Entscheidungsstichwort (Thema)
Enge Voraussetzungen einer Klagerücknahmefiktion nach ergebnisloser Betreibensaufforderung des Gerichts
Orientierungssatz
1. Die Klage gilt nach § 102 Abs. 2 S. 1 SGG als zurückgenommen, wenn der Kläger das Verfahren trotz Aufforderung des Gerichts länger als drei Monate nicht betreibt. Bei dieser Frist handelt es sich um eine Ausschlussfrist; infolgedessen ist eine Wiedereinsetzung nach § 67 SGG grundsätzlich nicht möglich.
2. Die Versäumung einer solchen Ausschlussfrist ist aber unbeachtlich, wenn ein Fall höherer Gewalt vorliegt (Anschluss BVerwG Beschluss vom 06. Juli 2007, 8 B 51/07). Ein solches Ereignis ist nur dann gegeben, wenn es auch durch die größte nach den Umständen des konkreten Falles zu erwartende und zumutbare Sorgfalt nicht abgewendet werden konnte.
3. Die Rücknahmefiktion des § 102 Abs. 2 SGG führt zur Beendigung des Rechtsschutzverfahrens. Zum Zeitpunkt einer Betreibensaufforderung müssen sachlich begründete Anhaltspunkte vorliegen, die den späteren Eintritt der Fiktion als gerechtfertigt erscheinen lassen. Eine fehlende Klagebegründung allein genügt wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes nach § 103 SGG hierzu nicht.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 25.09.2015 wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 67 Abs. 1 SGG.
Der Kläger wohnt in einer Wohnung seiner Mutter. Seit 2011 bezieht er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Form der Regelleistung. Kosten für Unterkunft und Heizung übernimmt der Beklagte nicht.
Laut einem Telefonvermerk vom 09.07.2014 gab der Kläger gegenüber einem Mitarbeiter des Beklagten an, dass Eigentümerin der Wohnung seine Mutter sei. Seine Mutter habe diese Wohnung als Kapitalanlage gekauft. Er habe keinen persönlichen Kontakt mehr zu seiner Mutter, das Verhältnis sei absolut zerrüttet. Sie mahne ihm gegenüber auch ständig (immer kurz vor Weihnachten) schriftlich die Miete an und fordere die Räumung der Wohnung. Laut Telefonvermerk wurde der Kläger gebeten, ein solches Schreiben vorzulegen. Im Schreiben vom 13.07.2014 gab der Kläger an, dass er seit 2005 in der Wohnung I-straße 00, N wohne. Eigentümerin dieser Wohnung sei seine Mutter. Diese verlange rechtmäßig Miete in Höhe von 370,- Euro pro Monat. Er habe dies gegenüber dem Beklagten durch einen gültigen Mietvertrag und durch ein Schreiben seitens seiner Mutter nachgewiesen. Seine Mutter sei auf die Zahlung der Miete angewiesen, da sie die Wohnung kreditfinanziert gekauft habe und mit der Miete die Raten bei der C habe abzahlen wollen. Außerdem habe sie durch die Nichtzahlung der Miete massive steuerrechtliche Nachteile, die den Erwerb dieser Wohnung zu einem Geldgrab und einem wirtschaftlichen Totalschaden werden ließen. Er wohne in dieser Wohnung nur noch, weil er geduldet werde. Seiner Mutter sei bekannt, dass er die größten Schwierigkeiten hätte, eine neue Wohnung zu bekommen. Er sei von Obdachlosigkeit bedroht. Seine Mutter bestehe auf die Zahlung der Miete. Falls er jemals Arbeit wieder finden würde, müsste er ihr den Fehlbetrag erstatten. Er setze dem Beklagten eine Frist von 14 Tagen, über die Nachzahlung und Fortzahlung von Kosten für Unterkunft und Heizung zu entscheiden. Mit Schreiben vom 11.08.2014 forderte der Beklagte den Kläger u.a. auf, seinen Vortrag, dass seine Mutter ihn auf Zahlung dränge, durch Vorlage von Unterlagen, z.B. durch Mahnungen, Nebenkosten- Heizkostenabrechnung, nachzuweisen. Mit Schreiben vom 20.08.2014 teilte der Kläger, vertreten durch die Rechtsanwälte C & L mit, sei es unverständlich, dass ein Nachweis verlangt werde, dass seine Mutter auf Zahlung der Miete dränge. Es bestehe ein Mietverhältnis. Der Kauf der Eigentumswohnung sei erfolgt, um im Alter abgesichert zu sein. Die Mieteinnahmen seien für die Finanzierung des Objekts eingeplant gewesen. Auf Grund der Tatsache, dass bereits längere Zeit die Unterkunftskosten nicht getragen wurden, habe sich in nachvollziehbarer Weise das Verhältnis zwischen ihm und den Eltern merklich abgekühlt. Insofern sei ihm bereits vor geraumer Zeit zu verstehen gegeben worden, dass man letztendlich auch vor einer Räumungsklage nicht zurückschrecken werde. Mit Bescheid vom 25.08.2014 lehnte der Beklagte die Überprüfung des Bewilligungsbescheides vom 28.01.2014 ab. Seine Überprüfung habe ergeben, dass der Bewilligungsbescheid nicht zu beanstanden sei. Der Kläger habe in einem Telefonat angegeben, dass er von seiner Mutter fortwährend wegen rückständiger Mietforderungen schriftlich angemahnt werde und mit der jederzeitigen Räumung zu rechnen sei. Aufforderungen diese Schreiben vorzulegen, sei der Kläger nicht nachgekommen. Insoweit sei es anzunehmen, dass es sich bei dem vorgelegten Mietvertrag offenbar um eine nicht ernstgemeinte Zahlungsverpflichtung handele, welche auch nicht beigetrieben werden solle.
Hiergegen legte der Kläger, vertreten durch die Rechtsanwälte C & L Widerspruch e...