Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch auf Entschädigung des Klägers wegen überlanger Verfahrensdauer
Orientierungssatz
1. Nach § 198 Abs. 3 S. 1 GVG erhält ein Verfahrensbeteiligter eine Entschädigung nur dann, wenn er bei dem mit der Sache betrauten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat.
2. Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach § 198 Abs. 1 GVG kann nach Abs. 5 S. 1 dieser Vorschrift frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die vor Fristablauf erhobene Klage wird durch Ablauf der Frist nicht zulässig. Eine Heilung findet nicht statt.
3. Die Angemessenheit einer Verfahrensdauer richtet sich gemäß § 198 Abs. 1 S. 2 GVG insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten.
Tenor
Der Antrag des Klägers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für eine auf Entschädigung gerichtete Klage nach §§ 198 ff. Gerichtsverfassungsgesetz (GVG).
Er macht eine unangemessene Dauer des Gerichtsverfahrens S 20 SB 1587/10 Sozialgericht (SG) Dortmund geltend und begehrt Entschädigungszahlungen (Schriftsatz vom 22.07.2013).
II.
Der Senat ist gemäß § 202 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m § 201 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 GVG, beide eingefügt durch das Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24.11.2011 (BGBl. I S. 2302) und zuletzt geändert durch das Gesetz über die Besetzung der großen Straf- und Jugendkammern in der Hauptverhandlung und zur Änderung weiterer gerichtsverfassungsrechtlicher Vorschriften sowie des Bundesdisziplinargesetzes vom 06.12.2011 (BGBl. I S. 2554), zuständig. Das streitgegenständliche Verfahren S 20 SB 1587/10 SG Dortmund wird im Bezirk des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen durchgeführt.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe.
Prozesskostenhilfe ist nach Maßgabe des § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 114 Satz 1 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) nur zu bewilligen, wenn u.a. die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die von dem Kläger beabsichtigte Rechtsverfolgung hat keine hinreichende Erfolgsaussicht, wenn sie nicht sogar als mutwillig anzusehen ist.
Die Erfolgsaussicht i.S.d. § 114 ZPO ist regelmäßig ohne vollständig abschließende tatsächliche und rechtliche Würdigung des Streitstoffes zu beurteilen, da die Prüfung der Erfolgsaussicht nicht dazu dienen soll, die Rechtsverfolgung bzw. -verteidigung selbst in das Nebenverfahren der Prozesskostenhilfe vorzuverlagern und dieses an die Stelle des Verfahrens in der Hauptsache treten zu lassen. Daraus folgt, dass an die Annahme hinreichender Erfolgsaussicht keine überspannten Anforderungen gestellt werden dürfen. Das Prozesskostenhilfeverfahren will den Rechtsschutz, den der Rechtsstaatsgrundsatz erfordert, nicht selbst bieten, sondern überhaupt erst zugänglich machen. Prozesskostenhilfe darf allerdings verweigert werden, wenn ein Erfolg in der Hauptsache zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, die Erfolgschance aber nur eine entfernte ist (Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschlüsse vom 03.09.2013 - 1 BvR 1419/13 - und vom 13.03.1990 - 2 BvR 94/88 -). Letzteres ist hier der Fall. Es erscheint derzeit ausgeschlossen, dass der Senat das beklagte Land Nordrhein-Westfalen zur Zahlung einer Entschädigung an den Kläger verurteilen würde.
1) Einem Klageerfolg steht bereits entgegen, dass der Kläger zunächst keine Verzögerungsrüge erhoben hat und dass im Übrigen die Klagefrist des § 198 Abs. 5 GVG nicht gewahrt ist.
a) Nach § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG erhält ein Verfahrensbeteiligter eine Entschädigung nur dann, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat. Dies hat der Kläger indes zunächst nicht getan; er hat sich lediglich an die Präsidentin des SG Dortmund (z.B. Schreiben vom 15.12.2012) oder an das Landesozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen (z.B. Schreiben vom 12.01.2013) gewandt und dort Beschwerde über das nach seiner Auffassung strafbare richterliche Verhalten in dem Rechtstreit S 20 SB 1587/10 geführt. Selbst wenn den Schreiben ggf. auch entnommen werden könnte, dass der Kläger auch die Länge des sozialgerichtlichen Verfahrens beanstandet wissen will, sind diese Schreiben nicht an das mit der Sache befasste Gericht i.S.d. § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG gerichtet, dem aber gerade die Verzögerungsrüge als Vorwarnung und Anlass zur Förderung und Beschleunigung des Verfahrens dienen soll (BT-Drucks. 17/3802, 20). Würden die Schreiben des Klägers vom 15.12.2012 bzw. 12.01.2013 ungeachtet dessen dennoch als Verzögerungsrüge i.S.d. § 198 Abs. 3 Satz 1 GVG gewertet, würde das auch nicht weiterführen. Nach § 198 Abs. 3 Satz 2 GVG kann die Verzögerungsrüge nämlich erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abg...