Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss des Entstehens einer Terminsgebühr bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs
Orientierungssatz
1. Gegen eine Erinnerungsentscheidung nach § 56 Abs. 1 RVG ist das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Auf die unterschiedliche Beschwerdefrist des RVG im Vergleich zum SGG ist der Prozessbevollmächtigte in der Rechtsmittelbelehrung hinzuweisen. Für die Einlegung der Beschwerde gilt gemäß §§ 56 Abs. 2, 33 Abs. 3 S. 3 RVG eine Zwei-Wochen-Frist.
2. Der Abschluss eines gerichtlichen Vergleichs außerhalb eines Gerichtstermins, auf Vorschlag des Gerichts, reicht für den Anfall einer Terminsgebühr nicht aus. Die Spezialvorschrift der Nr. 3106 VV RVG sieht anders als Nr. 3104 VV RVG eine Terminsgebühr in Fällen, in denen ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird, nicht vor. Damit hat der Gesetzgeber mit der Nr. 3106 VV RVG erkennbar keine Regelung für den Abschluss eines schriftlichen Vergleichs getroffen.
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 11.05.2011 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Höhe der dem Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung.
Der Beschwerdeführer hat für die Klägerin im September 2009 im Verfahren S 43 SB 339/09 Klage erhoben und am 27.01.2010 die Gewährung von Prozesskostenhilfe unter seiner Beiordnung beantragt.
Mit Schreiben vom 10.03.2010 hat das Sozialgericht den Beteiligten eine vergleichsweise Regelung vorgeschlagen, die eine volle Kostenübernahme der Beklagten gegen eine Klagerücknahme der Klägerin vorsah. Die Beteiligten einigten sich auf eine geänderte Kostentragung und haben den geänderten Vergleichsvorschlag schriftlich gegenüber dem Gericht angenommen.
Mit Beschluss vom 29.04.2010 hat das Sozialgericht der Klägerin für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe ab dem 27.01.2010 bewilligt und ihr den Beschwerdeführer beigeordnet.
Am 10.06.2010 hat der Beschwerdeführer für die Klägerin die Klage zurückgenommen.
Am 01.04.2011 hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle die an den Beschwerdeführer aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren auf 452,20 EUR festgesetzt. Die vom Beschwerdeführer darüber hinaus in Ansatz gebrachte Terminsgebühr von 200 EUR plus Mehrwertsteuer sei nicht entstanden, weil das Verfahren durch Vergleich und nicht durch ein angenommenes Anerkenntnis geendet habe.
Mit seiner am 28.04.2011 erhobenen Erinnerung hat der Beschwerdeführer sich gegen die Absetzung der Terminsgebühr gewandt. Zwar habe es der Gesetzgeber versäumt, in Nr. 3106 der Anlage 1 zu § 2 Abs. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) auf Nr. 3104 VV RVG zu verweisen. Es sei jedoch nicht einzusehen, dass bei sozialrechtlichen Verfahren, in denen wertbezogen abgerechnet werde, eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV RVG anfalle, jedoch nicht bei gleichem Verfahrensablauf in Betragsrahmenverfahren. Der mit Nr. 3104 VV RVG verfolgten Zweck, die Verfahrensökonomie zu fördern, werde bei einer Beendigung durch Vergleichsschluss in gleicher Weise wie bei der Annahme eines Anerkenntnisses erreicht.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 11.05.2011 hat das Sozialgericht die Erinnerung zurückgewiesen. Die Voraussetzungen der Nr. 3106 VV RVG lägen nicht vor, weil ein Anerkenntnis nicht angenommen worden sei. Der Abschluss eines Vergleiches reiche für den Anfall der Terminsgebühr nicht aus (unter Berufung auf LSG NRW, Beschluss vom 15. 05. 2006 - L 10 B 13/05 SB). Die Spezialvorschrift des Nr. 3106 VV RVG sehe anders als Nr. 3104 VV RVG eine Terminsgebühr in Fällen, in denen ein schriftlicher Vergleich geschlossen werde, nicht vor. Daraus könne aber nicht auf eine Gesetzeslücke geschlossen werden. Der Gesetzgeber habe vielmehr für Verfahren mit Betragsrahmengebühren ausdrücklich in Nr. 3104 VV RVG auf die Spezialvorschrift des Nr. 3106 VV RVG verwiesen und dabei gerade keine Regelung für den Abschluss schriftlicher Vergleiche getroffen. Diese Auslegung sei auch verfassungsrechtlich unbedenklich (unter Hinweis auf Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19.12.2006 - 1 BVR 2091/06, Juris Rn. 9).
Mit seiner gegen die am 17.05.2011 zugestellte Entscheidung am 26.05.2011 erhobenen Beschwerde hat der Beschwerdeführer seine Ansicht wiederholt, es liege eine gesetzeswidrige Lücke vor, die durch eine Analogie zu füllen sei. Die das Gericht entlastende Wirkung sei im Fall eines schriftlichen Vergleichsschlusses dieselbe wie bei der Annahme eines schriftlichen Anerkenntnisses. Seine Rechtsansicht werde zudem von der Rechtsprechung des 19. Senats des LSG NRW gestützt.
Der Bezirksrevisor tritt der Beschwerde entgegen und beruft sich auf die Gründe des angefochtenen Beschlusses sowie auf die Rechtsprechung der Landessozialgerichte zur analogen Anwendung von Nr. 3104 VV RVG.
II.
Die Beschwerde ist zulässig.
Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung (vgl. 31.03.2010 - L 13 B 7/09 R und 25.10.2010 - L 13 (10) B 9/09 SB) mit der überwiegenden Mehrheit der Senate des LSG NRW (B. v. 1...