Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. berücksichtigungsfähige Kosten der Unterkunft bei selbst genutztem Wohneigentum. Zins- und Tilgungsraten. Betriebskosten. Geschüztes Schonvermögen. Nebenkosten. Einstweilige Anordnung

 

Orientierungssatz

1. Leistungen nach dem SGB 2 sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen. Deshalb zählen Schuldzinsen bei selbst genutztem Wohnungseigentum zu den berücksichtigungsfähigen Unterkunftskosten, Tilgungsleistungen dagegen grundsätzlich nicht. Ein Eigentümer ist aber ebenso wenig davor geschützt, dass sich die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels ergeben kann (vgl BSG vom 7.7.2011 - B 14 AS 51/10 R = SGb 2012, 428).

2. Tilgungsleistungen sind nach der Rechtsprechung des BSG nur bei Vorliegen eines besonderen Ausnahmefalles zu übernehmen, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist. Dementsprechend sind bei Vorliegen eines solchen Ausnahmefalles Tilgungsleistungen bei der Ermittlung der Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen.

3. Neben den zur Finanzierung geleisteten Schuldzinsen gehören nach § 22 Abs 1 S 1 SGB 2 zu den grundsätzlich berücksichtigungsfähigen Aufwendungen für die Unterkunft im selbst genutzten Wohnungseigentum auch die Nebenkosten in Form der Beiträge zur Wohngebäudeversicherung, Grundsteuern, Wasser- und Abwassergebühren und ähnliche Aufwendungen im jeweils maßgebenden Bewilligungszeitraum (vgl BSG vom 29.11.2012 - B 14 AS 36/12 R = SozR 4-4200 § 22 Nr 63).

 

Normenkette

SGB II § 22 Abs. 1, § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4; SGG § 86b Abs. 2 S. 2

 

Tenor

Die Beschwerden der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 13.06.2013 werden zurückgewiesen.

Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller begehren die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung von höheren Unterkunftskosten im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.

Die Antragstellerin zu 2) erwarb 2005 zusammen mit ihrem geschiedenen Ehemann das Hausgrundstück T-Straße 00, C für einen Kaufpreis von 70.300,- EUR. Zur Finanzierung des Hauskaufes nahm das Ehepaar zwei Darlehen in Höhe von insgesamt 82.800,- EUR auf (60.800,- EUR und 22.000,- EUR), die u. a. auch zur Umschuldung eines privaten Kredits verwandt wurden. Zu Gunsten der Sparkasse F wurde auf dem Grundstück eine Grundschuld in Höhe von 82.800,- EUR eingetragen. Später nahmen die Eheleute einen weiteren Kredit von 8.000,- EUR zur Finanzierung der Kosten einer Dachsanierung auf. Der geschiedene Ehemann der Antragstellerin zu 2) verwandte die Darlehenssumme zur Finanzierung des Kaufs eines Kraftfahrzeuges. Wegen der Einstellung der Ratenzahlung durch den geschiedenen Ehemann der Antragstellerin zu 2) kündigte die Sparkasse F die Geschäftsverbindung mit der Antragstellerin zu 2). Daraufhin verpflichtete sich die Antragstellerin zu 2) gegenüber der Sparkasse F, eine monatliche Darlehensrate von 500,- EUR zur Bedienung der drei Darlehen zu leisten, wobei die Darlehensrate zunächst mit dem Tilgungsdarlehen über ursprünglich 60.800,- EUR verrechnet wird.

Seit dem 01.07.2011 wohnt der Antragsteller zu 1) zusammen mit der Antragstellerin zu 2) in dem Haus. Das Haus wird mit Kohle beheizt. Der Antragsgegner gewährte zunächst den Antragstellern als Bedarfsgemeinschaft Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt 459,79 EUR mtl ...

Durch Bescheid vom 22.03.2013 bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von insgesamt 912,18 EUR mtl. (Regelbedarf inklusive Mehrbedarf für den Antragsteller zu 1): 352,64 EUR + Regelbedarf inklusive Mehrbedarf für die Antragstellerin zu 2): 352,94 EUR + Bedarf für Unterkunft 206,30 EUR) für die Zeit vom 01.04.2013 bis zum 30.09.2013. Bei der Ermittlung der Unterkunftskosten berücksichtigte der Antragsgegner durchschnittliche Betriebskosten in Höhe von 111,63 EUR mtl. und Zinszahlungen in Höhe von 94,67 EUR mtl. auf die drei Darlehen. Der Forderungsstand der Darlehen betrug zum 07.03.2013 17.407,41 EUR, 22.891,73 EUR und 7.337,60 EUR.

Gegen die Höhe der bewilligten Unterkunftskosten legten die Antragsteller Widerspruch ein, den der Antragsgegner durch Widerspruchsbescheid vom 19.04.2013 zurückwies. Hiergegen erhoben die Antragsteller Klage (S 31 AS 1222/13, SG Gelsenkirchen).

Am 21.05.2003 haben die Antragsteller beantragt, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, ihnen Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 459,79 EUR mtl. zu gewähren sowie Prozesskostenhilfe für diesen Antrag zu bewilligen. Sie haben die Auffassung vertreten, die in dem Betrag von 500,00 EUR enthaltenen Tilgungsleistungen seien als Unterkunftskosten zu berücksichtigen. Die Sparkasse F sei als Gläubigerin der Darlehen nicht ...

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