Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialgerichtliches Verfahren. Auslegung eines Rechtsmittelersuchens gegen einen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts

 

Orientierungssatz

Mängel der Tatsachenfeststellung können mit der Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen ergangenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts nicht gerügt werden, weil insoweit das Sozialgericht das sachnähere Gericht und der Antrag auf mündliche Verhandlung der richtige Rechtsbehelf ist. Bei einer Rüge der Verletzung des Rechts auf Gehör muss daher der Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt werden. Mit dem rechtzeitigen Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gilt der Gerichtsbescheid nach § 105 Abs 3 SGG als nicht ergangen. Damit bleibt kein Raum für die Zulassung eines Rechtsmittels gegen die ergangene Entscheidung.

 

Tenor

Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg vom 18.12.2009 wird als unzulässig verworfen.

Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.

 

Gründe

Die mit Schriftsatz 13.01.2010 erhobene Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist nicht statthaft und als unzulässig zu verwerfen.

Soweit gegen den in der Sache ergangenen Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Duisburg angesichts des Nichterreichens des Wertes des Beschwerdegegenstandes von mehr als 750 Euro und mangels Berufungszulassung in der erstinstanzlichen Entscheidung sowohl das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde gemäß § 105 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 145 SGG gegeben ist als auch mündliche Verhandlung gemäß § 105 Abs. 2 Satz 2 beantragt werden kann, ist das Schreiben des Klägers vom 13.01.2010 dahingehend auszulegen, dass er von beiden Rechtsschutzmöglichkeiten gleichrangig Gebrauch machen wollte. Zwar hat der Kläger nach dem Wortlaut seines Schreibens die mündliche Verhandlung beim Sozialgericht Duisburg nur hilfsweise beantragt. Bei verständiger Würdigung seines Rechtsmittelersuchens geht es dem unvertretenen Kläger jedoch um eine umfassende Geltendmachung seiner Rechte. Dies ergibt sich schon aus seinem Vortrag, das Sozialgericht habe auf Nachfragen beim Arbeitgeber verwiesen ohne diese zu benennen oder zu belegen und es sei von einem falschen Sachverhalt ausgegangen worden. Dieser Vortrag könnte im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nicht geprüft werden. Mängel der Tatsachenfeststellung können mit der Nichtzulassungsbeschwerde nicht gerügt werden, weil insoweit das Sozialgericht das sachnähere Gericht und der Antrag auf mündliche Verhandlung der richtige Rechtsbehelf ist. Bei Rüge der Verletzung des Rechts auf Gehörs muss deswegen der Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt werden (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 9. Auflage 2008, § 145 Rdn. 3c). Bei gleichzeitigem Antrag auf mündliche Verhandlung und Einlegen der Nichtzulassungsbeschwerde hat indes der Antrag auf mündliche Verhandlung gemäß § 105 Abs. 2 Satz 3 SGG Vorrang. Mit dem (rechtzeitigen) Antrag auf Durchführung der mündlichen Verhandlung gilt der Gerichtsbescheid nach § 105 Abs. 3 SGG als nicht ergangen, so dass kein Raum für die Zulassung eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung bleibt. (vgl. Landessozialgericht - LSG - Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14.01.2008, Az.: L 25 B 795/07 AS, Rdn. 2; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 26.11.2008, L 20 AS 1478/08, L 20 B 2254/08 AS NZB). Es kann daher in diesem Fall dahinstehen, ob das Rechtsmittel der Nichtzulassungsbeschwerde gegen einen Gerichtsbescheid überhaupt gegeben ist (ablehnend Zeihe, SGG, Stand 01.10.2010, § 105 Rdn. 14 b).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG analog.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).

 

Fundstellen

Haufe-Index 2598782

NZS 2011, 239

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