Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung der Zahlung aus einer privaten Unfallversicherung als Einkommen auf Leistungen der Grundsicherung
Orientierungssatz
1. Bei der Zahlung einer Invaliditätsleistung wegen der Folgen eines Unfalls aus einer eigenen privaten Unfallversicherung handelt es sich nicht um privilegiertes Einkommen i. S. von § 11 Abs. 3 S. 1 SGB 2. Sie dient wie die Leistungen des SGB 2 der Existenzsicherung und unterliegt keiner darüber hinausgehenden Zweckbindung. Weil sie den Ausfall von Erwerbsfähigkeit wegen Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit infolge des versicherten Risikos ausgleichen soll, greift die Vorschrift des § 11 Abs. 3 S. 1 Nr. 3 SGB 2 zugunsten des Leistungsempfängers nicht.
2. Einmalige Einnahmen sind von dem Monat an zu berücksichtigen, in dem sie zufließen. Dabei ist grundsätzlich ein Verteilzeitraum von 6 Monaten festzulegen.
3. Die Unterhaltssicherung durch eigene Mittel geht der Schuldentilgung vor. Infolgedessen sind zum Zeitpunkt der Auszahlung des Einkommens offene Schulden nicht vom Einkommen absetzbar. Unerheblich ist, welche Ursachen für die Entstehung der Schulden vor Bezug von Leistungen des SGB 2 maßgeblich gewesen sind.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.11.2010 aufgehoben. Der Antrag der Antragstellerin wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten der Antragstellerin werden nicht erstattet.
Gründe
Durch Bescheid vom 01.07.2010 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin u. a. vorläufig Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Höhe von 702,53 EUR mtl. nach § 40 Abs.1 Satz 2 Nr. 1a SGB II i.V.m. § 328 Abs 1. Satz 1 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) für die Zeit vom 01.06. bis 31.08.2010. Am 09.07.2010 wurde auf dem Konto der Antragstellerin bei der D-Bank ein Betrag von 3.185,00 EUR gutgeschrieben. Die Gutschrift erfolgte wegen einer Invaliditätsleistung aus einer privaten Gruppenunfallversicherung der Antragstellerin wegen eines Schadenseintritts am 00.06.2008. Das Konto der Antragstellerin wies zum Zeitpunkt der Gutschrift ein Debetsaldo (Saldo vom 30.06.2010 3067,38 EUR Soll/ vom 23.07.2010 713,16 EUR Soll) auf. Als Dispositionskredit war zwischen der Antragstellerin und der D-Bank ein Betrag von 4.000,00 EUR vereinbart. Mit Bescheid vom 23.08.2010 mit der Überschrift "Änderung zum Bescheid vom 01.07.2010 über Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts" bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin für die Zeit vom 01.08. bis 30.08.2010 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 201,70 EUR unter Berufung auf § 40 Abs. 1 S. 2 Nr. 1a SGB II iVm § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III. Sie führte aus, dass der Zufluss aus der Lebensversicherung der Antragstellerin von 3.185,00 EUR für sechs Monate in Höhe von 530,83 EUR mtl. auf die Leistungen nach dem SGB II angerechnet werde. Das monatliche sonstige Einkommen von 530,83 EUR werde monatlich mit einer Pauschale von 30,00 EUR bereinigt. Dies ergebe ein monatliches sonstiges Einkommen in Höhe von 500,83 EUR. Die Leistungen aus einer privaten Unfallversicherung wegen Invalidität stelle kein geschütztes Einkommen nach § 11 Abs. 2 Nr. 1a oder Nr. 2 SGB II dar.
Mit weiterem Bescheid vom 23.08.2010 bewilligte die Antragsgegnerin der Antragstellerin für die Zeit vom 01.09.2010 bis 31.01.2011 vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 201,70 EUR mtl. nach § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II iVm § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB III. Sie rechnete auf den Gesamtbedarf der Antragstellerin von 702,53 EUR (359,00 EUR Regelleistung + 343,53 EUR Kosten der Unterkunft und Heizung) ein sonstiges Einkommen in Höhe von 500,83 EUR an.
Gegen die Bescheide vom 23.08.2010 legte die Antragstellerin Widerspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, sich bei den Leistungen aus der privaten Unfallversicherung um ein privilegiertes Einkommen im Sinne von § 11 Abs. 3 SGB II handele. Durch Widerspruchsbescheid vom 30.09.2010 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch gegen die Bescheide vom 23.08.2010 zurück. Die Bevollmächtigte der Antragstellerin beantragte mit Schreiben vom 29.09.2010, der Antragstellerin die durch Bescheid vom 01.07.2010 bewilligten Leistungen als Darlehen weiter zu gewähren.
Durch Bescheid vom 15.09.2010, dessen Bekanntgabe die Antragstellerin bestreitet, forderte die Antragsgegnerin von Antragstellerin eine Betrag von 500,83 EUR nach § 328 Abs. 3 SGB III zurück.
Gegen den Widerspruchsbescheid vom 30.09.2010 hat die Antragstellerin am 11.10.2010 Klage erhoben und die Gewährung von einstweiligen Rechtsschutz nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begehrt.
Sie hat vorgetragen, dass der Betrag von 3.185,00 EUR auf ihr Girokonto verbucht, dadurch jedoch ihre wirtschaftliche Situation nicht verbessert worden sei. Sie müsse ab September 2010 ihren Lebensunterhalt in Anbetracht der angefochtenen Entscheidungen von einem Betrag von 201,70 EUR mtl. bestreiten. Zusätzlich habe das Forderungsmanagement der Bundesagentur für Arbeit ei...