Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitssuchende. Bedarfsgemeinschaft. eheähnliche Gemeinschaft. Verfassungsmäßigkeit. Indizien für das Vorliegen
Orientierungssatz
1. Es bestehen keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst b SGB 2.
2. Zum Vorliegen ausreichender Anhaltspunkte für eine eheähnliche Gemeinschaft iS von § 7 Abs 3 Nr 3 Buchst b SGB 2.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22. Februar 2005 geändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller zu 2) ab 07. Februar 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts einschließlich der angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung nach dem SGB II vorläufig in Höhe von 150,00 Euro monatlich bis zum 31. Mai 2005 zu zahlen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Antragsgegnerin trägt 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II).
Die Antragsteller (Ast) bezogen bis zum 30.11.2004 Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz und beantragten im Oktober 2004 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Ast zu 1) ist die Mutter der Kinder S. (Ast zu 2, geb. 1996) und D (Ast zu 3, geb. 2001). Als Vater der D. ist F. L. (L.) unterhaltsverpflichtet und zahlt monatlich 111,00 Euro an die Ast zu 1).
Mit einer anonymen Anzeige hatte die Antragsgegnerin (Ag) bereits im Oktober 2004 einen Hinweis erhalten, dass L. mit der Ast zu 1) seit ihrem Einzug in die jetzige Wohnung dort als Lebensgefährte lebe. Die Ag veranlasste daraufhin im November 2004 einen Hausbesuch bei der Ast zu 1) durch den Besuchsdienst. Nach dessen Bericht ergaben sich Anhaltspunkte dafür, dass sich L. bei der Ast zu 1) und den Kindern aufhalte. Die Ag erfuhr ferner, dass in der Betriebskostenabrechnung für die Wohnung schon ab 01.01.2003 ein Verbrauch für vier Personen anstelle von drei zugrundegelegt werde. Die Ag lehnte daraufhin den Antrag der Ast mit Bescheid vom 13.12.2004 ab. Sie führte zur Begründung aus, in der Bedarfsgemeinschaft lebe auch der Vater der Ast zu 3) - L. -. Sie gehe daher davon aus, dass L. den Unterhalt der Bedarfsgemeinschaft sicherstellen könne und somit keine Bedürftigkeit gegeben sei.
Die Ast legten gegen diesen Bescheid Widerspruch ein und erhoben zwischenzeitlich Klage zum Sozialgericht Düsseldorf - Az.: S 35 SO 24/05 -.
Sie beantragten am 07.02.2005 zudem den Erlass einer einstweiligen Anordnung zur Zahlung von Hilfe zum Lebensunterhalt einschließlich Wohnkosten nach dem SGB II. Sie führten zur Begründung aus, die Ast zu 1) und L. lebten nicht in einer eheähnlichen Gemeinschaft. Da L. der Vater der Ast zu 3) sei, komme er nur öfter zu Besuch und bleibe auch einmal über Nacht. Hieraus könne aber nicht auf das Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft geschlossen werden. Da die Ast keine Leistungen mehr erhielten, sei eine Eilentscheidung angezeigt.
Das Sozialgericht hat am 15.02.2005 Beweis erhoben zur Frage des Zusammenlebens durch uneidliche Vernehmung des L. .. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Es hat sodann mit Beschluss vom 22.02.2005 dem Antrag der Ast entsprochen und die Ag im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Ast Leistungen nach dem SGB II ab 01.01.2005 vorläufig in Höhe von 80 % zu gewähren. Zur Begründung hat das SG ausgeführt, die Ast hätten einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht, weil nicht von dem Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft auszugehen sei. Dies ergebe sich aus der Aussage des Zeugen L., wonach ein Zusammenleben der Ast zu 1) und L. "auf Dauer nicht gut gehen" würde. Darüber hinaus hat das Sozialgericht die Auffassung vertreten, dass die Heranziehung der eheähnlichen Gemeinschaft im Rahmen der Überprüfung der Hilfebedürftigkeit verfassungswidrig sein dürfte. Insbesondere im Verhältnis der nichtehelichen Lebensgemeinschaft (zwischen einem Mann und einer Frau) und dem gleichartigen Verhältnis zweier homosexueller Partner dürfte diese Regelung einen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot (Art. 3 Grundgesetz - GG) darstellen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Gründe verwiesen.
Gegen den am 25.02.2005 zugestellten Beschluss richtet sich die am 03.03.2005 eingelegte Beschwerde der Ag. Sie verbleibt aufgrund des Ergebnisses des Hausbesuchs bei ihrer Auffassung, dass von dem Vorliegen einer eheähnlichen Gemeinschaft auszugehen sei. Darüber hinaus könne auch keine Verfassungswidrigkeit der Einbeziehung der eheähnlichen Gemeinschaft in die Überprüfung der Hilfebedürftigkeit angenommen werden. Denn diese Regelung habe bereits unter der Geltung des BSHG bestanden, damit Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht besser gestellt würden als Ehegatten.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 03.03.2005).
Die Antragsgegnerin beantragt, den Beschlus...