Entscheidungsstichwort (Thema)

Bildung des Streitwerts bei mehreren mittels Klagehäufung anhängig gemachten Streitgegenständen

 

Orientierungssatz

1. Die Festsetzung des Streitwerts darf nicht im Urteil, sondern muss durch Beschluss erfolgen. Gleichwohl liegt auch dann ein Beschluss vor, wenn das Gericht eine Festsetzung in die Urteilsformel oder in die Entscheidungsgründe des Urteils aufgenommen hat. Ausreichend hierzu ist, wenn ein eindeutiger Wille des Gerichts zu erkennen ist, gerade den Streitwert endgültig festzusetzen.

2. Handelt es sich bei dem Verfahren um eine Klagehäufung zweier Streitgegenstände i. S. des § 260 ZPO, die es rechtfertigen, das Verfahren nach § 113 SGG zu trennen, so ist für jeden der beiden Streitgegenstände ein Streitwert festzusetzen.

3. Ist für beide Streitgegenstände ein konkreter Streitwert nicht bezifferbar und handelt es sich bei dem einen Klageverfahren auch nicht um eine bloße Vorfrage des anderen Klageverfahrens, so ist der Streitwert für jeden der beiden Streitgegenstände gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf den Auffangstreitwert in Höhe von 5000.- €. festzusetzen.

4. Der Streitwert für zwei mittels Klagehäufung im denselben Rechtszug anhängig gemachter Streitgegenstände ist nach § 39 Abs. 1 GKG zusammenzurechnen. Aus zwei Auffangstreitwerten von jeweils 5000.- €. ist ein Gesamtstreitwert von 10000.-€. zu bilden.

 

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen den Streitwertfestsetzungsbeschluss des Sozialgerichts Detmold im Urteil vom 10.07.2013 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Gründe

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung des Streitwerts auf 10.000,00 EUR durch das Sozialgericht (SG) Detmold in seinem Urteil vom 10.07.2013.

Mit ihrer am 12.05.2010 erhobenen Klage wandte sich die Klägerin gegen zwei Beschlüsse vom 27.01.2010 (BA-Nr. 594/2009 und BA Nr. 798/2009), mit denen der Beklagte feststellte, dass die Widersprüche der Klägerin gegen die Beschlüsse vom 24.06.2009 und 30.09.2009 jeweils als zurückgenommen gälten, weil die Widerspruchsgebühr nicht fristgerecht entrichtet worden sei. Mit diesen Beschlüssen hatte der Zulassungsausschuss die Jobsharing-Obergrenzen für die Quartale III/2009 und IV/2009 geändert.

Das SG hat in seinem Urteil vom 10.07.2013 den Streitwert endgültig auf 10.000,00 EUR festgesetzt. Zur Begründung hat es ausführt, dass die Streitwertentscheidung auf § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) beruhe und den Umstand berücksichtige, dass die Klägerin jeweils gegen die Beschlüsse vom 27.01.2010 Klage erhoben habe.

Dagegen richtet sich die am 09.09.2013 eingelegte Beschwerde der Klägerin. Zur Begründung trägt sie vor, dass das SG aus der einheitlichen Klage zwei Klagen gemacht habe. Das widerspreche § 36 Abs. 2 GKG. Deshalb dürfe der Streitwert maximal 5.000,00 EUR betragen. Außerdem dürfe der Streitwert nur nach dem Gegenstand des Rechtsstreits berechnet werden. Hier sei aber nicht in der Sache entschieden worden, vielmehr seien allein verfahrensrechtliche Vorfragen streitig gewesen. Selbst wenn § 52 Abs. 2 GKG anwendbar wäre, sei ein ganz erheblicher Abschlag von dem Ausgangsbetrag von 5.000,00 EUR zu machen. Angemessen sei ein Streitwert von 2.000,00 EUR.

Demgegenüber vertritt der Beklagte die Auffassung, das SG habe den Streitwert zutreffend festgesetzt. Gegen seine beiden Beschlüsse seien zwei Klagen erhoben worden. Der Wert einer jeden könne nicht in einem konkreten Betrag beziffert werden. Deshalb sei für jede Klage der Auffangstreitwert von je 5.000,00 EUR festzusetzen.

II.

Die Streitwertbeschwerde ist gemäß § 68 GKG zulässig.

Der Senat entscheidet über die Beschwerde in der Besetzung mit drei Berufsrichtern. Die Ausnahmevorschriften der §§ 68 Abs. 2 Satz 7, 66 Abs. 6 Satz 1 GKG, wonach über die Streitwertbeschwerde der Einzelrichter entscheidet, sind im sozialgerichtlichen Verfahren nicht anzuwenden (Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.12.2009 - L 11 B 7/09 KA -)

Zunächst liegt ein beschwerdefähiger Streitwertfestungsbeschluss vor. Unschädlich ist, dass die Streitwertfestsetzung in dem Tenor und den Entscheidungsgründen des Urteils des SG vom 10.07.2013 enthalten war (Hartmann, Kostengesetze, 44. Auflage, 2014, § 63 Rdn. 26). Dies bedeutet jedoch nicht, dass das SG die Streitwertfestsetzung fehlerhaft durch Urteil vorgenommen hat. Zwar ist zutreffend, dass die Festsetzung des Streitwerts nicht durch Urteil erfolgen darf (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.11.2008 - L 9 KR 119/08 -). Allerdings kann im Tenor des Urteils auch eine Streitwertfestsetzung aufgenommen werden. Es liegt nämlich auch dann ein Beschluss vor, wenn das Gericht eine Festsetzung in die Urteilsformel oder in die Entscheidungsgründe des Urteils aufgenommen hat. Nicht erforderlich ist, dass Urteil und Beschluss unterschiedliche Rubren und Entscheidungssätze haben und nacheinander abgesetzt werden müssen (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 23.03.2009 - L 1 AL 35/09 B -). Dies entspricht auch der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vg...

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