Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung. Hyperlipidämie, Hypertonie und Hyperurikämie. Empfehlung des Deutschen Vereins. antizipiertes Sachverständigengutachten 2008. Ermittlungen im Einzelfall
Orientierungssatz
1. Für die seit 2008 geltenden Mehrbedarfsempfehlungen gilt im Gegensatz zu den früheren Fassungen die Annahme eines antizipierten Sachverständigengutachtens. Damit gelten sie als Orientierungshilfe zur Entscheidung darüber, wann ein krankheitsbedingter Mehraufwand für die Ernährung iS von § 21 Abs 5 SGB 2 zu bejahen ist.
2. Weil die aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse in der derzeitigen Fassung berücksichtigt sind, sind weitere Ermittlungen im Einzelfall nur dann erforderlich, sofern Besonderheiten, insbesondere von den Mehrbedarfsempfehlungen abweichende Bedarfe geltend gemacht werden.
3. Hyperlipidämie, Hyperurikämie und Hypertonie erfordern lediglich eine Vollkost, deren Beschaffung keine erhöhten Kosten verursacht. Das gilt auch bei einer Kumulierung dieser Erkrankungen.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 11.03.2008 - S 17 AS 175/06 - wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage als unzulässig abgewiesen wird, soweit der Kläger die Verurteilung der Beklagten zur Gewährung höherer Regelleistungen für die Zeit vom 01.05. - 30.11.2005 und 01.06. - 31.12.2006 begehrt. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 11.03.2008 - S 17 AS 168/07 - wird zurückgewiesen. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
Die Beteiligten streiten um die Bewilligung höherer Regelleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) infolge des vom Kläger geltend gemachten ernährungsbedingten Mehrbedarfs.
Die Beklagte gewährt dem Kläger seit dem 01.01.2005 Grundsicherungsleistungen für Erwerbsfähige nach dem SGB II, die sie seit dem 01.05.2005 auf die Regelleistungen beschränkt. Die Übernahme von Kosten der Unterkunft lehnte sie mit Bescheid vom 20.04.2005 ab. Am 23.12.2005 beantragte der Kläger, der nach einer Bescheinigung seines behandelnden Arztes an Hyperlipidämie, Hyperuricämie/Gicht sowie Hypertonie (kardialen/renalen Ödemen) leidet, weswegen er auf lipidsenkende purinreduzierte und natriumdefinierte Kost angewiesen sei, die Anerkennung eines krankheitsbedingten Mehraufwandes. Die Beklagte lehnte den Antrag, gestützt auf eine Stellungnahme des Arztes Sch., ab (Bescheid vom 28.02.2006, Widerspruchsbescheid vom 19.05.2006).
Am 30. und 31.05.2006 beantragte der Kläger erneut die Berücksichtigung eines entsprechenden Mehrbedarfs ab dem 01.06.2006 und legte diesbezüglich am 02.06.2006 Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid der Beklagten vom 22.05.2006 ein, mit dem die Beklagte die bewilligten Leistungen für die Zeit von Dezember 2005 bis Juni 2006 auf den vollen Regelsatz von 345,- EUR erhöht hatte.
Mit Bescheid vom 07.06.2006 lehnte die Beklagte die Anträge vom 30./31.05.2006 ebenfalls ab und bewilligte für den Zeitraum Juli bis Dezember 2006 wiederum lediglich den Regelsatz (Bescheid vom 21.06.2006).
Die Widersprüche des Klägers gegen die Bescheide vom 22.05.2006 und 07.06.2006 sowie gegen den Bescheid vom 20.04.2005 blieben erfolglos (Widerspruchsbescheide vom 31.10.2006, 06.11.2006 und 05.02.2007).
Der Kläger hat am 21.06.2006 Klage gegen den Bescheid vom 08.02.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2006 unter Beifügung des Leistungsbescheides vom 22.05.2006 vor dem Sozialgericht (SG) erhoben und sich auf die Empfehlungen des Deutschen Vereins zur Gewährung von Krankenkostzulagen in der Sozialhilfe, Stand 1997, berufen.
Die Beklagte lehnte des Weiteren den erneuten Antrag des Klägers auf Berücksichtigung eines krankheitsbedingten Ernährungsaufwandes vom 28.12.2006 ab (Bescheid vom 03.01.2007, Widerspruchsbescheid vom 16.04.2007).
Hiergegen hat der Kläger am 26.04.2007 vor dem SG Duisburg Klage erhoben.
Der Kläger hat in den beiden Verfahren, die das SG ohne Verbindung gemeinsam verhandelt hat, beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 08.02.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.05.2006, des Bescheides vom 20.04.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.2007, des Bescheides vom 03.01.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.04.2007 zu verpflichten, ihm Mehrbedarfszuschläge wegen krankheitsbedingter Mehraufwendungen infolge von Hypertonie, Hyperlipidämie und Hyperuricämie für die Zeit ab dem 01.05.2005 zu bewilligen.
Mit Urteilen vom 11.03.2008 hat das SG die Klagen abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Mit seinen hiergegen am 26.06. und 30.06.2008 eingelegten Berufungen, die der Senat zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden hat, macht der Kläger weiterhin geltend, die bei ihm bestehenden Erkrankungen begründeten einen Mehrbedarf für kostenaufwändige Ernährung. Hierzu be...