Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung des sozialgerichtlichen Verfahrens bis zum Abschluss des Strafverfahrens. Betrugsverdacht. Aufhebung der Arbeitslosenhilfebewilligung. Vermögensverwertung. analoge Anwendung bei bereits anhängigem Strafverfahren
Orientierungssatz
Liegt ein Betrugsverdacht wegen Verschweigens von Vermögen vor, welches im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung für die Arbeitslosenhilfe nach § 193 Abs 2 SGB 3 anzurechnen gewesen wäre, so bestehen keine Bedenken gegen die entsprechende Anwendung des § 114 Abs 3 SGG über die Aussetzung des sozialgerichtlichen Verfahrens bis zur Erledigung eines Strafverfahren auch in dem Fall, dass das strafrechtliche Ermittlungsverfahren bereits vor Klageerhebung anhängig war.
Gründe
Der Kläger wendet sich gegen die Aussetzung des gerichtlichen Verfahrens bis zum Abschluss strafrechtlicher Ermittlungen.
Der Kläger bezog vom 01.01.1998 bis einschließlich 20.11.2003 Arbeitslosenhilfe. Die Beklagte erhielt Kenntnis von einer Angabe des Klägers im Unterhaltsrechtsstreit 250 F 2354/97 EA/UE, Amtsgericht Düsseldorf. In diesem Verfahren hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 21.12.2000 den Kläger zu Unterhaltszahlungen von monatlich 355,09 DM, ab Juli 2000 verpflichtet. Der Kläger habe nach eigenen Darlegungen über ein Aktienvermögen von 451.000,- DM verfügt. Weil er den aktuellen Stand des Vermögens bzw. den behaupteten Verbrauch nicht glaubhaft gemacht habe, seien ihm fiktive Erträge als Einkommen in Höhe von 560,- DM monatlich anzurechnen.
Daraufhin hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe für den laufenden Bewilligungsabschnitt mit dem im vorliegenden Verfahren streitigen Bescheid vom 20.11.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.03.2004 auf und lehnte den Folgeantrag des Klägers auf Arbeitslosenhilfe vom 01.03.2004 mit Bescheid vom 03.06.2004 ab. Mit weiterem Bescheid vom 03.06.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.04.2005 hob die Beklagte die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe im Zeitraum vom 07.03.1999 bis 20.11.2003 im Hinblick auf anspruchsausschließendes Vermögen auf und forderte vom Kläger die überzahlten Leistungen in Höhe von 77.248,55 € zuzüglich geleisteter Beiträge zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung von 23.604,26 € zurück. Auf Anzeige der Beklagten leitete das Hauptzollamt D am 03.07.2006 das Ermittlungsverfahren wegen Verdachts des Betruges des Klägers zu Lasten der Beklagten (Az.: 51 Js 3001/06, StA Düsseldorf) ein.
Im hier anhängigen Verfahren hat das Sozialgericht den Kläger dazu aufgefordert, Stand und späteren Verbrauch des Vermögens nachvollziehbar darzulegen, hierzu seine ihm ab 1997 betreuenden Banken zu benennen und vom Bankgeheimnis zu befreien. Hierauf hat der Kläger vorgetragen, Prozesskosten von 50.000,- DM, 60.000,- DM an Kosten für die Suche einer Anstellung und 50.000,- DM Bewerbungskosten sowie immense Kursverluste gehabt zu haben. Einzelne Belege wurden vorgelegt. In dem Ermittlungsverfahren 51 Js 3001/06, StA Düsseldorf, hat das ermittelnde Hauptzollamt D Anfragen an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, sowie an einzelne Kreditinstitute zum Vermögen des Klägers veranlasst.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Sozialgericht das gerichtliche Verfahren bis zum Abschluss des strafrechtlichen Verfahrens 51 Js 3001/06 ausgesetzt und diese Entscheidung auf §§ 114 Abs. 1 und 3 SGG gestützt.
Gegen den am 23.03.2007 seinem Prozessbevollmächtigten zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde des Klägers vom 20.04.2007, mit der er die Aufhebung des Aussetzungsbeschlusses, eine Verpflichtung des Sozialgerichts zur zügigen Verfahrensbearbeitung und eine Verpflichtung der Beklagten zur Übernahme der Kosten des Verfahrens begehrt.
Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 27.04.2007), ist unbegründet.
Die vom Sozialgericht getroffene Entscheidung, das vorliegende Verfahren bis zum Abschluss der strafrechtlichen Ermittlungen in dem Verfahren 51 Js 3001/06, StA Düsseldorf, auszusetzen, ist nach § 114 Abs. 3 SGG rechtmäßig. Nach § 114 Abs. 3 SGG kann das Gericht die Aussetzung der Verhandlung bis zur Erledigung des Strafverfahrens anordnen, wenn sich im Laufe eines Rechtsstreits der Verdacht einer Straftat ergibt. Die Ermittlungen im Strafverfahren müssen Einfluss haben können auf die Entscheidung des Gerichts (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 114 Rn 4 m. w. N.). Diese Voraussetzungen liegen vor, denn wenn der Kläger zu Beginn des hier streitigen Leistungszeitraumes über ein den Anspruch auf Arbeitslosenhilfe ausschließendes Vermögen verfügt hat, läge in der Geltendmachung dieses Anspruches ein versuchter Betrug zu Lasten der Beklagten. Nach der Höhe des ursprünglich eingeräumten Vermögensbestandes, mangels nachvollziehbarer Darlegungen zu seinem Aufbrauch bzw. Verbleib und angesichts der fehlenden Mitwirkungsbereitschaft des Klägers, für ihn tätige Geldinstitute zu benennen sowie von ihrer Schweigepflicht zu entbinde...