Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Anspruch auf Übernahme der Mietkosten bei ungewisser Dauer der Sicherungsverwahrung
Leitsatz (redaktionell)
Der Anspruch auf Übernahme der Mietkosten für einen Inhaftierten nach dessen Haftentlassung richtet sich bis zum 31.12.2004 nach §§ 15a, 72 BSHG, ab dem 1.1.2005 nach der Vorschrift des § 22 Abs. 5 SGB 2, die dem vorherigen Recht weitgehend entspricht. Danach können zur Sicherung des Lebensunterhaltes Mietkosten übernommen werden, wenn für den Inhaftierten Wohnungslosigkeit nach der Haftentlassung droht.
Eine Kostenübernahme kommt nur bei kurzfristigen Haftstrafen in Betracht, wobei nach bisheriger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung zeitlich eine Grenze von einem Jahr bis zur Entlassung angenommen wird. Befindet sich der Antragsteller nach seiner Haft in Sicherheitsverwahrung und ist diese unbefristet angeordnet, so besteht kein Anspruch auf darlehensweise Übernahme der Mietkosten, weil nicht absehbar ist, wann der Antragsteller in die Freiheit entlassen wird.
Bei der Kostenübernahme handelt es sich um eine Ermessensleistung.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 18. März 2005 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. Der Antragsteller (Ast) begehrt die Übernahme von Mietkosten für die von seiner Mutter ererbte Wohnung in B für die Zeit vom 01.10.2004 bis zu seiner Haftentlassung.
Er ist am 00.00.1944 geboren und hat bereits bis 1991 wegen Betrugsdelikten eine Haftstrafe mit anschließender Sicherungsverwahrung verbüßt, von der er nach 16-jähriger Dauer auf Bewährung entlassen worden war. Seit 1992 verbüßt er erneut eine siebenjährige Freiheitsstrafe wegen schweren Betruges und befindet sich seit Ablauf dieser Freiheitsstrafe in der Sicherungsverwahrung gemäß § 66 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) - Urteil des Landgerichts Aachen vom 04.01.1993 (Az: 61 KLS 50 JS 134/92).
Nach dem Tod seiner Mutter im September 2004 konnte der Ast deren Mietwohnung als Erbe übernehmen. Ein Räumungsversuch der Vermieterin blieb erfolglos. Der Ast beantragte deswegen am 21.09.2004 die Zahlung der Miete für diese Wohnung vom Antragsgegner (Ag) bis zum Ende seiner Haftentlassung im Wege einer Darlehensgewährung. Er trug vor, er habe in dieser Wohnung stets zur Untermiete gewohnt und dort auch seine Hafturlaube verbracht. Er beabsichtige, nach seiner Haftentlassung wieder dort hinzuziehen. Auf Anforderung des Ag übersandte der Ast zwei Haftbescheinigungen der JVA B vom 01.10.2004 und 05.01.2005. Danach war die Haftentlassung des Ast offen. Dieser trug vor, er rechne damit, im Sommer 2005 entlassen zu werden. Ferner beabsichtige er, die Wohnung mit einem derzeit ebenfalls noch inhaftierten Lebensgefährten zu bewohnen. Dessen Haftentlassung sei voraussichtlich für den 04.07.2006 ausweislich einer Haftbescheinigung der JVA B vorgesehen. Er - der Ast - beabsichtige zudem, die Wiederaufnahme seines Verfahrens und die Beendigung der Sicherungsverwahrung schon im Dezember 2005 im Hinblick auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Dauer der Sicherungsverwahrung von Betrugstätern zu betreiben. Der Ag lehnte mit Bescheid vom 15.02.2005 den Antrag ab. Er führte zur Begründung aus, dass mit einer kurzfristigen Haftentlassung des Ast nicht zu rechnen sei. Außerdem könne nach der derzeitigen Wohnungsmarktlage davon ausgegangen werden, dass der Ast nach der Haftentlassung eine angemessene Unterkunft finden könne. Hiergegen richtet sich der am 22.02.2005 erhobene Widerspruch des Ast.
Am 28.02.2005 hat er beim Sozialgericht beantragt, den Ag im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten für die Wohnung vom 01.10.2004 bis zu seiner Haftentlassung zu übernehmen. Er gab an, wegen der Weigerung des Ag entstünden ihm irreparable Nachteile, da er nach der Haftentlassung obdachlos werde.
Der Ag hat vorgetragen, die Übernahme von Kosten zur Sicherung einer Unterkunft bei Inhaftierten sei nur bei Vorliegen besonderer Umstände gerechtfertigt. Deshalb komme die Übernahme nur bei kurzfristigen Inhaftierungen von 12, maximal 18 Monaten ab Antragstellung in Betracht. Der Zeitpunkt der Haftentlassung des Ast sei jedoch nicht absehbar. Darüber hinaus sei die Wohnungslage in B derzeit entspannt, so dass nicht zu befürchten sei, dass der Ast nach seiner Haftentlassung keine anderweitige angemessene Wohnung finde.
Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit Beschluss vom 18.03.2005 abgelehnt. Es hat im Wesentlichen dargelegt, dass der Ast keine besonderen Umstände glaubhaft gemacht habe, die die Vorwegnahme der Hauptsache im Wege der einstweiligen Anordnung - die Übernahme der vollen Miete - rechtfertigten. Der Anspruch richte sich nach §§ 15 a, 72 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), und zwar nicht nur für die Zeit bis zum 31.12.2004, sondern auch darüber hinaus. Denn der Ast begehre einen Dauerverwaltungsakt, der bis zu dessen Entlassung aus der Haft Geltung habe. Da der Ast seinen An...