme gebeten. Keine(r) konnte bestätigen, dass der Senat entgegen dem Protokoll nur mit 4 Richtern besetzt gewesen sei. Insbesondere der ehrenamtliche Richter B hat am 08.12.2000 mitgeteilt, dass er am 10.11.1999 in der mündlichen Verhandlung anwesend gewesen sei.
Der Kläger hat an seinem Vorwurf, das Protokoll sei gefälscht, festgehalten. Der ehrenamtliche Richter B sei nicht anwesend gewesen. Das Verfahren sei wieder aufzunehmen.
Der Senat hat den Kläger mit Verfügung vom 31.10.2000 darauf hingewiesen, dass eine Fortsetzung des durch Vergleich erledigten Verfahrens für unzulässig gehalten werde, da keine durchgreifenden Gründe für eine Wiederaufnahme des Verfahrens vorgetragen worden seien. Es sei beabsichtigt, die Klage auf Wiederaufnahme durch Beschluss entsprechend § 158 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als unzulässig zu verwerfen.
Der Kläger hatte die Auffassung vertreten, vor einen Beschluss des Senates seien ihm die Unterlagen über den Krankenhausaufenthalt des ehrenamtlichen Richters B zugänglich zu machen. Dieser habe wegen Krankheit verspätet Stellung genommen. Ohne eine ärztliche Bescheinigung über den Grund des Krankenhausaufenthaltes sei seine Behauptung, er habe an dem Termin teilgenommen, nicht glaubhaft.
Die Klage ist nicht zulässig. Hierüber konnte der Senat in entsprechender Anwendung von § 158 SGG durch Beschluss entscheiden (vgl. Meyer-Ladewig, Kommentar zum SGG, 6. Auflage 1998, § 158 Rnr. 6). Auf die Möglichkeit, durch Beschluss zu entscheiden, sind die Beteiligten durch Verfügung des Senates ausdrücklich hingewiesen worden.
Der Senat war nicht gehalten, vor einer Beschlussfassung die Gründe der Erkrank...