Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde gegen die Untätigkeit des Sozialgerichts. Statthaftigkeit. Zulässigkeit. Begründetheitsprüfung. einseitige Erledigungserklärung. Abhilferecht
Leitsatz (amtlich)
1. Eine Beschwerde gegen die Untätigkeit des Gerichts ist grundsätzlich statthaft. Zulässig ist die Untätigkeitsbeschwerde erst dann, wenn der jeweilige Beschwerdeführer substantiiert und inhaltlich plausibel eine gerichtliche Rechtsverweigerung darlegt.
2. Im Rahmen der Begründetheitsprüfung ist die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der Schwierigkeit des Falles sowie des Verhaltens der Beteiligten und des Gerichts zu beurteilen. (vgl LSG Mainz vom 5.6.1998 - L 1 B 50/98 = E-LSG B-126 = NZS 1998, 543).
3. Die einseitige Erledigungserklärung hat anders als nach § 91a ZPO oder § 161 Abs 2 VwGO keine eigenständige, insbesondere keine kostenrechtliche Bedeutung. Sie stellt sich je nach prozessualer Konstellation entweder als Klagerücknahme oder als Annahme eines vom Beklagten abgegebenen Anerkenntnisses dar. (vgl BSG vom 20.12.1995 - 6 RKa 18/95).
Orientierungssatz
Der Devolutiveffekt der Beschwerde tritt grundsätzlich erst ein, wenn das SG der Beschwerde nicht abgeholfen hat; dennoch darf das Beschwerdegericht ohne Nichtabhilfeentscheidung ausnahmsweise dann entscheiden, wenn das SG der Beschwerde unter keinem denkbaren Gesichtspunkt abhelfen kann, zB im Fall einer (unbegründeten oder unzulässigen) Untätigkeitsbeschwerde.
Gründe
I. Die Beteiligten haben im Verfahren S 5 SB 19/00 (SG Detmold) darum gestritten, ob beim Kläger die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung des Nachteilsausgleichs H (Hilflosigkeit) vorliegen. Nach Auswertung eines im Streitverfahren S 17 P 57/00 (SG Detmold) eingeholten Sachverständigengutachtens hat der Beklagte mit Schriftsatz vom 11.09.2001 zur Beendigung des Rechtsstreits folgendes Anerkenntnis abgegeben:
1. Das beklagte Land verpflichtet sich, die im Bescheid des Versorgungsamtes Bielefeld vom 11.11.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20.12.1999 zum Nachteilsausgleich "H" getroffene Feststellung aufzuheben und insoweit über den am 13.09.1999 rechtswirksam gestellten Antrag neu zu entscheiden.
Bei dieser Entscheidung wird davon ausgegangen werden, dass ab Januar 1998 (Unfallmonat) die gesundheitlichen Merkmale für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen wegen Hilflosigkeit (Merkzeichen "H") erfüllt sind.
2. Das beklagte Land übernimmt die gemäß § 193 SGG erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
Unter dem 24.09.2001 haben die Klägerbevollmächtigten den Rechtsstreit für erledigt erklärt und beantragt, die Kosten dem Beklagten aufzuerlegen. Am 21.11.2001 haben sie an die Erledigung dieses Antrags erinnert. Das SG hat am 26.11.2001 darauf hingewiesen, dass der Beklagte dem Grunde nach die Kostenübernahme anerkannt habe und die Kostennote unmittelbar beim Versorgungsamt eingereicht werden könne. Hierauf haben die Bevollmächtigten des Klägers wegen Nichtbetreibens des Verfahrens durch das SG Detmold Beschwerde beim Landessozialgericht eingelegt (Schriftsatz vom 05.12.2001).
Mit Verfügung vom 16.01.2002 hat der Senat die Bevollmächtigten des Klägers darauf hingewiesen, dass für eine Kostengrundentscheidung kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, weil das angenommene Anerkenntnis den Rechtsstreit erledigt hat und insoweit einen Vollstreckungstitel bildet.
Dennoch haben die Bevollmächtigten des Klägers am Kostenantrag festgehalten und vorgetragen: Ohne Kostengrundentscheidung könnten die Kosten gegen den Beklagten nicht festgesetzt werden. Die Mitteilung des Beklagten im Schreiben vom 11.09.2001, das Land übernehme gem. § 193 SGG die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers, habe keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Der Kläger könne nicht darauf verwiesen werden, zunächst dem Beklagten seine außergerichtlichen Kosten zu errechnen; in konsequenter Anwendung der Auffassung des Gerichts käme erst dann wieder ein Rechtsschutzbedürfnis in Betracht, wenn der Beklagte die außergerichtlich angemeldeten Kosten nicht begleiche. Im übrigen verweise er auf das Streitverfahren S 17 P 57/00 (SG Detmold). Unmittelbar nach dem Einlegen der Beschwerde beim LSG habe sich der zuständige Richter an das SG Detmold gewandt, das daraufhin die beantragte Kostenentscheidung erlassen habe. Er gehe daher davon aus, dass die im Schreiben des Senats vom 16.01.2002 geäußerte Auffassung nicht von allen Senaten geteilt werde.
Der Beklagte hat sich nicht geäußert.
Der Senat hat die Akte S 17 P 57/00 (Hönerhoff/AOK Westfalen-Lippe - Pflegekasse) beigezogen.
II. Die Beschwerde ist unzulässig.
Der Kläger wendet sich mit seiner Beschwerde gegen ein (vermeintliches) Nichtbetreiben des Verfahrens durch das SG. Nach § 172 Abs. 1 SGG ist die Beschwerde nur statthaft, wenn eine beschwerdefähige Entscheidung vorliegt. Daran fehlt es. Ausgehend hiervon hat der Senat im Besc...