Entscheidungsstichwort (Thema)

Abgrenzung des Bedarfs eines Grundsicherungsberechtigten von demjenigen eines Auszubildenden. Wohnungserstausstattung. Leistungsausschluss für Auszubildende. Ausbildungsgeprägter Bedarf

 

Orientierungssatz

1. Ein Auszubildender unterfällt nach § 7 Abs. 5 SGB 2 dem Ausschluss von Leistungen der Grundsicherung. Die diesem zu gewährenden Grundsicherungsleistungen beschränken sich auf die in § 27 SGB 2 benannten Leistungen. Die Leistungen für Auszubildende gelten gemäß § 27 Abs. 1 S. 2 SGB 2 nicht als Arbeitslosengeld 2. Ein Verweis auf die abweichende Erbringung von Leistungen ist in dieser Vorschrift nicht enthalten.

2. Der Leistungsausschluss für Auszubildende gilt insbesondere für den Lebensunterhalt und die Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Damit ist für den Auszubildenden ein Anspruch auf Erstausstattung für die Wohnung nicht erfasst. Bei diesem wird ein solcher Bedarf als ausbildungsgeprägter Bedarf eingestuft.

 

Normenkette

SGB II § 24 Abs. 3 S. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 5, § 27 Abs. 2; SGB X § 44 Abs. 1 S. 1

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 17.06.2015 wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten im Überprüfungsverfahren um einen Anspruch der Klägerin auf Leistungen zur Wohnungserstausstattung.

Die am 00.00.1990 geborene Klägerin besuchte von 2009 bis 2011 die Fachschule für Sozialpädagogik und absolvierte von 01.08.2012 bis zum 31.07.2014 das Anerkennungsjahr im Rahmen ihrer Ausbildung zur Erzieherin, welches sich wegen der halbschichtigen Ableistung auf 24 Monate erstreckte. Sie erhielt eine Ausbildungsvergütung von ca. 530,00 EUR netto sowie Kindergeld von 184,00 EUR; wegen der Höhe der Ausbildungsvergütung jedoch kein BAföG. Seit August 2014 ist die Klägerin staatlich anerkannte Erzieherin.

Die Klägerin beantragte am 16.05.2013 bei dem Beklagten Grundsicherung sowie Leistungen für eine Wohnungserstausstattung als Zuschuss. Dabei gab sie an, diverse Einrichtungsgegenstände und Haushaltsgeräte für die von ihr zum Juni 2013 angemietete eigene Wohnung in H zu benötigen, nachdem sie sich von ihrem Freund, in dessen Wohnung sie zuvor gewohnt und dessen ausschließlich in seinem Eigentum stehende Einrichtung sie mitbenutzt hatte, getrennt habe.

Mit Bescheid vom 19.09.2013 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Die Klägerin sei als Auszubildende vom Leistungsbezug nach § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen. Ein Anspruch folge nicht aus § 27 SGB II. Die Erstausstattung der Wohnung werde davon nicht umfasst. Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Mit Schreiben vom 12.05.2014 beantragte die Klägerin die Überprüfung des Bescheides vom 19.09.2013. Der Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 03.06.2014 ab. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X lägen nicht vor. Der Leistungskatalog für Auszubildende sei abschließend und die begehrte Wohnungserstausstattung werde nicht umfasst.

Im Widerspruchsverfahren bemängelte die Klägerin, § 27 SGB II sei ein Ausschluss und eine Beschränkung nicht zu entnehmen. Der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 25.06.2014). Über den der Klägerin nach § 27 Abs. 3 SGB II gewährten Zuschuss zu den angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (Bescheid vom 22.04.2014) hinaus bestehe kein Anspruch, insbesondere nicht auf Gewährung der Wohnungserstausstattung. Der Gesetzgeber habe von § 24 Abs. 3 SGB II ausschließlich die Leistungen für Erstausstattung für Bekleidung und Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt für Auszubildende als mögliche Sonderbedarfe genannt. Ein Spielraum bestehe insoweit nicht. Auch eine darlehensweise Gewährung der Erstausstattung komme nicht in Betracht, da kein besonderer Härtefall vorliege.

Am 18.07.2014 hat die Klägerin Klage erhoben. Die Ablehnung des Mehrbedarfs für die Erstausstattung ihrer Wohnung unter Verweis auf ihr Ausbildungsverhältnis sei nicht gesetzeskonform, da die Kosten für die Erstausstattung der Wohnung zu den Unterkunftskosten zählten.

Die Klägerin hat beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheids vom 03.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.06.2014 zu verpflichten, den Bescheid vom 19.09.2014 abzuändern und ihr Leistungen für die begehrte Erstausstattung nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat auf den Widerspruchsbescheid Bezug genommen.

Mit Urteil vom 17.06.2015 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen des § 44 SGB X lägen nicht vor. Die Klägerin habe als Auszubildende keinen Anspruch auf Gewährung eines Zuschusses zu einer Erstausstattung für die Wohnung nach § 24 Abs. 3 Nr. 1 SGB II. Von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II sei sie nach § 7 Abs. 5 SGB II ausgeschlossen. Als Anspruchsgrundlage komme für die Klägerin nur § 27 SGB II in Betracht. § 27 Abs. 2 SGB II zähle abschließend einzelne Mehr- bzw. Sonderbedarfe auf, d...

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