Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung von Folgen eines vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs - Opferentschädigung
Orientierungssatz
1. Ein Anspruch auf Rente wegen der Folgen eines Opferentschädigung auslösenden vorsätzlichen rechtswidrigen tätlichen Angriffs i.S.v. § 1 OEG setzt gemäß § 31 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 30 Abs. 1 S. 2 BVG einen Grad der Schädigung von wenigstens 25 v. H. voraus. Voraussetzung für einen höheren GdS für hieraus resultierende psychische Störungen ist, dass es sich um stärker behindernde Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit handelt.
2. Ist nach den vorhandenen ärztlichen Befunden und den Gutachtensergebnissen eine Verschlimmerung der Schädigungsfolgen nicht zu bejahen, so ist der geltend gemachte Verschlimmerungsantrag zurückzuweisen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 18.10.2017 wird zurückgewiesen.
Kosten sind zwischen den Beteiligten auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der am 00.00.1953 geborene Kläger begehrt Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG) i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) wegen der Folgen eines von ihm behaupteten Überfalls vom 30.10.1997.
Zu dem Überfall trug der Kläger vor: Als damaliger Schifffahrtstreibender sei er in der Nähe des Stadtzentrums N unterwegs zu Behörden gewesen. Auf der etwa 300 m langen Strecke im parkähnlichen N1 sei er plötzlich von einem Unbekannten aus einem Gebüsch angefallen worden. Er sei durch einen Schlag an der linken Gesichtshälfte so stark getroffen worden, dass er mehrere Meter geflogen und dann gestürzt sei. Dort sei er wohl einige Zeit ohne Besinnung gewesen. Mit Taschentüchern habe er stark blutende Kopfwunden zugehalten und sei sodann zu dem etwa 200 m entfernten HNO-Arzt Dr. V gelangt. Dort sei die Erstversorgung erfolgt. Das auf die Anzeige des Klägers vom 30.10.1997 eingeleitete Verfahren stellte die Staatsanwaltschaft C ein, da ein Täter nicht ermittelt werden konnte.
Am 04.02.2005 beantragte der Kläger Versorgung wegen ständiger starker linksseitiger Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Ängsten, Konzentrationsschwierigkeiten, Nervosität, Gesichtsschäden. Beigefügt war ein Bericht über eine cranielle Computertomographie mit zusätzlicher Darstellung der Orbita und des mittleren Gesichtsschädels am 30.10.1997. Es wurde folgende Beurteilung abgegeben:
1.) Fraktur des linken Jochbogens der dorso-li.-lateralen Orbitawand im unteren Anteil sowie Frakturierung der li. Kieferhöhle im vorderen und hinteren Anteil mit Dislokation der Fragmente.
2.) Unauffällige Darstellung der Orbitaweichteile bds.
3.) Einblutung bzw. Sekretmassen in den Kieferhöhlen und Siebbeinzellen.
4.) Kein Nachweis einer intracraniellen Blutung.
Darüber hinaus übersandte der Kläger ein Attest der Fachärztin für Allgemeinmedizin P vom 03.02.2005, die angab, beim Kläger träten seit einem Überfall 1997 rezidivierende linksseitige Kopfschmerzen auf, die dadurch bedingt sein könnten. Das (seinerzeit zuständige) Versorgungsamt C nahm Einsicht in die den Kläger betreffenden Schwerbehindertenakten und holte Befundberichte der behandelnden Ärzte sowie eine Auskunft seiner Krankenkasse ein. In einer vom Versorgungsamt eingeholten schriftlichen Auskunft der Ehefrau des Klägers teilte diese u.a. mit: Sie habe den Kläger im April 1993 in einer Schiffswerft in T kennengelernt und zwar wegen des durch ihn dort beauftragten Neubaus eines Kreuzfahrt-Passagier-Schiffes. Sie sei dem Projekt als technische Beraterin und Dolmetscherin sowie Schiffbauingenieurin zugeordnet gewesen (bis 1997). Während des Baus des Schiffes in Polen habe der Kläger sich gleichzeitig um seine Eltern in N gekümmert. Er habe oft dreimal in der Woche die Strecke zwischen T und N zurücklegen müssen. Einige Tage vor ihrem Geburtstag am 00.11.1997 sei der Kläger zu ihr nach T gekommen. Er habe schrecklich ausgehen. Die linke Seite seines Gesichts sei geschwollen und rot-violett gewesen. Er habe über starke Kopfschmerzen geklagt. Der Kläger habe ihr erzählt, dass er sämtliche das Schiff betreffenden Unterlagen zur Behörde in die Stadt habe bringen wollen. Plötzlich sei er so stark ins Gesicht geschlagen worden, dass er ein paar Meter weit geflogen sei und eine Weile ohnmächtig auf dem Boden gelegen habe. Den Täter habe er nicht erkennen können, weil alles zu schnell passiert sei. Er sei zum ersten Arzt etwa 500 m weiter gegangen, der ihn weiter zur ärztlichen Versorgung überwiesen habe. Als Folge der Tat leide der Kläger dauernd unter ständigen linksseitigen Kopfschmerzen, Alpträumen, nächtlicher Unruhe, Schlaflosigkeit, Nervosität und Ängsten sowie der deformierten linken Gesichtsseite.
Den Antrag lehnte das Versorgungsamt ab. Der Beweis einer Gewalttat sei auch unter Berücksichtigung der Zeugenaussage der Ehefrau des Klägers nicht in vollem Umfang erbracht worden. Die Umstände der Tat und der...