rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen nach dem SGB II. Eheähnliche Lebensgemeinschaft. Einstweilige Anordnung
Leitsatz (redaktionell)
1. Es besteht kein Anspruch auf die vorläufige Zahlung von Leistungen nach dem SGB II im Wege der einstweiligen Anordnung, wenn nach der gebotenen summarischen Prüfung schon mehr für das Bestehen einer eheähnlichen Gemeinschaft spricht als dagegen.
2. Die eheähnliche Gemeinschaft ist nach einhelliger gefestigter Rechtsprechung definiert als die Lebensgemeinschaft eines Mannes und einer Frau, die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen.
3. Für die Beurteilung, ob eine eheähnliche Gemeinschaft vorliegt, ist stets maßgebend, ob das „Gesamtbild” aller zu wertenden Tatsachen die Annahme des Vorliegens einer solchen Gemeinschaft rechtfertigt.
Normenkette
SGB II § 7 Abs. 3 Nr. 3b, § 9 Abs. 2 S. 1; SGG § 86b Abs. 2 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16. Februar 2005 geändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller zu 2) ab 10. Februar 2005 monatlich laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 208,– Euro bis 31. Mai 2005 vorläufig zu zahlen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Antragsgegnerin trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller in beiden Rechtszügen.
Tatbestand
I.
Die Antragsteller – Ast zu 1) und Ast zu 2) – begehren Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch – Grundsicherung für Arbeitssuchende – (SGB II) im Wege der einstweiligen Anordnung.
Die Ast bezogen von der Antragsgegnerin (Ag) bis zum 31.12.2004 Leistungen zur Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz und beantragten im Oktober Leistungen nach dem SGB II. Nachdem bei der Ag im November 2004 eine anonyme Anzeige eingegangen war, nach der die Ast zu 1) seit ca. 10 Jahren mit ihrem Vermieter – Herrn I (I.) – zusammenlebe, ein Hausbesuch am 08.12.2004 bei der Ast zu 1) veranlasst worden war und eine Nachfrage bei den zuständigen Stromwerken ergab, dass in der Wohnung der Ast zu 1) ein einem 3-Personen-Haushalt entsprechender Stromverbrauch vorgelegen haben dürfte, lehnte die Ag den Antrag mit Bescheid vom 06.01.2005 mit der Begründung ab, die Ast lebten mit dem Vermieter I. in „häuslicher” und „wirtschaftlicher” Gemeinschaft zusammen. Daher sei das Einkommen des I. bei der Bedürftigkeitsprüfung der Ast zu berücksichtigen. Da dieses nicht näher bezeichnet und keine Prüfungsmöglichkeit gegeben sei, sei der Anspruch abzulehnen. Dieser werde nach Bekanntgabe der Einkommensverhältnisse des I. erneut geprüft. Die Ag veranlasste am 06.01.2005 einen erneuten Hausbesuch bei der Ast zu 1). Diese erhob gegen den Bescheid am 18.01.2005 Widerspruch, mit dem sie geltend machte, dass eine eheähnliche Lebensgemeinschaft zwischen ihr und I. nicht bestehe.
Die Ast beantragten am 10.02.2005 bei dem Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Sie führten zur Begründung aus, die Ast zu 1) und I. lebten nicht in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft. I. sei nur der Vermieter. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die Ast zu 1) zwischenzeitlich zu ihrer Schwester gezogen sei. Nur der Ast zu 2) wohne weiterhin in der alten Wohnung. Es sei vereinbart, dass I. nach ihm sehe, da die Wohnung der Schwester für alle Personen zu klein gewesen sei.
Die Ag verblieb bei ihrer Auffassung, dass auf Grund der Außendienstberichte von einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zwischen der Ast zu 1) sowie I. auszugehen sei. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht vom 08.12.2004 verwiesen. Darüber hinaus hat die Ag zwei weitere Hausbesuche am 02.02.2005 sowohl in der Wohnung der Ast in der Nstr. als auch in der Wohnung der Schwester D X durchgeführt. Auf die Außendienstberichte wird ebenfalls verwiesen.
Das Sozialgericht hat dem Antrag durch Beschluss vom 16.02.2005 stattgegeben und die Ag dazu verpflichtet habe, den Ast im Wege der einstweiligen Anordnung 80% der zustehenden Leistungen nach dem SGB II ab 01.01.2005 zu gewähren. Es hat zur Begründung ausgeführt, die Ast hätten einen Anordnungsanspruch geltend gemacht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (z.B. Beschuss vom 02.09.2004, Az.: 1 BvR 1962/04) liege eine eheähnliche Gemeinschaft nur vor, wenn zwischen den Partnern so enge Bindungen beständen, dass von ihnen ein gegenseitiges Einstehen in den Not- und Wechselfällen des Lebens erwartet werden könne. Hierauf könne noch nicht aus dem Umstand geschlossen werden, dass die Ast zu 1) und I. offenbar in einer gemeinsamen Wohnung wohnten und in einem gemeinsamen Bett schliefen. Denn diesen Anhaltspunkten stände gegenüber, dass zwischen ...