Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenpflichtigkeit des Verfahrens des Sozialhilfeträgers für einen Kostenerstattungsanspruch gegen einen Dritten
Orientierungssatz
1. Kosten nach dem GKG werden erhoben, wenn in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu dem in § 183 SGG genannten Personenkreis gehört. Hierzu zählen Versicherte, Leistungsempfänger, Behinderte, oder deren Sonderrechtsnachfolger, soweit sie in dieser Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind.
2. Wendet sich ein Dritter, der Leistungen der Sozialhilfe durch vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten herbeigeführt hat, gegen einen Kostenerstattungsanspruch des Sozialhilfeträgers nach § 104 SGB 12, so besteht keine Gerichtskostenfreiheit, weil der Dritte nicht als Leistungsempfänger in Anspruch genommen wird.
3. In einem solchen Fall lässt sich Gerichtskostenfreiheit weder im Wege eines Umkehrschlusses aus § 197 a Abs. 3 SGG noch durch analoge Anwendung des § 188 S. 2 VwGO in der bis zum 14. 12. 2004 geltenden Fassung begründen.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 07.06.2011 wird zurückgewiesen.
Kosten für das Beschwerdeverfahren sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beschwerdeführer wenden sich mit ihrer Beschwerde gegen den Kostenansatz für das vor dem Sozialgericht geführte Klageverfahren. Dort streiten die Beteiligten darüber, ob die Beklagte als Träger der Sozialhilfe von den Beschwerdeführern nach § 104 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) die Erstattung von Kosten für zu Unrecht erbrachte Leistungen in Höhe von insgesamt 8.949,24 Euro beanspruchen kann, die sie deren minderjährigem Sohn erbracht hat.
Durch Beschluss vom 17.02.2011 setzte das Sozialgericht Münster den Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren vorläufig auf 8.949,24 Euro fest. Daraufhin forderte der Kostenbeamte die Beschwerdeführer mit Kostenrechnung vom 23.02.2011 auf, Gerichtskosten in Höhe von 363,00 Euro binnen eines Monats zu überweisen, wobei er irrtümlich einen Streitwert in Höhe von 5.000,00 Euro zugrunde legte.
Dagegen legten die Beschwerdeführer am 25.03.2011 Erinnerung ein. Zur Begründung führten sie aus, das Verfahren vor dem Sozialgericht sei für sie kostenfrei. Zwar gehörten sie nicht zu dem in § 197a Abs. 1 S. 1 i.Vm. § 183 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ausdrücklich genannten Personenkreis, der von der Kostenpflicht befreit sei. Da das Verfahren für die Beklagte als Träger der Sozialhilfe nach § 64 Abs. 3 S. 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) kostenfrei sei, stünden sie den nach § 183 SGG privilegierten Personen jedoch gleich; denn aus § 197a Abs. 3 SGG ergebe sich im Wege eines Umkehrschlusses, dass Streitigkeiten, in denen Träger der Sozialhilfe als Kläger oder Beklagte beteiligt seien und die nicht Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Sozialleistungsträgern zum Inhalt hätten, gerichtskostenfrei seien. Das gelte umso mehr, als in Verfahren in Angelegenheiten der Sozialhilfe, für die bis zum 31.12.2004 die Verwaltungsgerichte zuständig gewesen seien, gemäß § 188 S. 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) Gerichtskosten nicht erhoben worden seien.
Durch Beschluss vom 07.06.2011 hat das Sozialgericht die Erinnerung der Beschwerdeführer zurückgewiesen. Zugleich hat es die Kostenrechnung auf entsprechenden Antrag des Beschwerdegegners geändert und den Zahlbetrag - ausgehend von einem Streitwert in Höhe von 8.949,24 Euro - auf 543,00 Euro festgesetzt. Eine entsprechende Kostenrechnung erging unter dem 07.06.2011 an die Beschwerdeführer.
Gegen den ihnen am 09.06.2011 zugestellten Beschluss haben die Beschwerdeführer am 22.06.2011 Beschwerde erhoben. Sie vertreten ergänzend die Auffassung, dass § 64 Abs. 3 S. 2 SGB X, der - abweichend von § 188 S. 2 VwGO - Gerichtskostenfreiheit für die Träger der Sozialhilfe, nicht jedoch für die beteiligten Kläger und Beklagten vorsehe, im Zweifel auf einer planwidrigen Regelungslücke beruhen dürfte. Im Übrigen habe das Sozialgericht ihren Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt, indem es die Kostenrechnung im Erinnerungsverfahren auf Antrag des Erinnerungsgegners erhöht habe, ohne sie zuvor anzuhören.
Die Beschwerdeführer beantragen,
den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 07.06.2011 sowie die Kostenrechnungen des Urkundsbeamten vom 23.02.2011 und 07.06.2011 aufzuheben,
hilfsweise festzustellen, dass das Verfahren S 8 SO 264/10 vor dem Sozialgericht Münster für die Beschwerdeführer gerichtskostenfrei ist.
Der Beschwerdegegner beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er schließt sich den Gründen des angefochtenen Beschlusses an.
Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 22.09.2010).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen. Dieser ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
II.
Der Senat ist für die Entscheidung über die Beschwerde zuständig. § 66 Abs. 6 S. 1 GKG (Gerichtskostengesetz), der vorsieht, dass das Gericht über die Beschwerde nur durch eines seiner Mitglieder entsch...